Das Theaterstück von Sepp Rittler wurde in Krems uraufgeführt. Dazu eine Kritik von Hermine M. Kolleder, angeblich in der Landzeitung:
Im Jungfernstüberl“. Lustspiel in 3 Akten von Sepp Rittler, Samstag den 23. und Sonntag den 24. d. im Saale des Gasthauses Seltner, Krems, aufgeführt vom Bauerntheater „D‘ Kremstaler Schuhplattler“….. Die Kremstaler spielten nun eine wirklich lustige Dorfkomödie des heimischen Dichters Sepp Rittler: „ Das Jungfernstüberl“. Das Motiv ist unkompliziert, geht gerade auf das Ziel los und Rittler versteht es, aus dieser Methode die wirkungsvollsten Effekte herauszuholen. Sein etwas derber Humor ist volkstümlich und echt. Es fiel manch kräftiges Sprüchlein, das den Jubel der Zuschauer erregte, denn Rittler sieht seine Figuren gut und hat sie theaterwirksam gebildet. Diese Fertigten, die seine Komödie und vor allem seine Figuren zeigen, hat er offenbar dadurch erlangt, daß er selbst Schauspieler gewesen ist, daher über eine gewisse Bühnenkenntnis verfügt. Es sind seither einige Jahre vergangen, damals zählte Rittler zu den gern gesehenen Mitgliedern des Wachauer Bauerntheaters, das seinen Sitz in Kirchberg am Wagram hatte, u. auch einstens in Stein gastierte. Als erfolgreicher Dichter ist er den Kremsern gewiss noch von der Aufführung „S Ghoamis“ in bester Erinnerung, das von einem Wiener Ensemble in unserem Stadttheater vor einigen Jahren zur Aufführung gebracht wurde. Auch die Kremstaler boten in Sepp Rittlers Stück „Jungfernstüberl“ einwandfreie Leistungen, deren Eindringlichkeit sich dadurch verstärkte, daß man aus allen Einzelheiten die Naturnähe der gestaltenden Figuren herausfühlte. Die Idee des Stückes erweist sich immer wieder aus zugkräftig. Es handelt sich um eine resche Bauerswitwe, die drei heiratsfähige Töchter hat, sich aber selbst noch durchaus nicht zu alt fühlt, um allen Freuden der Welt zu entsagen. Die drei Töchter wären jede bereits mit einem Bräutigam versorgt. Die Mutter hat aber gegen diese drei Bewerber sehr viel einzuwenden. Da schmiedet die jüngste und keckste Tochter ein Komplott mit ihren Schwestern und mit den drei Liebhabern, gegen die Mutter. Heiratslüstern, wie die Frau aber ist, verliebt sie sich nun in den Förster selbst und da sind die Situationen sehr drollig und mannigfach, eine heitere dramatische Verwicklung jagt die andre. Bis zur letzten Szene läßt die Spannung nicht nach. Und bis zum Schluß die Bäuerin den Förster und die Leni, Pepi und Käthi ihren Franz, Fritzl und Fredl kriegen, da sieht der Zuschauer, durch die Gewalt der deutlich demonstrierten Tatsachen überzeugt ein, daß diese Lösung für alle Beteiligten die beste war. Leo Krottenthaler hat mit der stimmungsvollen Inszenierung eine prächtige Arbeit geleistet. Ausgezeichnet waren die Szenen gestellt, plastisch-drollig die schwersten Verwicklungen….
Außer einem total ausverkauften Haus, gab es an beiden Abenden lebhaften Beifall, zahlreiche Bravorufe, für den Dichter Sepp Rittler einen Lorbeerkranz, der ihm mit schwungvollen Worten überreicht wurde. In den Pausen tanzten und musizierten die „Kremstaler Schuhplattler“ in gewohnt vollendeter Weise.
(Der Zeitungsartikel ist ausgeschnitten vorhanden, konnte aber keiner Zeitung zugeordnet werden. Auch das genaue Jahr konnte noch nicht eruiert werden.)
In Kirchberg wurde das Stück erst 1933 aufgeführt. Dazu Otto Fandl:
1933 wurde in guter Besetzung das „Jungfernstüberl“ im Kirchberger Kinosaal aufgeführt. Sepp Rittler wurde damals in Krems mehr geschätzt als in Kirchberg. Die Akteure konnten teilweise ihre Rollen schlecht und hatten hinter der Bühne ein Faß Bier angeschlagen.
Die Aufführung des Stückes hatte noch ein gerichtliches Nachspiel: Der damalige Kaplan und spätere Dechant Mathias Hutter hatte von verschiedenen Leuten über das Stück erzählen hören und war zu dem Schluss gekommen, dass „unsaubere“ Stellen darin vorkamen. Er ließ einen Artikel in einer Krems Zeitung veröffentlichen, woraufhin ihn Rittler verklagte.
Aus der Pfarrchronik
Theater Skandalstück.
Im Monat Februar wurde ein Theaterstück aufgeführt, das allgemein Skandal erregte. Das Jungfernstüberl von Sepp Rittler, der früher beim berüchtigten „Abend in Wien“ Redakteur war, und politisch alle Farben wechselte. Das katholische Publikum war empört. Schade, daß die Katholiken so mutlos waren, schon im 1. Akte das Theater unter Pfuirufen zu verlassen. Er wollte eine Klage gegen hochw. Herrn Kooperator Mathias Hutter anstreben, was die Pfarrgeistlichkeit sich nicht gefallen läßt. Rittler hat die Klage gegen den Kooperator wirklich eingebracht, doch ist gar keine Ehrenbeleidigung zu ersehen.
Neue Freie Presse vom 31.5.1931
Aus dem Gerichtssaale.
Die Theaterkritik des Kooperators.
Der Autor des „Jungfernstüberls“ klagte wegen Ehrenbeleidigung.
Anläßlich des 25jährigen Berufsjubiläums des Volksschriftstellers Sepp Rittler wurde in Kirchberg am Wagram vom dortigen Theaterverein das Stück „Im Jungfernstüberl“ uraufgeführt. Die Komödie wurde von einigen Kremser Blättern sehr günstig kritisiert, doch am 27. Februar erschien in einer Kremser Zeitung ein weiterer Bericht, in welchem es hieß: Rittler sei der richtige „Volksschriftsteller“, er möge es nur unterlassen, das Volk mit derartigen unsauberen Sachen zu beglücken. Als Verfasser dieses Artikels wurde der Kooperator von Kirchberg am Wagram Matthias Hutter, ermittelt. Der Autor des Stückes brachte gegen ihn beim Bezirksgericht in Krems eine Klage wegen Ehrenbeleidigung, begangen durch die Presse, ein, über welche Oberlandesgerichtsrat Dr. Salcher zu verhandeln hatte.
Als der Vertreter des Autors den Beschuldigten fragte, ob er das Stück gesehen habe und aus eigener Überzeugung zu dem abfälligen Urteil gekommen sei, antwortete der Angeklagte: „Ich habe das Stück zwar nicht gesehen, aber mit vielen Personen darüber gesprochen.“ Schließlich stellte Kooperator Hutter den Antrag, es mögen vor Gericht zwei Gedichte von Sepp Rittler verlesen werden, da sich darin einige unsaubere Stellen finden.
Der Richter lehnte diesen Antrag ab, und beschloß, das Theaterstück „Im Jungfernstüberl“ durch einen Wiener literarischen Sachverständigen überprüfen zu lassen, damit festgestellt werde, ob sich darin tatsächlich unsaubere Stellen befinden.
Wie der Fall ausgegangen ist, ist nicht bekannt.
Unterlagen und Foto: Hermann Pistracher, Kirchberg am Wagram
März 2021, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp