Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
Die Frauenwiese war im Besitz der Pfarre. Sie wurde erstmals 1860 erwähnt, als Pfarrer Karl Größinger die bis dahin anscheinend ungenützte Fläche mit Bäumen aussetzte. Die Hindernisse, die ihm in Bezug auf die Wiese jahrelang in den Weg gelegt wurden, schilderte er in der Pfarrchronik.
Diese Wiese ist bereits in der Josephinischen Fassion aus dem Jahr 1787 als Ried Fraungarten genannt: Diese, eine mittelmäßige, und eben aus Wiesen bestehende Ried, nimmt ihren Anfang an der Ried Ortsplatz, und das Ende am Mühlnerfeld. Wobei das Mühlnerfeld  eine nächst dem Dorfe Altenwörth anfangende, und am Donaufluß sich endigende Ried war. Die Wiese dürfte in der Nähe von Kollbauers Gasthaus (später Walzer) gelegen sein, da wo sich später der Sportplatz befand.


1860
In diesem Jahre wurden auch die ersten 16 Stücke junger Bäume auf die Frauenwiese verpflanzt, und so Gott will, sollen sie jedes Jahr in so lange mit einigen neuen Hinzukommenden vermehrt werden, bis die ganze Wiesenfläche damit bestellt ist. Der Wiese erwächst hiedurch, nachdem die Bäumchen 6 Klafter voneinander entfernt stehen, Sonne, Licht und Wärme nicht behindern, kein Schaden in ihrem Graswuchse, wohl aber dem Pfarrer mit der Zeit ein bedeutender Vortheil, nachdem von Seite der hierherkommenden Wiener Obsthändler eine bedeutende Nachfrage nach Äpfel und Birnen etc. ist. Ebenso versah ich die Innenseite der Garteneinfriedung mit den besten Sorten Pfirsiche und Aprikosen zu Trillage und mit denselben auch die Südseite des Wohngebäudes.
 

1863
Wie ich zum Jahre 1860 bemerkte, setzte ich auf die Frauenwiese der Kirche 16 St. Obstbäumchen und die darauf folgenden Jahre gleichfalls einige Stücke, um durch die successive Bepflanzung der ganzen Wiese mit Obst den Grund zu einer weiteren Einnahmequelle für den jeweiligen Nachfolger hier zu legen. Als die Leute mich mit der Meßkette die Punkte bestimmen sahen, riet man mir ab mit dem Bemerken: Es sei Schade um das Geld, das ich für Bäumchen und Pflöcke verausgabe, denn es bleibe nichts ungeschoren. Ich glaubte aber nicht und setzte mein begonnenes Werk fort auf die Überzeugung hin, daß die Reihen der Bäume zur Verschönerung des Ortes, und größeren Einnahme desselben beitragen werden, zudem sie Niemanden irgendwie beirren. Wer kann daher das Gefühl bezeichnen, das mich durchdrungen, als man mir mit Beginn des diesjährigen Frühlings die Kunde brachte, daß alle Bäumchen auf der Frauenwiese vom ersten bis zum letzten mitten am Stamme entzweigebrochen sind. Um somit einen weiteren Schmerz mir zu ersparen, und den Kannibalen keine fernere Gelegenheit zu bereiten, gab ich mein Vorhaben auf und ließ sämmtliche Bäumchenstücke und Stützen wieder ausheben.
 

1864
In diesem Jahr finde ich von dem, was auf Pfarrer oder Kirche Bezug hätte, nichts zu verzeichnen, als daß über dießseitige Beschwerde vom 24. September d.J. am 14. October darauf bezüglich des Gehsteiges über die Frauenwiese eine bezirksamtliche Local-Commission abgehalten wurde.

Wie die im Concepte hinterlegte, und im Pfarrarchive aufbewahrte Beschwerdeschrift des Ausführlichen darlegt, war die Veranlassung zur Commission das Einreiten von Seite der Schiffknechte und in letzterer Zeit, daß man bereits anfing die Wiese mit Obst- und Erdäpfelwägen zu befahren um auf kürzerem Wege ins Gasthaus des Kollbauer zu gelangen.

Das Ergebniß dieser commissionellen Verhandlung war folgende Verfügung, die obschon im Originale im Pfarr-Archive hinterlegt mit Rücksicht eines möglichen Verlorengehens derselben, ich hier wortgetreu reproduziere:

Commissions-Protocoll
ddo 14.October 1864.
Betreffend die Abstellung mehrseitiger Fußsteige über die Kirchenwiese s.g. Frauenwiese zu Altenwörth, sowie Einstellung des Pferderittes über dieselbe.

Auf Grund dieser commissionellen Verhandlung wird Nachstehendes verfügt:

Die über die Kirchenwiese s.g. Frauenwiese zu Altenwörth führenden Hauptflußstiege u.z. der mitten durch die Wiese vom kollbauer‘schen Gasthause zur Donau, den von dort neben dem Garten des Weiss in das Gaßl zwischen Nesinger und Weiss, dann der vom Kollbauer zum Halterhause und endlich vom Kollbauer‘schen Inleutstöckl in den erstgenannten Hauptsteig führende Fußsteig fortzubestehen, alle anderen gegenwärtig bestehenden als nicht nothwendig erklärten Fußsteige u.z. der zweite neben der Kollbauer‘schen Planke zu seinem Inleutstöckl sowie der vom Nesinger`schen Inleutstöckl in den Hauptsteig führende Fußsteig können cahsirt und brauchen nicht mehr geduldet zu werden.

Nach § 492 des allg.b.G.B. begreift das Recht des Fußsteiges das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von Menschen tragen oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Es dürfen daher die betreffenden Fußsteige nicht mit Viehtrieben, nicht beritten und nicht befahren werden.

Um den in letzter Richtung eingerissenen Unfug einzustellen, werden die Herren Kirchenvorsteher mitten am Eingang von der Donau an der Ecke des Weiss‘schen Gartens einen Pflock einsetzen, und eine zureichende hohe Warnungstafel aufstellen, welche die Aufschrift zu führen hat: "der Viehtrieb sowie das Reiten über diese Wiese ist bei einer Strafe von 50 x verboten.

Sache der Gemeinde ist es, das Privateigenthum zu schützen und daher auch für die Erhaltung dieser Vorsichtsmaßregeln Sorge zu tragen. Sollte daher die Tafel boshafter Weise beschädigt, oder der Pflock  ebenso entfernt werden, so hat, wenn der Thäter unbekannt ist, die Gemeinde auf eigene Kosten die Wiederherstellung zu veranlassen. Das Befahren der zu belassenden Fußsteige mit Schubkarren, ist bloß eine Duldung der Herren Kirchenvorsteher, und es steht diesen frei, wenn der frühere Unfug wieder einreißen sollte, das Befahren mit Schubkarren gänzlich einzustellen, und zu diesem Zwecke am Eingange von der Donau vier Pflöcke einzuschlagen, welche so wie bei den früheren Vorsichtsmaßregeln festgestellt wurde, im Falle einer boshaften Beschädigung auch von der Gemeinde wieder herzustellen sind.

Die Gemeindevertretung hat die Eröffnung neuer Fußsteige möglichst hintanzuhalten, und gegen jene, welche dieser Verfügung entgegenhandeln, mit aller Strenge vorzugehen.

Hievon werden die Herren Kirchenvorsteher unter Anschluß einer Abschrift des Commissions-Protocolles ./. ferner der Gemeindevorstand von Altenwörth und Johann Kollbauer, welcher trotz Aufforderung zur Aufnahme des Protocolles nicht erschien, gleichzeitig verständigt.

K.K.Bezirksamt Kirchberg am Wagram
den 18.October 1864
der K.K.Bezirksvorsteher
v: Weber m/p 

Diese Verfügung zeigt, daß man auf das der Beschwerdeschrift allegirte Commissions-Protocoll dato 29. April 1839 nicht die mindeste Rücksicht nahm – daß man auf eine radicale Abhilfe nicht erkennen wollte, sondern, indem man auf ein Zuschließen des Einlasses von der Wiesenseite in den Kollbauer‘schen Hofraum nicht einging, nur ein Lei pro Lei fortbestehen zu lassen für gut fand. - Warum? Einfach darum, weil es sich um ein Kirchengut handelte, und die Gesetzesverständigen oder Schriftgelehrten von jeher Feinde Christi waren.

Zur weiteren Orientierung finde ich noch beizufügen, daß man mich in der Vertretung des kirchlichen Eigenthumsrechtes alleinbelassen und aus den übrigen 9 Commissionsmitgliedern aus Furcht vor dem Kollbauer‘schen Hause nicht ein einziges Sterbenswörtchen pro oder contra gesprochen hat. Sämmtliche figurirten bloß als stumme Zeugen. Der Verhandlung anwohnen und das Protocoll mit ihrem Namen versehen, das war das Opfer, das sie ihrer Kirche gebracht haben.-

Im Nachhange bemerke ich noch, daß, nachdem dem Anton Kollbauer im Redestrome für die Sache seines Sohnes gegenüber meiner Person eine Ehrbeleidigung entschlüpfte, ich wider ihn Behufs Statuirung eines warnenden Beispieles klagbar eingeschritten bin, und in Folge dessen Anton Kollbauer ungeachtet seines ergriffenen Recurses an das K.K.Oberlandesgericht in Wien mit acht Tagen strengen Arrestes abgestraft worden sei.
 

1865
Um dem commissionellen Dafürhalten zu entsprechen und der Möglichkeit Raum zu geben, sich zu überzeugen, daß wie ich bemerkte die Aufrichtung einer Warnungstafel am mehrbesagten Eingange der Kirchenwiese nur Auslagen mache, aber wie ich vollends überzeugt bin, nicht zum Ziele führe, ließ ich mit Beginn des Frühjahres 1865 die erwähnte Warnungstafel anfertigen und aufstellen.

Allein statt zur Abwehre, diente diese Maßname den Schiffsknechten nur zur Erheiterung; man drängte die Tafelsäule zur Seite und ritt an der Säule vorüber auf die Wiese wie vordem. In Folge dessen ließ ich die Warnungstafel ausheben und anstatt derselben 5 Pflöcke zur Absperre in die Erde befestigen. Aber auch dieses Hemmniß blieb ohne entsprechendes Resultat. Man riß zunächst der Pflöcke die Einplankung weg, warf die Bretter in die Donau und nahm den Weg an den Pflöcken vorüber wieder über die Wiese. Auf Grundlage des Commissions-Protocolles machte ich nunmehr die Anzeige bei dem hiesigen Ortsvorstande Josef Fürlinger und bemerkte, daß es nun Sache der Gemeinde sei, diese und jede weitere Beschädigung der Wieseneinfriedung oder der Pflöcke zu reparieren.- Dieß wirkte. Nicht nur, daß noch am selben Tage die Öffnung mit neuen Läden geschlossen wurde, so wurde auch kein weiteres Einreiten mehr versucht, und es steht zu hoffen, daß, nachdem es sich nunmehr um den Gemeinde – Säckel handelt, dieser nicht enden wollende Übelstand für immer behoben ist.
 

1872
Erbauung eines eigenen Meßners- u. Organisten-Häuschens sammt Stallung, Keller und Holz-Remise auf der Kirchenwiese nächst dem Schulhause, ein. Hierüber angewiesen, wegen voraussichtlicher Concurrenz-Verweigung von Seiten der Gemeinde, um Schätzung eines comissionellen Erkenntnisses bei der k.k. Bezirkshauptmannschaft Krems anzusuchen u. dies sodann vorzulegen, überreiche ich das Gesuch, in Folge dessen mir die Intimation geworden, daß über eingeholte Erkundigung die Herstellung eines Organisten- u. Meßners-Wohnung nicht nothwendig erscheine, nachdem der nunmehrige Meßner ohnehin seine Wohnung habe… Dieses Ansinnen wurde von der Obrigkeit abgelehnt. 

Im Laufe der Jahre dürften Teile dieser Wiese verkauft worden sein. 1872 verließ Pfarrer Größinger Altenwörth. Sein Nachfolger war Peter Ottep.
 

1873
Der noch unverkaufte Theil der Kirchenwiese wurde für zwei, den Eheleuten Kohlbauer gehörige Wiesen, in der Gigginger Freiheit neben dem Friedhof eingetauscht. 
 

April 2020, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp