Wir Administrator, Marktrichter und kontrolierendes Marcktgericht des Paul Czernitzischen Armenspitals zu Kirchberg am Wagram bekennen hiermit für uns und unsere Nachfolger, es habe der zu Wien verstorbene Medicine Doctor Franz Heiß in seinem Testamente dato 13. Dezember 1824 et publ. 24ten Dezember 1825 § 17, wörtlich folgendes verordnet:
Zu dem vom Fundator Paul Czernitz anno 1684 gestifteten Spital zu Kirchberg am Wagram am Fuße des Berges vermache ich 8000 fn, und von den abfallenden Interessen des sicher fruchtbringend angelegten Kapitels 4 Arme zu erhalten und wöchentlich zu betheilen. Die Armen sollen vorzüglich aus der Heißischen Freundschaft gewählt, in Abgang davon aus den dürflichsten Pfarrkindern, dann auch wahrhaft andere Arme. Das Recht vorzuschlagen, soll der hw. Pfarrer nebst dem Cooperator und der Marktrath zu Kirchberg gemeinschaftlich haben, und dieses solle der Herrschaft Oberstockstall aus Barmherzigkeit für die Armen vorgelegt werden, daß alles genau vollzogen werde. Die Armen sind schuldig für meine und meiner Verwandten Seelen wöchentlich einmahl laut in der Kirche einen Rosenkranz zu bethen und am Franz Seraphicustage, das ist am 14ten Ocktober, besonders eine hl. Messe mit Gebeth aufzuopfern.
Nachdem nun für obiges Stiftkapital pr. 8000 fn lt nebst den bereits entfallenen Interessen pr. 321fn 64 ¾ xr nachstehende in Conventionsmünze verzinsliche Statsschuldverschreibungen, also:
No 13852/1906 dd 1. Jänner 1826 à 5 % p.a. | 1000 fn |
No 13853/1907 detto | 1000 fn |
No 13854/1907 detto | 1000 fn |
No 5952/2886 detto | 500 fn |
No 13780/1140 dd 1. Juli 1826 à 1 % pr. | 100 fn |
No 2391/1141 dd. 1. Jänner 1826 à 1 % pr. | 100 fn |
No 2392/1141 detto | 100 fn |
No 1705/1160 dd. 1. Februar 1827 à 2 ½ % pr. | 100 fn |
Urkund dessen sind von diesem Stiftbrief 3 gleichlautende Exemplare errichtet, eines an die k:k:n.ö. Landesregierung, das 2te an den Magistrat der k:k: Haupt- und Residenzstadt Wien, als Abhandlungsinstanz des Stifters übergeben, das 3te in die Armenspitalslade zu Kirchberg am Wagram hinterlegt, und eine vidimirte Abschrift aber an die Herrschaft Oberstockstall mitgetheilt worden. Kirchberg am Wagram am 20ten August 1829.
Marktrichter alda
Anton Zwickl
Marktrichter
Ignaz Scheiger
Pfarrer und Stiftungsadministrator
In der Zeitung „Der Wanderer“ vom Mittwoch, den 16. Februar 1825, erfährt man Näheres über Franz Heiß:
Menschenfreundliches Testament eines Hausherrn in Wien.
In den letzten Tagen des vorigen Jahres starb Franz H… im 82. Lebensjahre am Schlagflusse. Er war der Sohn wohlhabender Ältern, aus Kirchberg am Wagram (im Kreise Untermanhartsberg) gebürtig. Fleiß und natürliche Anlagen förderten ihn in seinen Studien, und er erhielt den Doctorgrad der Heilkunde. Eine übertriebene Sparsamkeit zeichnete seine Handlungsweise schon in früher Jugend aus. Als Arzt begnügte er sich mit einem geringen Honorar, um nur von Vielen verdienen zu können! Und in seinen Rezepten zeigte er, außer seinen medizinischen Kenntnissen, noch eine außerordentliche Ökonomie, welche armen Patienten wohl zu Statten kam.
Da H… bey seiner äußerst frugalen Lebensweise wenig bedurfte, so sammelte er sich bald ein ansehnliches Capital und erkaufte damit ein großes Haus in der inneren Stadt Wien: Zu seinem Lobe muß jedoch gesagt werden, daß er als Hauseigenthümer nicht nur billig, sondern sogar großmüthig handelte. Dieser geldliebende Mann war nämlich durch keine Verheißungen zu bewegen, die Wohnpartheyen seines Hauses zu steigern, oder ihnen die Wohnung aufzukünden.
Als H… die Abnahme seiner Lebenskraft fühlte, und willens war, über sein Vermögen zu disponieren, begab er sich im December 1823 zu dem rühmlich bekannten, leider zeither verstorbenen k.k. Regierungsrathe Herrn Angermayer, und erklärte demselben, daß er für die dürftigen Armen in Wien sorgen wolle, und ihn deßhalb um Nahmhaftmachung derselben bitte. Der Herr Regierungsrath ergriff diese Gelegenheit, der schmachtenden Armuth nützlich zu werden, mit dem Eifer eines Biedermanns. Er legte dem H… die Ausführung seines edlen Entschlusses sehr warm ans Herz, und es gelang ihm, daß H… noch am letzten Tage des Jahres 1823 seine Anordnung nach dem Sinne des menschenfreundlichen Rathgebers traf, und sein Testament eigenhändig schrieb.
Zum Executor desselben schlug der Herr Regierungsrath einen Mann vor, der als bewährter Menschenfreund, als öffentlicher Geschäftsmann und Armenvater des Bezirkes St. Stephan bekannt ist.
Da der Erblasser unverheirathet war, und nur entfernte Verwandte besaß (welche jedoch auch bedacht wurden), so konnte er ungehindert mit seinem großen Vermögen zum Besten der Armen disponieren.
Er widmete verschiedenen frommen Stiftungen zahlreiche Legate, von denen wir nur einige der bedeutendsten hier anführen, und den besonderen Umstand bemerken wollen, daß er bey Nennung der Summen die Valuta (in Papier oder Metall-Gelde) zu bestimmen vermied.
Die Hälfte der Zinsen, welche vom Capitale des zum Verkaufe bestimmten Stadthauses entfallen, soll an Hausarme, die andere Hälfte an arme Verwandte des Erblassers und Studenten aus Österreich, vierteljährig vertheilt werden. Da dieses Haus auf einem günstigen Platz steht, und unter die großen Zinshäuser der innern Stadt Wien gehört, so fließt schon dadurch den Armen eine bedeutende Unterstützung zu.
Diese hier angeführten Legate, nebst mehreren andern und der obenerwähnten Überlassung der Zinsen von der Verkaufssumme des Stadthauses, bilden einen hohen Zahlen steigenden Betrag, welcher der Armuth und frommen Stiftungen zu gute kommt.
Durch solche Vermächtnisse hat jener Mann von seinem Vermögen, das er im Leben nicht zu gebrauchen wußte, nach seinem Tode den Segen der Armuth verdient. Möge es ihm nie an Nachahmern fehlen, welche, ohne sein Beyspiel im Leben nachzuahmen, mit ihm wetteifern an Edelmüthigkeit der letzten Entschlüsse.
Zu den Geburtsdaten des Franz Heiss ist zu sagen, dass im Jahr 1744 in Mallon ein Franciscus Heiss als Sohn von Franciscus Heÿß und Eva Rosina geboren wurde, ebenso wie ein Franciscus Xaverius als Sohn des Thomas Heÿß in Neustift, Mutter Anna Maria. In Fels wurde zur fraglichen Zeit kein Franz Heiss geboren.
Diözesanarchiv Wien, Pfarrarchiv Kirchberg am Wagram, Karton 16, Allgemeine Pfarrakten, Stiftungsakten 1
Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram
ANNO Historische Zeitungen und Zeitschriften - gefunden hat den Artikel im „Wanderer“ Frau Marianne Eckart.
Maria Knapp