Marquardsurfahr wird im Wüstungsarchiv des Bundesdenkmalamtes unter 994,10, *M83 Donaudorf (Bors) 42/2003, 763 ÖK 38 W 215 / N 218 geführt.
Die Pfarre Marquardsurfahr wurde 1190 aus der Pfarre Krems herausgelöst und dem Kloster St. Georgen-Herzogenburg übertragen.
Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich
1883, NÖ Landesarchiv, St. Pölten
Ein durch die Donau zerstörtes Pfarrdorf in nächster Nähe von Donaudorf, gegenüber von St. Georgen an der Traisen. Zu Donaudorf befindet sich hinter dem ersten Hause an der östlichen Seite des Ortes eine nie vertrocknende Lacke, genannt Kirchenlacke, weil daselbst die Pfarrkirche von Marquardsurfar soll gestanden haben. Hier besass die baierische Bendiktiner-Abtei Mallersdorf seit 1134 fünf Weingärten. In der diesbezüglichen Bestätigungsbulle vom 13. Jänner 1139 nennt Papst Innocenz II. unter den Besitzungen dieser Abtei: „In Episcopatu pataviensi quinque Uineas apud transitam Marcwardi, apud Sickindorf unam vineam, Trazinsdorf, Slachinsdorf, Grimidorf, com suis pertinenciss“ u.s.w. woraus wir die benachbarten Orte Sittendorf, Strazdorf, Schlickendorf und Grunddorf erkennen. Zwischen 1215 – 1221 war das Stift St. Georgen mit Dechant Conrad von Krems in Streit wegen der Pfarre Marquardsurfar, die letzterer ansprach. Der Streit wurde durch Schiedsrichter beigelegt und das Stift überliess dem Pfarrer ein Haus in Krems. Dieser Vergleich war für das Stift ungünstig ausgefallen und hatte auf lange hinaus für dasselbe nachteilige Folgen. Im ältesten Grundbuch der Pfarre Krems (von c. 1360) heisst es: „Prepositus de hertzogenburg por exempcione ecclesie in Marchartzurvar traslate est haitzendorf de Curia sita sursum curiam Saltzbergensem quam nun tenet pro tempore nomine Simontverl fuit diu destructa servit I lb. ben.“ Im Visitationsbefunde von 1543 für die Pfarre Krems heißt es: „Von der Kirchen zu Makharts Vrfar ist die Pension auskauft, vnd der Probst zu Herzogenburg soll jährlichen geben I lb. den.“ (Pfarrarchiv Krems)
Zu Krems am 4. Juli 1258 bekräftigte Probst Engelschalk von St. Georgen die Verpachtung des Zehents von Diendorf am Kamp an Gozzo, den Richter von Krems, wobei er die Namhaftmachung der Zehentholden mit den Worten beginnt: „Est autem hec decima vinea una plebani de Marquartsurvar.“ Hermann Marschall von Landenberg sprach zu Wien am 23. Mai 1300 zwei Inseln bei Marquardsurfar, deren Besitz eine Frau von Falkenberg streitig machte, dem Stifte Herzogenburg zu. Am 3. Juni 1300 decretierte Gottfried, Richter zu Krems, die Zurückgabe der Werde zu Marquardsurfar, „die der Walchenberger hat inne gehabt“, durch Auftrag des Marschalls Hermann von Landenberg an das Stift Herzogenburg. Um 1337 ging Marquardsurfar zu Grunde.
Marquardsurfar war ein Pfarrort (Martinspatrozinium - möglicherweise karolingisch), bei dem eine Überfuhr (Urfahr) zum gegenüberliegenden Kloster St. Georgen bestand.
Bischof Albert von Passau verlieh zu St. Pölten am 6. April 1340 allen Gläubigen im Dekanate St. Stephan am Wagram Indulgenzen, die zur Vollendung des begonnenen Kirchenbaues zu Haitzendorf etwas beitragen würden. Der Bischof nennt gleichzeitig auch die Veranlassung des Baues, nämlich den Untergang der Pfarrkirche Marquardsurfar: „Cum igitur Ecclesia Parrochialis santci Martine in Marchartsuruar nostre diocesis per inundacionem danubee aquarem inpetu penitus set destructa et plebesani eiusdem ipsam in haitzendorf de noua reedificare inchoarunt.“ Die Zehentregister des Stiftes Herzogenburg berichten bis 1336 ununterbrochen seit vielen Jahren über die Verpachtung der Zehente jener Gegend unter der Ueberschrift „De Barrochia Marquarsvrvar“ oder „In Barrochia Marcharzurvar“, aber zum Jahre 1337 schon: „In Barriochia Haizendorf“. Da nun Haizendorf 1337 bereits Pfarrort ist, jene Ueberschrift aber jedenfalls noch 1336 gemacht wurde, so hat die Annahme viel für sich, es sei Marquartsurfar spätestens 1335 zu Grunde gegangen. Nach W. Bielsky erfolgte die Uebertragung der Pfarre im Jahre 1335, was er aus den Worten des bischöfl. Indulgenzbriefes von 1340 folgert, wo gesagt wird: et plebezani eiusdem ipsam in haitzendorf de noua redificate inchoarunt (1337 – 1339 waren sie mit dem Beginne des neuen Baues beschäftigt) nec absque Christi fidelium auxilio eandem valeant aliquantenus consummare…“
Der Name des abgekommenen Ortes hielt sich aber noch längere Zeit. So haben am 15. August 1420 die Eheleute Ulrich und Caecilia Missendorfer ihrem Sohne Wolfgang Chorherr zu Herzogenburg, gegeben „alle paumstet, waid und wasser was das ist das da gehört zu Maricharz Urfar.“ Daß damit das unsere gemeint ist, geht aus dem Urbar von Strazdorf de anno 1471, Blatt 103, hervor, dessen Aufschrift lautet: „Vermerkht den Dienst von den güettern von Markchartsvrfar der uns von herrn wolfgangen Missendorfert fuer seine Eribtayl sind zugestanden.“
Ein Urbar über Sittendorf von 1501 hat aus Blatt 87 beinahe wörtlich dieselbe Ueberschrift. Der schon erwähnte Gozzo, Bürger von Krems, verkaufte am 5. Juni 1276 durch seine Bevollmächtigten an Bischof Conrad von Freising um 250 Mark Silber Liegenschaften bei und in Theiss, bei der Insel Maquardsurfar die Inseln, welche einst Friedrich von Brunn hatte, und die Urfarwerd-Insel, Savn-Insel.
Der Ort wurde wahrscheinlich nach einem Passauer Ministerialen Marquard benannt. Da es aber deren mehrere (Marquard von Wesen, Marquard von Eisdorf bei St. Andrä Wördern/Altenburg, Marquard von Schönbühel etc.) gab, kann dzt. nichts Näheres bestimmt werden.
Homepage des Stiftes Herzogenburg
Im Jahre 1160 schenkte Bischof Konrad von Passau dem Kloster St. Georgen an der Traisen, das wegen seiner ungünstigen Lage im Jahre 1244 nach Herzogenburg verlegt wurde, die Kirche zu Marquardsurfahr und erhob sie zur Pfarre.
Siehe hier: http://www.stift-herzogenburg.at/index.php?submenu=2&content=172
Ludwig Piffl, Heimatkalender des Tullner Bezirkes, 1954
Nächst der Kampmündung bestand der alte Fergenort Marquardsurfar, der nordöstlich von Donaudorf vermutet wird. Dieser Ort ging im Verlaufe eines Hochwassers um 1337 zugrunde und die Pfarre wurde nach Haitzendorf verlegt. Die Stelle der untergegangenen Kirche soll die Kirchenlacke bei Donaudorf kennzeichnen. Die Sage berichtet, daß an hellen Tagen tief im Wasser die Kirchturm zu erblicken war.
Kurt Bors in Fundberichte aus Österreich, Band 42, 2003
Die Ortswüstung Marquardsurfar (Marchwartsurfar), Wüstungsnummer 994,1 HONB Nr. M83, wurde im Jahre 2001 rund 0,5 km nordöstliche von Donaudorf auf den Parzellen 260, 266, 271 und 272 der Flur Unterfeld entdeckt und in der Folge bearbeitet.
Die erste Erwähnung des Dorfes erfolge 1139 unter der Bezeichnung transitus Marquardi, 1336 wurde der Ort durch Hochwässer der Donau zerstört. Es ist anzunehmen, dass das erstmals 1353 genannte Donaudorf als Nachfolgesiedlung von Marquardsurfar errichtet wurde. Die Ortswüstung hat auch eine Kirche besessen, deren Nachfolge die 1340 erbaute Kirche in Haitzendorf angetreten hat. Ob sich die im HONB IV angeführten drei Nennungen von 1430, 1450 und 1455 auf eine wieder errichtete Ansiedlung bezogen haben, müsste von Historikern ermittelt werden. Die Funddatierung der bei der geografisch-archäologischen Geländeforschung geborgenen Keramik kann darüber keine eindeutige Auskunft geben, da die 98 aufgefundenen Tonscherben (710 g) aus dem 15. und 16 Jahrhundert nur 9 % der Gesamtfundmenge darstellen. Sie könnten sowohl auf das Verbleiben einiger Häuser, den kurzfristigen Versuch einer Wiedererrichtung, aber auch auf sekundäre Ablagerung bei Feldarbeiten schließen lassen.
Insgesamt wurden 10,3 kg (890 Stück) Keramik gefunden, wovon 4,1 % aus dem Hochmittelalter und 89 % aus dem Spätmittelalter stammen. 6,9 % sind oxidierend gebrannte, meist innen glasierte Scherben. Dass es sich bei Marquardsurfar um eine bedeutende Schiffsanlege- und Überfahrtsstelle gehandelt hat, lässt sich nicht nur daraus schließen, dass es eine Kirche besessen hat, sondern auch aus der Größe der Fundstreuung und der Qualität der Keramik. Viele Tonscherben rühren von größeren Gefäßen mit Wulst über 1,6 cm her, auf etlichen Gefäßrändern finden sich Töpfermarken. Eine stark beschädigter Marke zeigt ein 1,5x1,5 cm großen Tatzenkreuz, wahrscheinlich in einer Ellipse. Der Ansatz eines Henkels ist durch drei parallele Furchen gekennzeichnet, 13./14. Jahrhundert, Grauton (Abb. 1001). Auf einem Gefäßrand, ebenfalls aus Grauton, sind zwei kleine Kreuze mit Winkeln in den Ecken eingedrückt (Abb. 1002). Ein solches kleines Kreuz in tief eingeschnittenem Kreis ist auch auf einem frühneuzeitlichen, oxidierend gebrannten Henkelansatz zu finden, der von einem Krug mit brauner Innenglasur stammen dürfte (Abb. 1003). Ofenkachelreste, Flachziegel, teils verbrannter Hüttenlehm, Mörtelstücke, Baunägel, ein Messerfragment und alte Knochen sind Funde, die auch in anderen Ortswüstungen vorkommen, nicht aber plattenartige, bearbeitete Steinfragmente. Sie könnten zur ehemaligen Kirche gehört haben, deren Standort aber nicht zu ermitteln war.
Einige atypische urzeitliche Scherben zeigen an, dass das Gelände schon früher frequentiert worden ist:
Quelle: https://www.oegm.or.at/wuestungsforschung/
Jänner 2012, letzte Änderung April 2024
Andreas Nowotny/Maria Knapp