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Bauer - "rusticus"
Die häufigsten Berufe in Neustift waren Bauer und Hauer, fast alle waren beides. Manchmal kommt ein Hauer als Inwohner vor. Auch viele, die einen anderen Beruf hatten, betrieben nebenbei (oder umgekehrt) eine Landwirtschaft.
Um 1965 wurde der Nettoerlös in der Landwirtschaft immer weniger, sodaß viele Landwirte einen Nebenerwerb suchten. Etwa 1970 begann ein "Bauernsterben", welches sich bis jetzt fortsetzt. Viele Bauern gaben das Wirtschaften auf, besitzen zwar noch ihre Felder, haben diese jedoch verpachtet. Heute gibt es noch 12 Betriebe, die ihre Felder selbst bewirtschaften, 8 davon haben beträchtliche Flächen zugepachtet. Durch die modernen und großen Landmaschinen hat sich die Bearbeitungszeit auf einen Bruchteil reduziert. Während mit der Sense 2 bis 3 Leute für 1 Joch einen langen Tag für die Ernte und "aufmandeln" benötigte (ohne Drusch) benötigt ein Mähdrescher ½ Stunde (inklusive Drusch).
Der Anbau hat sich geändert. Während man um 1965 vorwiegend Weizen, Gerste, Roggen, Kartoffel und Zuckerrüben baute, werden heute vorwiegend Mais, Weizen, Gerste, Sonnenblumen, Raps und Zuckerrüben, in geringem Maß Kartoffel angebaut. Hafer und Roggen gibt es in Neustift nicht mehr.
1894 schreibt Schulleiter Ludwig Marzani:"Sämmtliche Grundbesitzer betreiben Landwirtschaft, selbst die wenigen Grundbesitzer, deren Gewerbe sich auf den Wohnort beschränkt, das ihnen für das ganze Jahr nicht hinreichende Arbeit liefert; an Gewerbetreibenden sind hier: 1 Tischler, 3 Schuster, 1 Wagner, 2 Schmiede, 2 Landkrämereien, 3 Victualienhändler. Von den 71 Häusern sind 2 einstöckig, 69 ebenerdig, aus Ziegeln gebaut, 68 mit Ziegeln und 3 mit Schindeln gedeckt. Im Ganzen sind 97 Parteien, und zwar 70 im eigenen Hause und 27 in gemieteten Wohnungen.Es sind nur Kleingrundbesitzer vorhanden, über 60 Joch besitzt keiner. Die Freiheit Neustift umfaßt 1340 Joch, das ist 771 ha. Der dritte Theil dieses Grundes gehört auswärthigen Besitzern; dagegen nennen die Mehrzahl der hiesigen Bewohner Weingärten samt Pressen und Keller, Äcker und Wiesen der Nachbargemeinden ihr Eigenthum....
... Die Hauer besitzen ihre Weingärten und Keller zerstreut in Entfernungen von ½ bis 2 Stunden – in Fels, Gösing, Ruppersthal, Riedenthal, Neudeck, Ottenthal, Ober-, Mitter- und Unterstockstall und Kirchberg und müssen öfter im Jahr, wenn ihre Lieblinge, die Reben ihrer Pflege bedürfen, um 3 Uhr früh aufbrechen, kommen um 5 Uhr zur Stelle um nur von einer kurzen, kargen Mahlzeit /: meistens nur aus Brot und Wasser oder Wein bestehend:/ ununterbrochen bis 8 Uhr abends zu arbeiten und dann erschöpft den Heimweg anzutreten, wobei, wenn möglich – oft auf großen Umwegen- der Keller aufgesucht wird. Es gibt Zeiten, wo der Hauer sich kaum 4 Stunden Ruhe gönnt.
Da oft die Weingärten und Äcker zugleich der Pflegers bedürfen, müssen größere Besitzer, um sich für gnädige Zeiten die Arbeitskräfte zu sichern, ein oder zwei Häuser im Orte kaufen, Zinsparteien aufnehmen, gegen die Verpflichtung, gewisse landw. Arbeiten für den Hausherrn zu leisten.
Bei all seiner Mühe und Plage hört man den Landmann darüber nicht klagen, solange er noch auf eine gute Ernte hoffen kann. Wer in das Herz eines Landmanns blicken will, der muß erst sein Vertrauen gewinnen, was keine kleine Leistung ist; er mache einmal von einer der Genris oft erhaltenen Einladungen zu einer der hier besonders im Winter so beliebten Kellerpartie Gebrauch. Der Hauer ist in seinem Keller nie geizig. Beim matten Schein einer Unschlittkerze am Fasse gelehnt, oder auf einer Holzbank sitzend, vor ihm kleingeschnittenes geselchtes Fleisch und Hausbrot- ganz abgeschieden von der Ober- und Außenwelt, in dem sinnlichsten Raum des rechten Hauers, wo die Wände keine Ohren, und wo keine Schindeln auf dem Dache sind, fließt die Rede immer schneller, die Gedanken, die anfangs vorsichtig herausguckten, werden dreister und nach kurzer Zeit liegt das Herz auf der Zunge; du weißt alles, doch hüte dich, es zu mißbrauchen! Dies gilt als schändlich und mit Recht.
Wer mit dem hiesigen Landmann Jahre hindurch mit Wohlwollen Umgang pflegt, ihn in seinen vielen Leiden und wenigen Freuden beobachtet, der lernt bald den guten Kern schätzen, welcher in der manchmal gar rauh scheinenden Schale steckt.
Pferde | Rinder | Schafe | Ziegen | Schweine | Gänse | Enten | Hühner | Tauben |
44 | 135 | 160 | 30 | 220 | 140 | 36 | 1700 | 200 |
Durchschnitts- Ernte- Ausweis [i]
Roggen | Gerste | Hafer | Mais | Futterrübe | Kartoffeln | Krautpflanzen | |
Anbaufläche in ha | 345 | 58 | 288 | 14 | 18 | 58 | 6 |
Ertrag per ha in hl | 21 | 26 | 27 | 21 | |||
Ertrag per ha in q | 35 | 24 | |||||
Gesamtertrag in hl | 7245 | 1508 | 7776 | 294 | |||
Gesamtertrag in q | 630 | 1392 |
1932: "Es sind nur Kleingrundbesitzer vorhanden. Über 45 Joch besitzt keiner. Dagegen nennt die Mehrzahl der Bevölkerung Weingärten, Presse und Keller ihr Eigen. Die Nahrung ist dem Ertrag des Bodens angemessen. Sie besteht im Sommer aus Mehl, Milch und Kartoffel. In den meisten Häusern wird auch schwacher Kaffe mit allerlei, oft verdächtigen, von befugten und unbefugten Hausierern gebrachten, Feigenkaffe, in einzelnen Häusern auch Kneippkaffe genossen. Da die männliche Bevölkerung den Wein liebt, so ist sie der Ansicht, daß der Wein stärke. Opfer des Alkoholismus sind selten, doch gibt es wie in jedem Orte der Weingegend, schwere Trinker. Nichtraucher sind selten und meist in der heranreifenden Jugend zu finden. Meist werden Zigaretten und ordinärer Tabak geraucht. Leidenschaftliche Raucher legen außer beim Essen, die Pfeife den ganzen Tag nicht weg.
Da oft die Weingarten und Ackerwirtschaft zugleich der Pflege bedürfen, müssen die größeren Wirschaftsbesitzer Arbeitskräfte aufnehmen. Diese Taglöhner sind meist die Angehörigen der Zinsparteien im Dorfe. Bei all der Mühe und Plage hört man den Landmann nur dann klagen, wenn eine schlechte Ernte bevorsteht.
"Da Neustift im Felde von bäuerlicher Bevölkerung bewohnt ist, sind auch die Wohnsitze bäuerlicher Art. Der fränkische Hakenhof ist vorherrschend. Anbei beschreibe ich einen typischen Bauernhof des Dorfes.
Durch ein hohes Bogentor gelangt man in den sogenannten “Otter”. In diesem selbst steht der am meisten benützte Wagen, hängt das Geschirr der Pferde. Links gelangt man in die Wohnräume, rechts in den “Ausnahm”. Was den Wohnraum anbelangt, so gelangt man durch eine niedere Tür in den Vorraum, der mit gebrannten Ziegeln ausgelegt ist. Von diesem Vorraum gelangt man geradeaus in die Küche, links in die gute Stube. Anschließend an die gute Stube sind gewöhnlich eine oder zwei Kammern, an die Küche die Gras-oder Futterkammer. An diese schließen die Stallungen."[ii]
OSR Ludwig Piffl schreibt 1959: "Die Landwirtschaft hat sich seit 1945 grundlegend gewandelt. In der bäuerlichen Gemeinde gibt es keine Landarbeiter mehr. Mehrere Landarbeiterwohnungen stehen leer. 1948 gab es noch 66 Pferde im Orte, derzeit nur mehr 20. Dagegen laufen 31 Traktoren, 14 Bindemäher und 6 Mähdrescher, neben vielen anderen Maschinen. Viele Scheunen sind zu Maschinenhallen umgestaltet. Dagegen ist im Bahnhofviertel von Neustift ein Getreidesilo entstanden, Wahrzeichen einer neuen Zeit."
Zuckerrüben: Seit etwa 1844 werden in Niederösterreich Zuckerrüben, voerst nur von den Herrschaften, systematisch angebaut und verarbeitet. Die erste Zuckerfabrik Niederösterreichs nahm 1844 in Dürnkrut den Betrieb auf.
1905 bildete sich der genossenschaftliche "Rübenbauernbund", um die Interessen der Rübenbauern gegenüber der Industrie besser vertreten zu können. Im 1. Weltkrieg brach die Zuckerproduktion ein.
Die Zuckerrüben werden seit 26.Oktober 1938 in der damals neu errichteten Zuckerfabrik Tulln übernommen. Der 2. Weltkrieg brachte einen Einbruch der Zuckerproduktion und ab 1950 begann sich der Rübenbau gezielt zu entwickeln. Seither bildet er eine gute Verdienstmöglichkeit der Bauern unserer Gegend.[iii]
OSR Ludwig Piffl schreibt 1959: "Auch der Zuckerrübenbau ist eingeführt worden. Neustift besitzt zwei Zuckerrübenübernahmsstellen, die über 1.000 Waggon Rüben aufnehmen. Leider ist für diesen Zweck 1957 eine Brückenwaage im Ortszentrum errichtet worden, obwohl die Schule und die Straßenbehörde dagegen Stellung genommen haben."
Die Brückenwaage wurde später zum Rübenplatz in der Gemeindeschottergrube verlegt. Geprüfter Waagmeister war Herr Ernst Walzer.
Getreidesilo im Lagerhaus: "Erntedankfest u. Siloweihe: Am 29. September1958 hielten wir unser Erntedankfest, mit Festgottesdienst in der Kirche.- Weihe der Erntedankkrone.- Festpredigt des Pfarrers.- (Nachmittags) Am Hauptplatz Kraftfahrzeugweihe "Der Charakter des Kraftfahrers entscheidet sich am Volant" Nachmittags Siloweihe am Bahnhof.
Kirchberg hat 2 Wahrzeichen: den Speicher der Gottesliebe – die Kirche und neu den Speicher fürs irdische Brot, den Silo." Leider wurde der Erntefestzug verregnet."[iv]
Hauer - "vinarius"
"Die hierortige Bewohnerschaft befaßt sich aber viel mit dem Weinbau. Der Weinbau war um 1403 viel ausgebreiteter denn jetzt. Die von Neustift nach Kirchberg ziehende Straße, hätte ehedem Weingärten links und rechts benachbart gehabt. Irgend eine Ursache, vielleicht eine damals noch nicht bekannte Peronospora, vernichtete diese. Der Bauer machte aus diesen Gebieten Ackerland, wahrscheinlich erst nach einigen vergeblichen Versuchen, die Weingärten wieder aufzurichten. Der Neustifter hat aber ansehnlichen Besitz im “Wagramer” Weinbaugebiet. Diese Weine sind als Heurige und zum Verschnitt ausgezeichnet zu verwenden. Als alte Weine (Lagerweine) sind sie nicht zu empfehlen.
Im Frühjahr und im Sommer hat nun der Hauer schwere Arbeit zu leisten. Ackerbau, Viehzucht,
Weinbau liegen ja doch in einer Hand! Oft heißt es da von 4 Uhr früh bis 9 Uhr abends fleißig arbeiten. Liegen doch die nächsten Weingärten ¾, die weitesten 2 bis 2 ½ Stunden vom Ort entfernt. Die Arbeit für den Hauer beginnt im April. Sie beginnt mit dem “Gruben”. Da werden die alten Stöcke ausgehöhlt, von je 2 Stöcken die Reben hineingelegt, das Ganze zugedeckt, 1 bis 2 Triebe läßt man herausschauen. Es ist dies eine Art Verjüngung. Die Stöcke, welche im Oktober angehäufelt wurden, werden nun von den (Erd)Häufchen befreit (“Ausräumen”). Dann wird der Stock auf 6 bis 7 Augen geschnitten. Das “Keilhauen”, welches die nächste Arbeit darstellt, besteht im einfachen Lockern des Bodens und im Entfernen der höheren Wurzeln. In den Monaten Mai und Juni beginnt der Hauer mit dem “Jäten”. Es besteht im Entfernen gewisser Reben, daß der Stock mehr am Boden bleibt. Dann folgt das “Steckenschlagen”, das “Binden”, das “Spritzen”, das “Hauen”.
Obstbau
Tabakbau
Ab zirka 1570 baute man in Österreich für Heilzwecke Tabak an. Verschiedene Adelige, darunter auch Balthasar Graf Starhemberg, einige Jahre lang Besitzer des Freihofes Kollersdorf, begannen um 1650 mit dem Anbau von Tabak, der ja aus Übersee zu uns gekommen ist. Um 1680 erließen die Landstände ein Tabakanbauverbot, der einen Aufschwung des Tabakanbaus verhinderte. Erst die Gründung der 1. Tabakfabrik Hainburg im Jahre 1722 brachte kurzfristig eine Verbesserung. Seit 1946 verbreitete sich der Tabakanbau auch im östlichen Niederösterreich. Aufgrund einer Aktion der Österreichischen Tabakregie waren in den 1960er Jahren 20 ar Anbau pro Person steuerfrei.
In den 1960er-Jahren wurde in Neustift von der Familie Hoffmann - Nowotny Tabak angebaut.
Die Tabakpflanzen wurden im Mai, sobald kein Spätfrost mehr zu erwarten war gesetzt, und mussten wegen des „Blauschimmels“ (einer Pilzerkrankung) bis zu 2 mal die Woche mit Fungizid gespritzt werden. Sobald die Blüten austrieben, wurden diese wegen der besseren Blattproduktion abgeschnitten. Im Spätsommer wurden die „reifen“ Blätter von unten nach oben gepflückt, auf Schnüre gefädelt und in der Scheune oder auf dem Dachboden getrocknet. Zum Teil wurden auch die ganzen Stämme mit den Blättern aufgespießt.
Ab November wurden die getrockneten Tabakblätter abgenommen, zu Büscheln gebunden und zu Ballen gepreßt. Die Ballen lieferte man in die Tabakfabriken nach Krems bzw. Hainburg.
Safran
"Saffran gärten sindt bey der Undersuchung ao 1697 gefunden worden 6, welche ao 1702 schon auf 15 sich vermehret. Von solchen wirdt der Zehent, von denen so in Und. Stokhstaller Freyheiten stehen, verweigert."[vii]
"Vor wenigen Jahrhunderten standen bei uns Safrangärten in Pflege. Heute ist kein Garten mehr vorhanden. Die Ursache des Aufgebens dieses Erwerbszweiges dürfte in der Billigkeit des französischen Safrans gelegen sein, ferner in dem Auftreten chemischer Färbemittel. Man spricht aber auch davon, daß die Witterungsverhältnisse dem Safran seit vielen Jahren nicht mehr zuträglich gewesen sein sollen. ... Die (Dorf-)Lacken haben zur Zeit des Safranbaues dazu gedient, die Zwiebeln des Safrans zu reinigen."[viii]
1817 In den "Topographischen Tabellen" (siehe S. 80) und von Schweickhardt wird der Neustifter Safran gerühmt.
1896 Die Nr. 217 der Zeitung "Reichspost" vom 3. September bringt in einem Artikel über den Safranbau: "Als Curiosum sei auch bemerkt, daß zu Neustift im Felde die Predigt am Sebastianstage in der dortigen Filialkirche die Safranpredigt heißt, weil der Cooperator von Kirchberg am Wagram in früherer Zeit dafür mit 2 Loth Safran bedacht wurde."
Der Preis von 1 alten Loth (=17,5 g) betrug laut diesem Artikel 2 Gulden. Viele Bauern verkauften nicht an Zwischenhändler, sonder brachten den Safran zum Simonimarkt in Krems, wo "der Preis gemacht" wurde.[ix]
Im Franziszeischen Kataster von 1822 sind in der Neustifter Freiheit etwa 120 Safrangärten eingezeichnet.
Hanfbau
Die Hanffaser benötigte man für die Seilerware, aber auch zur Papierherstellung. Erst die Sisalfaser löste den Hanf ab, der neuerlich wieder als Anbaufrucht für Dämmstoffe interessant wird.
Krappbau
Viehzucht
Viehhirt – Halter - "Bubulcus"
1817 hat Neustift an Viehstand: 43 Pferde, 4 Zugochsen, 110 Rinder, 274 Schafe, 5 Ziegen, 4 Zuchtschweine. [xiii]
1949 An Großvieh werden 57 Pferde und 230 Rinder gehalten.[xiv]
Mit der Viehzucht eng verbunden ist der Viehhirt, der im 19. Jhdt. zum Halter wurde. Die Viehweide für Neustift befand sich größtenteils in der Flur Altendorf "auf der Woad" und "Stierwiese", die Roßweide nordwestlich des Dorfes auf der "Roßwoad". Solange es die Dreifelderwirtschaft gab, wurden vornehmlich die Schafe auch auf die jeweiligen Brachfelder zur Weide getrieben.
Der Viehirt holte täglich das Vieh bei den Bauernhäusern ab und trieb es über die "Viehtrifft" auf die Weide. Während des Tages beaufsichtigte der Hirt das Vieh und abends lieferte er es wieder an den Höfen ab. Die Tiere verließen in der Regel die Herde beim Vorbeiziehen an "ihrem Hof" selbstständig und gingen in ihren Stall.
"1678 Gmain zue Neustüfft, von einer Aw (Au) das Erlach genandt, ist 8 Joch groß und Weith.
In Neustift lebte der Halter im gemeindeeigenen "Halterhaus" Nr. 60, wo auch die Stallungen für den "Gemeindestier" und "Gemeindeeber" waren. Westlich davon lag die "Halterwiese" und der "Halterstadel".
Im 19. Jh., besonders nach der Gründung der Milchgenossenschaft stellten die Bauern auf Stall-Anbindehaltung um, die Weiden wurden aufgelassen.
Der Halter trat in den Vordergrund. Er schloß in der Regel zu Martini einen Dienstvertrag mit der Gemeinde ab und hatte einen "Saubären" (Eber) zur Bedeckung der Zuchtsauen sowie einen Stier für die Kühe zu halten. Er war aber auch der "Tierarzt" des Dorfes bei kleineren Problemen mit den Tieren, Helfer bei der Geburt von Kälbern -"Kaiblziehen" und Kastration der Ferkel – Ferkelschneiden". Später, als es keinen Fleischhacker mehr im Dorf gab, besorgte er das Schweineschlachten unter Mithilfe der Bauernfamilie.
Jeder Bauer hatte pro Joch 3 Garben Getreide (nach Gemeinde verschieden) für den Halter ans Ackerende zu legen, die sich der Halter einsammeln durfte. Waren dem Halter die Garben zu klein, so hatte er das Recht, sich diese von den ersten drei "Mandeln" feldeinwärts gegen dort allenfalls vorhandene größere Garben austauschen.
Über die Entlohnung des Halters in Stratzdorf 1926: "Man hatte von der Genossenschaft ein kleines Haus, 2 Joch Grund und längs der Wege Grasstreifen für Futter, für den Stier welcher der Gemeindegehörte 1 Joch Wiese. Als Gehalt bekam man für den Belag einer Kuh 1 Schilling, 1 Laib Brot und für den Stier ¼ Metzen (= ca. 15 l) Hafer. Für das "Kaibelziehen" (Geburtshilfe )1 Schilling bar. Zur Erntezeit legten die Bauern pro Joch 3 Garben an den Rand des Ackers, welche sich der "Halter" heimführen konnte, damit er für den Stier die nötige Einstreu hatte. Das Körndel gehörte zum Leben. Der Roggen für‘s Brot, Gerste für ein Schwein, der Hafer für den Stier."[xvii]
- Dem Viehhirten wird aufgetragen, seine Arbeit im Viehstande pünktlich und gewissenhaft zu machen.
- Ein ruhiges Benehmen gegen jede Partei und weiters über keine Partei in anderen Häusern etwas auszusprechen.
3. Die Feldwege sind zu entwässern und die größeren Löcher wenn möglich, mit Erde auszufüllen. - Die Felder sind in Aufsicht zu halten und jeder Diebstahl ist beim Bürgermeister anzumelden.
- Einen Zuchteber muss sich der Viehhirt selbst beschaffen, wird aber von der Gemeinde bedungen, für schöne Rasse und in gutem Zustand zu halten.
- Der Gemeindestier muss, soweit das möglich ist, gut erhalten werden, damit er sprungfähig ist.
- Der Viehhirt muss jeden Fleischhauer und Nutzviehkäufer verständigen, wo was feilgeboten wird.
- Sollte eine Partei einen tierärztlichen Nachweis bringen, dass durch Verschulden des Viehhirten ein Schaden entsteht, hat er denselben zu leisten.
- Der Viehhirt ist verpflichtet, täglich früh zum Gebet, um 11 Uhr und 12 Uhr, das Abendgebet, außerdem an Feiertagen um 9 Uhr und auch bei Versehgängen und Leichen zu läuten.
- Der Viehhirt hat die Rinder, wenn es von den Parteien verlangt wird, zum Stier zu treiben.
- Der Viehhirt erhält von der Gemeinde eine Dienstwohnung mit Scheune und Gemüsegarten.
- Ferner pro Joch Körnerfrucht 2 entsprechende Garben.
- Für jedes Rind, das vom Stier belegt wird, ist ein Viertel Metzen Korn zu entrichten.
- Für jedes Schwein, welches vom Zuchteber belegt wird, sind 6 kg Frucht zu entrichten.
- Sämtliche Äcker, Wiesen und Grasteile, welche der Viehhirt bis jetzt benützte, werden dem Nachfolger auch so übergeben.
- Sollten aber zu schlechte Garben oder zu kleine ausgelegt werden, hat der Viehhirt das Recht, bis zum 3ten Mandl zu gehen, um selbe umzutauschen, womöglich unter Zeugen jeder Partei.
- Für Ferkelschneiden pro Stück sind 20 Groschen zu zahlen.“
7.1.1953: "Festsetzung der Dienst- und Sachbezüge des Viehhirten:
- Aufzählung verschiedener kleinerer Ackerteile mit Bewertung in ÖS..; Weiters:
m. Von ausgelegten Garben (4000 Stück), ca. 1000 kg Korn, ca. 2.000,-- S - Pro Kuh 12 kg Korn (ca. 100 Stück), 1200 kg = ca. 2.400,-- So. Wohnung: 900,-- S
- Dazu kommt das Einkommen, das aus der Haltung des Ebers entsteht, ferner die Leistungen des Viehhalters für diverse Dienstleistungen wie Ferkelschneiden, Kälberziehen usw.“[xviii]
- [i] Ludwig Marzani Schulchronik 1 Teil Heimatskunde
- [ii] Adalbert Hirsch d.J., Schulchronik 2 Teil Geschichte
- [iii] http://www.ruebenbauern.at/zuckerruebenanbau/#O234 abgerufen am 23.März 2017
- [iv] Rudolf Koriska Pfarrgedenkbuch Kirchberg
- [v] Adalbert Hirsch d.J. Schulchronik 2 Teil Geschichte
- [vi] Dr. Phil. M.Kronfeld - Blätter für Landeskunde von NÖ 26. Jg. 1892, S.69 bis 75
- [vii] Beschreibung aller Stückh-Zehent und Gülden des Hochfürstlichen Passauischen Casten- Ambts Stain, Bay. HstA. München, Sign. HL-528 Hochstift Passau- Buch – Auszug, recherchiert von Hr. Ludwig Leuthner, Transkription A. Nowotny
- [viii] Adalbert Hirsch d. J. Schulchronik 2 Teil Geschichte
- [ix] ANNO, Kremser Volksblatt, 1896-02-23, Seite 2 (onb.ac.at)
- [x] wie VII
- [xi] Das Landwirtschaftliche Casino ist im Kapitel Öffentliche Gebäude näher beschrieben.
- [xii] Adalbert Hirsch d.J. Schulchronik 2 Teil Geschichte
- [xiii] NÖLA "Topographische Tabellen 1817"
- [xiv] Heimatkalender des Tullner Bezirkes 1949, NÖ Landesbibiliothek
- [xv] AT-OeStA/HHStA SB HA Grafenegg Handschriften 253 – Winkelberg, GB., 1688 -1712, fol 277
- [xvi] Überländ-Grundbuch zu Georgi II der Herrschaft Winkelberg fol 672
- [xvii] Amelie Hoffmann, geb. Nowotny, Neustift
- [xviii] Maria Knapp https://www.hf-kirchberg.at/berufe-von-frueher/viehhirt
- [xix] Pfarrmatriken Kirchberg, Tomus 2-01, 2-02, 3-03, 3-07, 2-07
- [xx] Maria Knapp https://www.hf-kirchberg.at/berufe-von-frueher/viehhirt
- [xxi] Pfarrmatriken Kirchberg Tomus 2-09
- [xxii] Maria Knapp https://www.hf-kirchberg.at/berufe-von-frueher/viehhirt
- [xxiii] Pfarrmatriken Kirchberg Tomus 2-12, 2-13
- [xxiv] Adalbert Hirsch d.J. Schulchronik 2
- [xxv] Maria Knapp https://www.hf-kirchberg.at/berufe-von-frueher/viehhirt