Geburt
Taufe
Da die Kindersterblichkeit früher sehr hoch war, fand die Taufe bereits am ersten oder zweiten Tag nach der Geburt statt. Nachdem die Mutter noch im Wochenbett war, erledigten dies die Taufpatin mit dem Kind, die Hebamme und der Vater als Kutscher im zuständigen Pfarramt.
Auch noch, als die Mütter schon zur Entbindung ins Spital fuhren, wurden die Kinder oft in der Kapelle der jeweiligen Stadt getauft, was Pfarrer Grubmüller aus Altenwörth 1957 zu folgendem Eintrag in die Pfarrchronik veranlasste: Die Sylvesterandacht u. –predigt bot dem Pfarrer Gelegenheit, anläßlich der üblichen Statistik auf das neue Übel hinzuweisen, die neugeborenen Kinder außerhalb der Pfarre taufen zu lassen. Von 13 Kindern wurden nur 2 hier getauft!
Bis zum Jahr 1784 war für die heutigen Pfarren Kirchberg, Ottenthal, Altenwörth und Königsbrunn das Pfarramt in Kirchberg zuständig, ebenso für Neudegg.
Hier hatte man seine Daten anzugeben, was meist mündlich geschah. Es lag nun im Ermessen des Pfarrers, wie er die jeweiligen Namen schrieb. Manche Pfarrer meinten es zu gut und versetzten mundartliche gesprochene Namen ins Hochdeutsche - aber leider manchmal falsch. So wurde aus Blauensteiner – Blomstoana gesprochen – ein Plabbensteiner, aus Greaneis ein Grüneis, was aber Kreneis sein sollte.
Die Gevatterschaft ist fast immer vor der Geburt bereits geordert. Sobald das Kind geboren ist und von der Hebamme das erste Bad erhält, so dass der Vater auch weiß, ob er für den Knaben wesentlich den ‚Göd‘ (Pathen) oder die ‚Godl‘ (Pathin) bedarf, geht er ins ‚Gevatterbitten‘. Selten und nur auf weite Strecken geht ein Stellvertreter. Aus der Taufe heben“ ist ein besonders gottgefälliges Werk und wohlhabende Leute machen sich gern ein Verdienst daraus. Es heißt auch das ‚Gutwerk‘ oder ‚christliche Werk‘ und es ist eine Ehre, wenn man so viele Pathenkinder hat, das man von ihnen zu Grabe getragen werden kann.
(Topographie von NÖ., herausgegeben vom Verein für Landeskunde von NÖ, 1877)
Schuleintritt
Früher gab es in den meisten Orten eine eigene Schule. Am Vormittag hatten die Kinder Unterricht. Zum Mittagessen gingen sie nach Hause. Am Nachmittag fanden sie sich wieder ein. Die Kleinen durften spielen, die größeren mussten im Garten helfen – was man als Naturkundeunterricht oder Warenkunde bezeichnen könnte.
Der Lehrer war eine Autorität im Dorf. Oft hatte er auch weitere Ämter wie das des Organisten oder Gemeindeschreibers inne. Die Kinder brachten ihm von zu Hause Geschenke wie Wein, Fleisch u. ä. mit und pflückten Blumen für seine Frau, die oft auch die Handarbeitslehrerin war.
Zum Schulbeginn bekam ich ein neues Kleid. Es war Blaudruck mit kleinem Muster. Als Schulrequisit: Eine Schiefertafel mit Schwamm und Stofffleck. Eine kleine Holzschachtel mit Griffel. Darauf schrieb ich Schul- und Hausaufgaben. Die Schrift war ‚Kurrent‘ mit Haar- und Schattenstrich, da wir einklassig waren, und über 40 Kinder, füllten wir die Klasse.
Es war für den Lehrer nicht leicht, alle Kinder zur gleichen Zeit richtig zu beschäftigen. Beim Vortragen mussten wir die Hände auf die Bank geben, ein Staberl stand in einer Ecke. Wir zahlten in eine Schulkasse ein, wo wir jährlich einen Ausflug machten. Ein Erlebnis war es für uns Kinder, als uns der Lehrer erstmals den Radiohörer, einen ‚Detektor‘ aufsetzte und wir Radio hören konnten. Die Mädchen trugen Schürzen, im Sommer kamen so manche barfuß oder mit Holzschlapfen zur Schule. Ich habe ein Bild, wo mein um 1 ½ Jahre jüngerer Bruder Josef ein Kleidchen
(Anna Schabl, Königsbrunn)
Wenn die Kinder nicht am Feld mithelfen mussten, waren sie nach der Schule sich selbst überlassen.
Fotos: Herbert Grill, Winkl
Erstkommunion
Ab diesem Zeitpunkt dürfen die Kinder am Sakrament des Altares teilnehmen, was mit der Unterweisung der Kinder in der katholischen Lehre einherging. Aber für die Mädchen waren auch die Kleidung und der Haarschmuck an diesem hohen Tag ein wichtiger Aspekt. Um diesen Umstand abzuhelfen und die Konzentration wieder auf den religiösen Hintergrund zu lenken, wurde in vielen Pfarren das Tragen von Kutten für alle Kinder eingeführt, was im Großen und Ganzen sehr gut angenommen wurde.
Einige Fotos, die den Wandel der Kommunionsmode zeigen sollen:
Jungschar – Ministranten
Ist die Erstkommunion vorbei, kann man zur Jungschar gehen oder Ministrant werden.
Die Jungscharstunden werden von den Jungscharführerinnen gehalten, das sind engagierte Jugendliche, die mit den Kindern bis zur 4. Hauptschule einmal in der Woche zu vielerlei Aktivitäten zusammenkommen. Einmal im Jahr gibt es einen mehrtägigen Ausflug mit unterhaltsamem Programm.
Um bei der hl. Messe alle Handgriffe zu beherrschen, gibt es die Ministrantenstunde, die neben dem Lernen des Nötigen auch Spiel und Spaß bietet.
Nach der Pflichtschule trat man der Katholischen Jugend bei.
Firmung
Berufswahl
Bis nach dem 2. Weltkrieg endete die Pflichtschulzeit mit dem Tag des 14. Geburtstages, an dem man den Lehrer um das Entlassungszeugnis bat. Am Land blieben viele Jugendliche zu Hause, um in der Landwirtschaft mitzuhelfen, manche heirateten in eine andere Wirtschaft ein. Wer dieses Glück nicht hatte, lebte mit seiner Partnerin als Inwohner, Knecht oder Magd bei einem Bauern. Hatte der Vater ein Handwerk ausgeübt, ging dieses oft auf den Sohn über.
Musterung
Die Burschen kamen im Alter von etwa 20 Jahren zur Musterung, bei der sie sich fein herausputzten und – je nach Vermögen - mehr oder weniger aufwändige Sträußchen bekamen.
Jugendzeit - Tanz
Unterhaltungen in den Orten erkannte man, in dem vor dem jeweiligen Gastwirt ein Tanzbaum stand. Die Veranstalter wurden mit der Musikkapelle durch den Ort gespielt. Sie gingen geschlossen und beiderseits mit einer Weinflasche schwingend durch den Ort. In jedem Haus, wo sich ein Mädchen befand, wurde selbe abgeholt u. in ihren Reihen aufgenommen. Am Tanzboden selbst wurde nach jedem Tanz promenieren gegangen bis zum nächsten Tanz. Vor jedem Konzert spielte die Musikkapelle durch den Ort. Und so mancher Ortsbewohnter ließ sich ein Ständchen darbieten. Ich durfte nur im eignen Ort zu Veranstaltungen gehen. St. Kathrein stellt den Tanz ein hieß es immer.
Auch gingen Burschen zu ihrer Verehrten Fensterln. Waren es Burschen eines anderen Ortes, mussten sie den Dorfburschen einen Einstand beim Wirt bezahlen, damit sie nicht verjagt werden.
(Anna Schabl, Königsbrunn)
Waren Burschen und Mädchen heiratsfähig, sahen sie sich im Idealfall um einen Partner um. Meist passierte es aber – vor allem bei Landwirten - dass die Kinder aus wirtschaftlichen Gründen den Partner von den Eltern ausgesucht bekamen.
Hochzeit
….. Da vom ersten Besuch bis zur Heirat nur ½ Jahr dazwischen lag, so war es an der Zeit, Vorbereitungen zur Hochzeit zu treffen. Es war ja Nachkriegszeit, wo man nichts ohne Lebensmittelkarten bekam.
Der Ringkauf in Wien: Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Königsbrunn in mein zukünftiges Heim und übernachtete im heutigen Wohnzimmer. Am nächsten Tag fuhren wir mit einem geborgten Kleinwagen mit Plane nach Wien. Dort kauften wir unsere Eheringe gegen Umtausch von Goldmünzen. Wir übernachteten bei den Verwandten Eiböck. Ich ersuchte, alleine übernachten zu können. Tags darauf ging die gleiche Tour wieder heim.
Beim Kaufhaus Gutscher von Kirchberg ließ ich mir Seide zum Brautkleid besorgen. Frau Hofer, eine Wienerin, nähte mir zu Hause das Kleid. Wo ich die weißen Leinenschuhe her hatte, weiß ich nicht mehr. Rudolf, mein Bräutigam, hatte von seinem Bruder Johann den schwarzen Anzug, als Kopfbedeckung trug er einen Halbzylinder. Somit war die Kleidung einigermaßen geregelt. Wegen einem Hochzeitsauto musste Rudolf bei der Bezirkshauptmannschaft ansuchen und denen vormachen, dass die Braut schwanger sei, was in Wahrheit nicht zutraf.
Es gab ja alles nur auf Lebensmittelkarten und so musste man sich den Zucker im wahrsten Sinn des Wortes vom Mund absparen. Wir haben den Würfelzucker mit der Bröselmaschine gerieben, damit wir Staubzucker bekamen und so konnten wir 22 Torten machen. Etwas Kakao und Schokolade hatten wir vom Schweizer Roten Kreuz zum Verbessern der Torten und Bäckerei. Butterkrapfen verfertigten wir von der eigenen Butter. Fleisch besorgten wir uns selber, indem ich einem Kalb einen Knebel ins Maul steckte, damit es nicht schreien konnte, als ich die Kehle durchschnitt. Die Haut habe ich abgezogen und in den Laufgraben geworfen, der vom Krieg noch vorhanden war. So war auch für das leibliche Wohl gesorgt. Das Hochzeitsmahl fand bei uns in Neustift statt. Die Hochzeit war an einem Sonntag, 27. April 1947. Es war ein sonniger Frühlingstag. Herr Köhrer von Königsbrunn führte uns mit seinem Auto zum Standesamt nach Kirchberg. Schwager Josef Wunderer und Cousin Leopold Schachinger waren Trauzeugen.
Bei der kirchlichen Trauung nachmittags in der Neustifter Kirche waren drei Priester und viel Volk. Der katholische Mädchenbund, dem ich lange angehörte, sang im Chor.
Den darauffolgenden Donnerstag holte mich mein Gatte ab, und so fuhren wir mit den Pferden übers Feld nach Königsbrunn in meine neue Heimat….
Dokumente zur Eheschließung
Verziehen
Ein beliebter Brauch bei Hochzeiten war das Verziehen. Burschen verkleideten sich und trieben mit dem Brautpaar allerlei Späße. Die Brautpaar musste ein Glas Wein „ex“ austrinken und dieses auf die Erde werfen. Wenn es zerbrach, bedeutete dies Glück für die Ehe. Ein Band musste durchschnitten und lustige Aufgaben, wie das Durchschneiden eines Baumstammes mit einer stumpfen Säge, bewältigt werden. Zwei Männer verkleideten sich als Brautpaar. Ein Rauchfangkehrer als Glückbringer war oft mit von der Partie.
Im Alter
Bis in die 60er Jahre gab es keine Bauernpension. Bei der Übergabe des Hofes wurde daher penibel ausgehandelt, was die alten Leute als "Ausnahm" zu bekommen hatten.
Ein Beispiel siehe hier - Abschnitt 2, 1900 - 1960.
Versehgänge
War ein Schwerkranker im Ort, brachte ihm der Priester die Sterbesakramente, er wurde mit einer eigenen „Kalesche“ (leichte Kutsche) zum Kranken geführt. Sobald die Kutsche den Ort erreicht hatte, wurden die Glocken geläutet, darauf kamen die Bewohner vor ihre Häuser und knieten nieder, um den Segen zu empfangen.
Tod
Bis in die 60er-Jahre wurden die Toten zuhause im Schlafzimmer oder in der guten Stube drei Tage lang aufgebahrt. Man stellte zwei Sessel auf, auf die man ein Brett legte, darauf bettete man den mit seinem besten Gewand bekleideten Toten (Das Brett wurde danach verbrannt). Die Verwandten hielten abwechselnd Totenwacht. Freunde und Dorfbewohner hatte Zeit, sich vom Verstorbenen zu verabschieden. Im Sommer stellten sich unangenehme Gerüche der schon verwesenden Leiche ein. Als Abhilfe stellte man Behälter mit Essig oder anderen Essenzen auf, um den Geruch zu übertönen. Der Verwesungsgeruch im Zimmer blieb noch lange Zeit erhalten. Beim Begräbnis konnte auch der verschlossene Sarg den Geruch nicht immer aufhalten.
Begräbnis
Im Eingangsbereich des Hauses bahrte man den Toten auf. Nach einer kurzen Andacht zog man, oft von der Blasmusik begleitet, zur Kirche. Wurde ein Feuerwehrmann beerdigt, hielt der Leichenzug beim „Spritzenhaus“ an und die Musik spielte „Ich hatt‘ einen Kameraden“. Bei Kriegsteilnehmern ertönte dieses Lied meist am offenen Grab.
Noch im Haus wurden Rosmarinzweige verteilt, die man dem Toten ins Grab warf. Der (bei uns nicht ganz winterharte) Rosmarin wird seit jeher mit Tod, ewigem Leben und Wiedergeburt in Verbindung gebracht.
In Kirchberg gab es drei Klassen der Einsegnung:
1. Klasse war die Einsegnung bei der Dreifaltigkeit, 2. Einsegnung bei der Brücke bei Gasthaus Bauer, 3. Einsegnung bei den zwei Schulen.
2. Klasse war die Einsegnung bei Bauer und Schule,
3. Klasse war eine Einsegnung nur bei der Schule.
Die Totenmessen waren jeweils am darauffolgenden Tag. Die nächsten Angehörigen gingen ein Jahr in Trauerkleidung.
Quellen:
Pfarrchronik Kirchberg am Wagram
Topographie von Niederösterreich, 1877
Dokumente Dr. Norbert Schober, Kirchberg am Wagram
Jänner 2015, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp