Früher gab es etliche Berufsgruppen, die sich ihr Geld durch Wandern oder Fahren von Dorf zu Dorf verdienten. Manche kamen von weit her, oft aus Ländern der ehemaligen Monarchie.
Hausierer und Straßenmusikanten prägten das Landschaftsbild. Auch ein „Binkeljud“ kam mit in ein großes Tuch gebundenen Leinenwaren und bot sie zum Verkauf an. Auch Bosniaken kamen mit ihrem, am Bauch anliegenden, offenen Kistl, welches um den Hals mit einem Riemen befestigt war. Sie boten Taschenmesser, Rasierzeug, Feuerzeug und allerhand Kleinkram zum Verkauf an. Zigeuner, mit ihren Kastenwagen und Nomaden „Schleifer“ mit Planenwagen zogen oft durch oder wohnten einige Tage in den Orten.
(Frau Anna Schabl, Königsbrunn)
Genaue Bestimmung, womit Umgeher ihr Geld verdienen durften, fand mit im "Handbuch für Orts-Richter" aus dem Jahr 1840:
Hausieren mit Büchern, Bildern, destilirten Oehlen, Geistern und Arzneyen für Menschen und Thiere ist strenge verbothen, ebenso mit Lotterie-Loosen und Gewinnst-Objekten und Gift.
Wandelnde Krämer, oder sogenannte Hausierer, die Ratten- oder Mäusepulver, Fliegenstein, Hüttenrauch (Hütterich) für das Vieh, oder andere giftige Waaren mit zu Kauf tragen, sind, wenn sie betreten werden, ohne weiters anzuhalten, und sammt ihren Feilschaften zur Ortsobrigkeit einzuliefern.
Hausierer müssen mit dem Hausier-Passe und Erwerbsteuerscheine versehen seyn. Gegen dieselben haben die Gemeindediener genaue Aufsicht zu pflegen.
Juden ist das Hausieren, das ist, Waaren von Haus zu Haus anbiethen, in der Stadt Wien und auf dem Lande in Niederösterreich, verbothen. Auf herumziehende Juden ist strenge Aufsicht zu pflegen.
Artisten
Bandlkramer
Bosniaken
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Ein Bosniake vor dem Gasthaus in Engelmannsbrunn
Foto: Marianne Eckart, Engelmannsbrunn
Eiersammler, „Oarer“
1826 stirbt in Engelmannsbrunn Nr. 64 Annamaria Maringer, Eyerhändlerin, im Alter von 81 Jahren am Schleimschlag.
Eisverkäufer
Essigmann
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Fechter
Gottschewara
Seinen Namen hat der Gottscheeberer nach seiner Heimat, der ehemaligen deutschen Sprachinsel Gottschee im einstigen österreichischen Kronlande Krain, die heute zu Jugoslawien gehört, darum hieß er auch „Kraner“, d.i. "Krainer.“
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Handleh
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Hadernsammler
Um 1876: Johann Kaidosch war Hadernsammler in Mitterstockstall 36.
Um 1880: In Unterstockstall 28 wohnte der Hadernsammler Franz König.
Käse- und Salamiverkäufer
Kochlöffelkrawat
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Krauteinschneider

Foto: Josef Leuthner,
KollersdorfNoch eine charakteristische Dorfgestalt möchte ich in Erinnerung bringen: es ist der Krauteinschneider. An den langen Novemberabenden ging er, ein alter, ehrenwerter Mann, auf der linken Schulter den Krauthobel gehängt, in der rechten Hand der Gehstock, im Mund die unvermeidliche Pfeife, von Haus zu Haus, und schnitt den Bauern und Häuslern das Kraut ein.
Wenn er kam, waren die Krauthappel schon ihrer grünen Außenblätter entledigt und mußten nur noch mit einem rundlichen Hohlmesser, das der Alte mitbrachte, die harten Mittelstengel ausgeschnitten werden. Der Hobel wurde aufgestellt, ein Tischtuch unterbreitet und nun konnte das Kraut fein geschnitten werden. Im Vorkeller stand schon das Krautschaff bereit. Wir Kinder mußten das Kraut „eintreten“, bis Wasser und Schaum über ihm standen. Mit einem dicken Holzdeckel, der mit einem schweren kegelstutzförmigen Stein beschwert wurde, zugedeckt, verwandelte sich das Kraut in einigen Wochen in das so schmackhafte und vor allem gesunde Sauerkraut, das, eingebrannt, mit Geselchtem und Vorschußknödeln eine beliebte Speise im Bauernhaus bildet.
Nach getaner Arbeit ward noch zu einem kleinen Plauderstündchen bei Brot und einem Glas Wein beisammen gesessen. Mit einigen Sechserln reicher zog nun der Krauteinschneider zum nächsten Haus oder bei vorgerückter Nachtstunde tappte er die stockfinstere Dorfstraße entlang, seiner Behausung zu.
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Rast’lbinder / Pfannenflicker
Der Mann fiel durch seinen lichten, aus grobem Stoff verfertigten Rock auf, den häufig ein Gürtel abschloß; in der kalten Jahreszeit trug er noch enganliegende, mit roten Schnüren verzierte Hosen, im Sommer weite, rohleinene, in Fransen ausgehende Beinkleider und eigenartige Schnürstiefel. Den Rücken beschwerte ihm ein mit Blechplatten, Draht und Mäusefallen gefülltes Holzgestell. Von Haus zu Haus ziehend, vermeldete er sein Erscheinen durch heftiges Schlagen auf ein Blechgefäß, wozu er ein lautes ‚Rastelbinde, Fanneflicke (Pfannenflicker) hi, flick hooo!‘ ertönen ließ. Vielfach pflegte der Rastelbinder gleich im Hof (oder ‚Am Platz‘) auf seinem Werkzeugkästchen Platz zu nehmen und, umlagert von den Kindern, flink sein Werk zu vollbringen. Die überaus rechtschaffenen Leute, die ihre Arbeit oft für ein Spottgeld leisteten, legten meist auf ihre guten Mausfallen besonderen Wert und kündigten sie deswegen mit dem Rufe: ‚Gaafte Mausfalli, Ratzifalle‘ an.
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Sauschneider
Schausteller
Scherenschleifer
Die Gestalt des Scherenschleifers ist auch heute noch nicht ganz ausgestorben, aber kein Italiener, eher ein Zigeuner mit einem einrädrigen Gestell, auf das ein Schleifstein aufmontiert ist, der mit einem Fuß in drehende Bewegung gesetzt wird und von Hunden gezogen wird.
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Dieses fahrende Gewerbe ist eines der wenigen, die sich bis heute erhalten haben. Von Zeit zu Zeit kommt eine Information mit der Post, dass der Scherenschleifer wieder durch die Ortschaften fährt.
Siebmacher
Für vielerlei Zwecke benötigte man Siebe: zum Sieben von Getreide, Mehl, Gries oder Gewürzen im Haushalt, aber auch fürGips und Schießpulver. Hergestellt wurden die Siebböden für diese feinen Siebe aus Pferdehaaren oder feinem Draht. Gröbere Siebe, die Reitern genannt wurden, verwendete man zum Sieben von Sand und Schotter.
Der Reitermacher auch Siebmacher, der neben den Zigeunern noch ein Überbleibsel der alten Zeit, aber auch schon im Aussterben begriffen ist, da seine Haupthandelsware, die Holzreitern, durch die heutige Arbeitsweise des Getreidedrusches mit Maschine fast unnötig geworden ist. Er kam mit einem zweirädrigen Handkarren, der übervoll war mit Reitern, Reiterböden, Sieben und von ihm und seinem Anhang gezogen, angefahren.
(Heimatkalender des Bezirkes Tulln, 1960, Josef Marchart)
Es gab aber auch bei uns ansässige Siebmacher, wie den Anton Storchinfeld, der um 1840 in Kirchberg 43 erwähnt ist.
Laut Amtsblatt der BH Tulln beendet Josef Freistätter aus Gollarn 14 im Jahr 1954 sein Wandergewerbes der Siebmacherei – Reparatur von Sieben, Messerschleifen und Schirmreparatur.
Reitermacher vor dem Gasthaus Zehetner in Winkl
Foto: Familie Zehetgruber, Winkl
Zigeuner
Diese kamen mit Planenwagen und campierten eine Zeit lang am Rande des Dorfes. Die Bewohner der Ortschaften sperrten die Tore zu, wenn sie die Zigeuner sahen, da diese (den berechtigten) Ruf hatten, zu stehlen. Wenn sie betteln kamen, gab man ihnen Brot.
Die Familie meiner Mutter (aus Kollersdorf) brachte gerade die Getreidegarben vom Feld heim, als sich eine Zigeunerin gerade beim ihrem Hinaustor mit einer Henne davon machen wollte.
Nach dem 2. Weltkrieg kampierte eine Zigeunerfamilie etwas außerhalb von Winkl Richtung Altenwörth etwa ein Jahr lang mit ihren Wägen. Sie verdingten sich ihren Lebensunterhalt mit Korbflechten, Scheren schleifen und Reiter-Herstellung, die sie dann in den umliegenden Ortschaften verkauften. Aber irgendwann wollte man sie wieder loswerden, denn es existiert eine Rechnung der Gemeinde Winkl aus dem Jahre 1949, wo ein Dorfbewohner 10,- S für den Abtransport der Zigeuner erhalten hat.
1878: Helena Daniel, Tochter des Zigeuners Josef Daniel, stirbt mit 8 Tagen in Kirchberg 19 an der Fraisen.
1833: Franz Rehberger ist vagierender Musikant, Hadernsammler und Zigeuner. 1833 wurde in Kollersdorf 15 Tochter Anna Maria geboren.
Eine Zigeunerfehde mit Revolverschüssen in Kirchberg im Jahr 1921
Zur Faschingszeit diesen Jahres waren die Zigeunerfamilien Held und Fohn in Kirchberg am Wagram. Sie hatten viel zu tun, denn der Fasching braucht Musikanten. Die Zigeuner der beiden Stämme waren schon seit langer Zeit einander spinnefeind. Am Faschingsamstag kam es in Kirchberg zu einem Kampfe zwischen den beiden Banden, im Verlaufe dessen der Zigeuner Petrus Blach, der der Familie Fohn angehört, den Zigeuner Held, ein Mitglied der Band Held, anschoß. Blach flüchtete und wurde noch im Februar in Wien verhaftet.
(Deutsches Volksblatt vom 14.7.1921)
Heute ist der Name "Zigeuner" nicht mehr gebräuchlich.
Zigeuner um 1920 in Unterstockstall
Foto: Otto Moosbauer, Kirchberg
Zigeunerwagen im Dorfmuseum Mönchhof, Burgenland
Quellen:
Pfarrmatriken Altenwörth und Kirchberg am Wagram
Mai 2012, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp