.. Einige Wochen hierauf ward der ganze österreichische Kaiserstaat am politischen Himmel mit einem furchtbaren verheerenden Gewitter überzogen. Zwar gab es viele Mängel und Mißständniße von Seite der Bureaukratie, welche besonders unter Fürst Metternich sein goldenes Zeitalter erreichte. Auch von dem Landmanne hörte man häufige Klagen wegen beynahe jährlicher Steigerung der Robothgelder und anderer Leistungen, welche einige Dominien schon hie und da aufs Höchste getrieben hatten, und so bey vielen Unterthanen eine gerechte Unzufriedenheit veranlaßten. Gleichfalls waren auch die zu hohen Taxen bey den Laudemien und Montuarien ein verzehrendes Gebrechen für den Unterthanen. Rücksichtlich des Zehentes jedoch, welcher wohl auch in manchen Gegenden mit unbarmherziger Strenge genommen wurde, hörte man nicht so häufig Klagen, im Gegentheile vernahm ich selbst aus dem Munde so mancher Wirtschaftsbesitzer, sie könnten sich über die Zehentabgaben eben nicht beschweren, wenn nur die übrigen Lasten hinweggenommen oder erleichtert würden. In den meisten zum Kaiserstaat gehörigen Provinzen war aber der Aristokratendruck bedeutend größer.- So ist der Stand der Dinge gewesen bis zu dem ewig unvergeßlichen Tag des 13.März 1848. Dieser Tag, an welchem die Landstände mit Fürst Metternich im Landhause zu Wien zusammen zu tretten und Sitzungen zu halten beschlossen, war von der Mehrzahl der Bürger Wiens vorbestimmt, um in vereinten Scharen zu dem Landhause zu ziehen, und durch die versammelten Landstände ihre Petitionen bey seiner Majestät dem Kaiser Ferdinand I. um Änderung des Regierungssystemes, um Freyheit von Druck, schon allzusehr schmerzenden Drucke der Lasten für Bürger und Landmann einzureichen, in dieser Absicht schloß sich die Bürgerschaft Wiens an die sehr zahlreiche Aula an und zog diese an den Sitze wirklich am 13.März Morgens um 8 Uhr von der Universität aus zum Landhause, reichte ihre Petition ein und da Fürst Metternich und die Landstände dieser nicht alsogleich ein geneigtes Gehör schenkten, loderte die Revolution in allen Gemüthern, wie ein heftiger Sturm auf und mit genauester Noth entkamen Fürst Metternich und die Landstände lebensgefährlichen Gewaltthätigkeiten. Im Sitzungssaale selbst wurden Möbel zertrümmert, Fensterstäbe herausgerissen, die versammelte Menge, die Aula an der Spitze drang an den Josefs- und Burgplatz, man reichte direkt die Petitionen bey dem Kaiser selbst ein, mittlerweile zog Militär auf, doch nur jene Compagnien, welche Prinz Albrecht commandierte, kammen in thätlichen Conflict mit der Civilmasse, jener ließ Feuer geben, wodurch 13 Judikidiere der Aula als Opfer fielen. Dieses Feuer wurde jedoch, weil Alles zu höchster Wuth sich gesteigert hätte, bald eingestellt; Prinz Albrecht mußte mit den grellsten Beschimfungen und Flüchen beladen, ja sogar unter Stockstreichen abziehen. Hierauf trat wieder Ruhe ein in der Stadt. Jedoch in einigen Vorstädten erlaubte sich der Pöbel die gräßlichsten Excesse. Fabriken wurden niedergerissen, die Maschinen, wie im Rausche zertrümmert, das Mauthaus bey der Mariahülfer Linie in Brand gesteckt, und ein Finanzwächter lebend und gebunden in das Feuer geworfen.
Doch, da am nägsten Tage schon von Sr. Majestät dem Kaiser die Errichtung und Bewaffnung einer Nationalgarde bewilligt wurde, so gelang es diese mit Gewehr und Waffen aus dem Zeughause zu versehen, den Gräueln Einhalt zu thun. - Der 14. und 15. März brachten von Sr. Majestät dem Kaiser die Zusage der Pressefreyheit und einer freyen Constitution, welche letztere auch am 25. April durch das Erscheinen der Verfassungsurkunde auf das getreueste und glänzendstee bestäthiget wurde.
Inzwischen entfalteten sich die bösen Elemente, welche unter der anfänglich wohlmeinenden Revolutionsparthey sich verborgen gehalten hatten; es tratten nun die Umsturzmänner aller Ordnung und des Staates selbst, die sich als reißende Wölfe in Schafsfellen gekleidet unter die Gutgesinnten mischten und viele aus diesen verführten, mit offener Stirne hervor.
Mit dem schönen Geschenke des Monarchen mit der Preßfreyheit wurde der schändlichste Mißbrauch getrieben, der Militär, Beamten und Clerikal Stand furchtbar herrabgerissen, besonders Pabst Pius IX. als eine Scheinheiligkeit in den Blättern beschrieben, beschimpft, als Urheber der Revolution allenthalben ausgeschrien, dem der Fluch des Volkes folgen solle, von dem man sich, wie überhaupt vom päbstlichen Stuhle gänzlich lostrennen müsse, welches durch Flug- und Schandblätter publizirt von dem Pöbel mit blindem Hasse und Erbitterung nachgeplappert wurde. Das Heiligthum selbst die Religion wurde als lächerlich und fabelhaft dargestellt und in den Staub herabgezogen, Schandthaten über den Clerus erdichtet und in den grellsten Zügen und Schmähungen durch die Masse verbreitet. Katzenmusiker waren in Wien, Stadt sowohl als Vorstädten an der Tagesordnung, welche Demonstration sehr viele sowohl weltlichen als geistlichen Standes gebracht wurden; Unordnung aller Ort und Verwirrungen wuchsen mit jedem Tage auf eine schauerliche Weise und bis 25.April 1848 waren wir schon gesunken bis zu einer völligen Anarchie. Die radikalen Umsturzmänner beorderten ihre Emissionäre nun auch allenthalben unter das Landvolk von Ort zu Ort, welches man blendete und irrleitete mit der Vorspiegelung, es handle sich bloß wegen Roboth und Zehent um gänzliche Freyheit des Landmannes. Hierdurch wurde das Landvolk fast durchgehend für die Revolutionsparthey gewonnen, daher auch die von diesen ausgestreuten Lügen und Schmähungen, wenn sie auch handgreiflichst waren, von jenem als baare Münze angenommen wurde, alles wurde geglaubt, nur die Wahrheit nicht, und so ward nun die Verwirrung allgemein.--- Noch mehr wurden die Staatsverhältnissse zerrüttet, da sich die Städte Mailand und Venedig erhoben mit dem Losungsworte: Die Herrschaft Österreichs für immer zu zertrümmern und ein freyes unabhängiges Italien herzustellen.---
Die Gefahr der Auflösung des österreichischen Kaiserstaates drohte rundum desto mehr, da Ungarn sich ein eigenes Ministerium creierte, kein Contigent an Militär für den italienischen Krieg lieferte, im Gegentheil die ungarischen Regimenter zurückzog, sich auch zur Übernahme eines Theiles der Staatsschuld /:1000 Millionen:/ nicht verstehen wollte und nach einigen Monathen, da es sich gleich von den Märztagen an schroff, kalt und undankbar gegen Österreich benommen hatte, sich gänzlich von Österreich unter dem Agitator Kossuth lostrennte.
Am 15. März schien halb Europa den Ausbrüchen vulkanischer Höhnungen und Schreibnissen preisgegeben: in Wien erzwingt am selben Tage von 3 Uhr nachmittags bis 11 Uhr Nachts bei Sr. Majestät dem Kaiser die Umsturzpartey mit Sturmpetition durch die bewaffnete Studentenschaft, damahls genannt Studentenlegion, und deren Brüdern und Schwestern, den Arbeitern ( 10.000 deren an der Zahl) gleichfalls nach ihrer Art mit Krampen etc., gut bewaffnet, Abänderung der vom Kaiser Ferdinand I. gegebenen und am 25.April proklamierten Verfassungsurkunde lautend auf ein Zweykammersystem und die Zusage einer Verfassungsurkunde für Einkammersystem nebst noch anderen Zugeständnissen.
Am Abend des 17.May verläßt der Kaiser heimlich Wien und flüchtet in aller Eile mit den kaiserlichen Familiengliedern und einigen Vertrauten nach Innsbruck, wo bald darauf Deputationen von allen Ländern eintreffen, um ihn zur Rückkehr, jedoch lange vergeblich, zu bewegen.-
Am 18.May ward der deutsche Reichstag zu Frankfurt am Main eröffnet, wohin auch österreichische Reputierte abgesantd wurden.-
Am 26.May ward Wien der radikalen Revolutionsparthey preisgegeben, welche unter dem schwankenden Minister des Inneren nach Belieben schaltete; jener nämlich fürchtete nach der Flucht des Kaisers das Anrücken des Fürsten Windischgrätz von Prag mit Truppen zur Belagerung Wiens, und da man an diesem Tage von weiter Ferne her Kanonendonner vernahm, so ward man in dieser Vermuthung bestärkt, während eigentlich ungarische Studenten und Revolutions-Emissäre, wie auch die ersteren waren, auf einem Dampfschiffe von Preßburg nach Wien unter Kanonendonner abfuhren. In Wien tratten nun Studenten, Bürger, Nationalgarde unter die Waffen, riefen 20.000 Arbeiter zur Mithülfe auf, verbarrikadierten die ganze Stadt, insbesondere die Universität, welche man des Morgens auf unkluge Weise zu sperren und die akademische Legion zu entwaffnen beschloß, wiesen alles Militär aus der Stadt und läuteten wiederholt die Sturmglocken, als sollte jetzt und jetzt ein mörderischer Kampf beginnen. Doch diese finsteren Wolken des Schreckens lichteten sich schon am zweyten Tage, indem der vermeintliche Feind ein Hirngespinst war, und machte die Barrikaden verschwinden. Aber dieser Rummel blieb nicht ohne traurige Folgen: Viele hundert reiche Familien verließen Wien mit Sack und Pack; der schon gesunkene Kredit sank noch tiefer, Handel und Wandel ward fast allgemein zerstört; an der Seite des ohnmächtig gewordenen Ministeriums bildete sich ein Ausschuß von Bürgern, Nationalgarden und Studenten - der sogenannte Sicherheitsausschuß, und faßte die Zügel der Regierung, welche aber nur Sicherheit gewährte der radikalen Revolutionsparthey und ihren Anhange.-
Bey diesen Vorgängen wurden in Wien so manche Häuser mit der Aufschrift "National-Eigenthum" bezeichnet, wie dieses auch an dem Gebäude der Redemptorisen zu Wien Kammer Eggenburg, welche Kongregationen nothgedrungen schon im März ihre Versammlungen verlassen mußten, alsbald bey ihrer gewaltthätigen Verbreitung geschah; ferner sind auf den Barrikaden von der ehrsamen Studentenlegion, worunter auch Schneider- Maurer- und aus jedem Handwerke Gesellen eingereiht wurden, überdieß auch Menschen, die niemand Ehrlicher in Condition haben wollte, mit ungescheuter Unverschämtheit mit den verworfensten geilsten Dienern die frechsten Umtriebe geschehen; von den Barrikaden aus wurde, wie die Barrikaden-Urheber schrieben, die Wissenschaften und Sitten besser gelehrt, als wie in der Schule. Hierauf zeigten sich auch als bald bey dem Landvolke die Folgen der durch die Revolutions-Emissäre herbeygeführten Gesinnungen auch durch die That. Obgleich Se. Majestät der Kaiser schon in den Märztagen segenlichst das Wort gegeben hatte, Zehent- und Roboth sey mit Eingang des Jahres 1849 für immerwährende Zeiten aufgehoben, und diese nur für das Jahr 1848 zu entrichten, so wurde doch schon in der Erntezeit des Jahres 1848 eigenmächtig und unter verwegenen Drohungen allgemein der Dominien und Pfarrer, kein Zehent mehr gegeben, kein Roboth entrichtet oder bezahlt, sogar denjenigen gutgesinnten Wirtschaftsmännern gedroht, welche sich zur Entrichtung dieser Giebigkeiten herablassen würden. - Überdieß wurde auch allgemein der boshafteste Jagdfrevel getrieben, indem mit dem Worte Freyheit dem Landvolke zugleich eingeimpft wurde, diese sey ohne Schranken und der Landmann allein der rechtmäßige Herrscher der Jagdbarkeit, daher wurde schon Mitte Sommer das Wildbrett ohne Unterschied, was nur unterkam, auf den Feldern von den meisten Wirtschaftsbesitzern niedergeschossen, man verließ das Seinige und lief der Ungerechtigkeit und zwar so häufig nach, daß man kaum mehr sicher ging auf den Feldwegen, von einem Schuße einer solch unbefugten und linkischen Jägerei getroffen zu werden.- Die rechtmäßigen Jäger überhaupt durften sich ohnehin auf den Felden nicht mehr sehen lassen. In solchen Festen der Unordnungen ermangelte es auch in keiner Gegend an Unglücksfällen zum Theile durch die Ungewandtheit und zu erhitzten Eifer der neueren Wirthschaftsjäger unter sich selbst, zum Theile durch blutige Conflicte mit den rechtmäßigen Jägern.- In diesem Jahr konnte auch im Herbst nirgends eine ordentliche Jagdt vorgenommen werden.- Unordnung, Widersetzlichkeit und Verwirrung allenthalben in den Köpfen und Gemüthern.-
Am 22. Juli 1848 ward der allgemeine Reichstag durch den Erzherzog Johann als Stellvertretter des Kaisers feyerlich in der Reitschule zu Wien eröffnet. Dieser steigerte, indem er sich zur Omnipotenz des Staates zu erheben, zum gänzlichen Umsturze des österreichischen Kaiserstaates entfachte, die Verwirrung auf das Höchste. Dieser /:der Reichstag:/ maßte sich nun alle Gewalt an, ersuchte nicht, sage /:nicht bath:/ sondern forderte den Kaiser zur Rückkehr von Innsbruck nach Wien, entwickelte alle Anzeichen zur Republik, und da Radetzky, der treu ergebene und das Vaterland liebende Feldmarschall, siegreich in Italien den Dank wegen Rettung um das ganze Vaterland verdient und ihm bereits derselbe von allen Gutgesinnten im Herzen, schriftlichen Worten, durch Insignien dargebracht wurde und auch angetragen wurde, der Reichstag wolle eine Dank-Adresse an selben richten: so wurde ein solches Anmuthen an den Reichstag nun von diesem mit Verachtung angenommen und keiner Folge gegeben. - Inzwischen beylegte sich der Reichstag, der alle Souverainität verbannt wissen wollte und dafür öffentlich von Allem sprach, selbst die höchste Souverainität und zeigte offenbar, daß er mit einer weitverzweigten bösen Propaganda in Verbindung stehe.-- Sich stützend auf die anmaßliche Authorität des Reichstages, sage der Linken des Reichstages wurden die Aufgeregten noch mehr erhitzt und bisher Gemäßigten ins Rathlose gezogen. -
Am 12. August 1848 kehrte der Kaiser mittelst Dampfschiffes unter Begleitung zweyer anderer Dampfschiffe auf der Donau von Innsbruck nach Wien zurück und wurde von sämtlicher Bürgerschaft und allen Nationalgardisten mit Ausnahme der Studentenlegion mit dem lautesten Jubel aufgenommen. Nun gab man sich der tatsächlichen Hoffnung hin, es werde wieder die Ordnung auch zurückkehren. Doch leider kaum verflogen vierzehn Tage, so brachte jede Woche, fast jeder Tag neue Krawalle. Die Arbeiter waren schon außerordentlich der Zahl nach angewachsen gegen 20.000 und waren verbündet mit der Studentenlegion und unter der Protection des Reichstages und Gemeinde-Ausschußes.- Am 24. und 25.August, nachdem die Bürgerschaft Wiens einmahl einsehen lernte, es müssten solche Verbindungen zu den gefahrvollsten Meutereyen führen, suchte man die Arbeiter, welche der Staat mit öffentlicher Arbeit beschäftigte und dafür gut bezahlte, die jedoch nicht arbeiten wollten, wurde der Versuch gemacht, jene zu zerstreuen und es kam zwischen den Arbeitern und der dazu beorderten Nationalgarde zu ersten Demonstrationen, wobey viele Arbeiter verwundet wurden, manche todt blieben. Doch dieses alles half nur auf einige Tage.- Im Anfange September ward in Frankfurt das Signal zur blutrothen Revolution gegeben, in der zweyten Hälfte Septembers ward Graf Lambert, welchen Se. Majestät der Kaiser mit Friedensunterhandlungen zu dem ungarischen Ministerium abordnete auf der Österreich /:Erzherzogthum:/ Böhmen, Mähren überhaupt die in den Provinzen in Garnison liegenden disponiblen Militärs zur Belagerung Wiens. Auch Jellacic, Banus von Croatien stand schon am 9. Oktober mit 10.000 Mann Croaten Serben etc. auf der Schwechat, nachdem er sich während der Sommermonathe unter den anstrengendsten Märschen und den mannichfachsten Entbehrungen längst der steyrischen Gränze als Held für Rettung des Vaterlandes heraufgezogen hatte und eben schon im October der österreichischen Gränze sich näherte.-
Wer hätte es in Österreich je denken können, daß es zu solch heillosen Zerrüttungen kommen sollte, wie nun darauf folgten. Der Kaiser wurde wegen seiner Flucht vor dem Pöbel und auch anderem auf dem Lande geschmäht und gelästert, und da Höchstderselbe bey seinem Zuge nach Olmütz ein Manifest erließen, wodurch er alle Landeskinder ermahnte und tröstete, sie möchten sich nun um ihn scharren und den Wühlern kein Gehör geben, und hierin zum drittenmahl schon versicherte, er werde alles gewähren, was bereits bisher ausgesprochen wurde: so ward dennoch jenem Manifeste mit Murren und Mißachtung begegnet, wie ich es mit eigenen Ohren bey hiesiger Affigirtafel am Kirchenplatze nachmittags vor dem Segen hörte: "Der Kaiser kann sagen und drucken lassen was er will, es ist nicht wahr".- Aber jedem Flug /:Fluch:/ Blatte wurde Beyfall geschenkt um so mehr, wenn nur Schmähungen gegen eine gesetzliche Ordnung darin enthalten waren. - Bald waren die gut kaiserlich Gesinnten mit dem Spottnahmen (für uns Ehrnahmen) schwarz gelb gescholten und die Beylegung dieses Titels als schmählicher erachtet, als das größte Verbrechen begangen zu haben. Die Worte "der ist ein Schwarzgelber" galten als die höchste Verachtung.- So z.B.: wurden ich und Schullehrer Lex gewarnt durch einen Ortsrichter aus hiesiger Pfarre uns endlich in Acht zu nehmen (da wir doch ohnedies nicht in öffentlichen Gesellschaften erschienen), denn wir seyen schon als Schwarzgelbe bekannt, sonst könnte es übel ausgehen.- Nun flogen von Wien nach allen Richtungen die Revolutions-Couriere aus, einen Landsturm zu organisieren. Jeder Ort war aufgeforderet, unter Androhung der Einziehung des Eigenthums eines nicht dem Landsturm sich anschließenden Besitzers, sich auf gegebenes Rabetten Zeichen bewaffnet mit Sensen, Heugabeln, Krampen nach Wien zu kommen und Wien gegen das kaiserliche Militär vertheidigen zu helfen. Dabey spiegelte man den Landleuten vor, es handle sich bloß wegen Roboth und Zehent.- Mittlerweile concentrierte sich das Militär immer stärker um Wien, welches endlich ganz eingeschlossen wurde. In der Stadt selbst wurden die stärksten und kunstvollsten Barrikaden gebaut, so auch in den Haupstraßen der Vorstädte gegen die Linien zu. Zu Wien selbst erwartete man auch Hülfe durch ungarisches Militär unter Anführung Kossuths.- Nun wurde auch den Landleuten, welche früher alle Hülfe versprachen, sehr bange, was sie jetzt thun sollten, vom Hause wollte Niemand weggehen, sie ließen es nun bey dem Wünschen und Seufzen, wenn nur die Wiener gewinnen möchten, zum Landsturme wollte sich kein Wirthschaftsmann anschicken. Nun war auch bey Vielen nachher die Besorgniß eingetretten, wenn die WienerBrücke zwischen Pest und Ofen am selben Tage unter dem Mordgeschrey der Menge in einem Wagen erdolcht und dessen Leichnam dann in der Strasse herumgeschleyft und zerrissen. - In Wien selbst fing der Vulkan der Revolution immer drohlicher zu gähren an, und kam zum Ausbruche in der ersten Woche Oktober. Als nämlich der Kriegsminister Graf Latour am 6. Oktober den Befehl erließ, das Grenadier-Regiment Richter solle nach Ungarn abmmarschieren, weigerte sich dieses, da der größte Theil der Mannschaft theils von der Revolutionsparthey schon bestochen und durch hitzige Getränke noch berauscht gemacht wurde, aus der Kaserne abzuziehen, doch gelang es, dasselbe zum Abzuge zu bewegen. An dem Bahnhofe in der Leopoldstadt angelangt, verweigerte es gänzlich den Gehorsam. Viele der zum Abmarsche kommandierenden Offiziere wurden niedergeschossen, man wollte nun durch zwey andere Regimenter zum Abmarsche zu zwingen, allein vergebens. Nun stand und tritt kaiserliches Militär gegen kaiserliches Militär in blutigen Bewegungen, endlich zerstreute sich das Regiment Richter.- Schon besorgte man, es werde das ganze Militär abfallen, so weit hatte es die Revolutionsparthey schon gebracht. Nun erhob noch am selben Tage den 6. Oktober die Revolutionsparthey verbunden mit sehr zahlreichen Proletariate und im Einverständnisse mit der Reichsversammlung ihr blutdürstiges Haupt im Innern der Stadt, und bald wütheten daselbst Brand und Mord. Der greise und verdienstvolle Kriegsminister Graf Latour wurde noch am selben Tage nachmittags durch gedungene Mörder im Gefolge der wüthenden bewaffneten Schar im Hofkriegsgebäude aufgesucht, herausgeführt, mißhandelt, halb erdrosselt mit einem Brecheisen in das Angesicht bis an die Kehle gestoßen und gänzlich mit einem Schlosserhammer erschlagen. Nicht genug, die Wuth war noch nicht ersättiget, der Leichnam wurde an einem Laternenpfahl vor dem Hofkriegsgebäude aufgehängt die Kleider heruntergerissen und der entblößte Leichnam mit Gewehrschüssen noch als eine Zielscheibe und durch Hiebe dermaßen zugerichtet, daß auch nicht ein Fleckchen am selben unbeschädigt geblieben wäre, und das Fleisch von den Gebeinen hing.
Das Zeughaus wurde gleichfalls am selben Nachmittage von der Fraube? mit Kanonen und Gewehrschüssen bestürmt, von der Rückseite in Brand gesteckt, so daß die Vertheidiger endlich weichen mußten.- Am Stephansplatze schossen Nationalgarden gegen Nationalgarden, Die Metropolitankirche mußte solche Gräuelscenen sogar in ihrem inneren Raume schauen indem in derselben selbst blutige Scenen vor gingen. Das gleiche Los wie Latour, war auch der Frau Erzherzogin Sophie, dann dem Justizminister Bach bestimmt und zwar am selben Tage noch. Diese beyden hohen Personen, von der ihnen drohenden Lebensgefahr unterrichtet, retteten sich eilends durch die Flucht aus ihren Wohnungen und hielten sich anderswo in Wien verborgen.- Am 7.Oktober Morgens verließ der Kaiser zum zweytenmahle Wien d.i. begab sich von dem K.K. Lustschlosse Schönbrunn, allwo Se. Majestät seit der Rückkehr von Innsbruck residierte unter Militärbedeckung von 1000 Mann am rechten Donauufer über Herzogenburg und Stein, wo man Ihm die Brücke zur Verhinderung seiner Flucht abbrechen wollte, dann Hadersdorf am Kamp, Maissau u.s.w. nach Olmütz. Schon während der Flucht des Kaisers wurden Befehle erlassen, zur Zusammenziehung des in gewinnen, dann würden sie kommen und an den Treulosen auf dem Lande Rache nehmen.- Gegen 20. Oktober war schon die ganze Armee 100.000 Mannstand zur Belagerung der Residenz um diese vereinigt, Wien von aller Kommunikation abgetrennt und ihre Kasernen unter Leitung der republikanisch gesinnten, Österreich untergrabenden, nach Wegreise vieler Mitglieder noch tagenden Reichsversammlung Preis gegeben. Bisher waren nicht nur tausende, sondern hunderttausende Familien von Wien eilends mit den nothwendigsten Habseligkeiten nach allen Richtungen ausgewandert.- Am 26. Oktober eröffneten die Wiener die Feindseligkeiten gegen das K.K. Militär ohne noch vom Fürsten Windischgrätz, unter dessen Oberkommando die ganze Belagerungs-Armee sich befand, zur Capitulation aufgefordert zu seyn, mit den Geschützen aller Arten.- Erst am 28. October forderte Fürst Windischgrätz die Stadt Wien zur Ergebung auf, welche versprochen, aber noch am selben Nachmittage mit Feindseligkeiten erwidert wurde.- Vom 26. October bis 31. October war täglich Brand in Wien, die Holzgstätten wurden von den Wienern selbst angezündet, so auch die Augustiner Kirche, die Hofbibliothek etc.. Inzwischen wurde Wien von allen Seiten durch das K.K.Militär beschossen, von der Stadt Capitulation anbefohlen und wieder gebrochen und zum dritten mahl gebrochen und auf das Militär unerwartet geschossen, desselben wurde es am 31. October nachmittags von 3 Uhr bis 6 Uhr mit Sturm eingenommen, wobey es freylich an vielen Gebäuden nicht leer abgehen konnte. Alle gutgesinnten Wiener frohlockten, als sie das K.K.Militär innerhalb der Mauern sahen, welches sie schon früher gewünscht hatten, denn die wüthende Revolutionsparthey wäre zum allgemeinen Morde, besonders der Chrislichen und Plünderung geschritten, wenn es nur mehr über die Nacht gedauert hätte.- Nun rückte das Militär ein. Wien blieb im Belagerungszustande erklärt, und nun war alsogleich Ruhe Ordnung und Sicherheit des Lebens und Eigenthums zurückgekehrt, so wie auch wieder alsbald alle Stellen und Behörden in Activität tratten, welche während der Revolution in der zweyten Hälfte des October gänzlich eingestellt war und die Geschäfte bey den bürgerl. Gewerben so wie der Handel in allen Zweigen, welches alles gänzlich stockte , nun wieder begonnen. - Nach einigen Wochen schon rückte der größere Theil der Belagerungsarmee nach Ungarn, und dieses treulos abgefallene Land mit Gewalt der Waffen zum Gehorsam zu zwingen, welches aber im Verlaufe des Winters wegen häufigen Verrathes an der kaiserlichen Armee nicht gelang.
Am 22. November d.J. wurde der Reichstag von Wien nach Kremsier in Mähren berufen und am 2. Dezember legte Kaiser Ferdinand I. seine Krone zurück zu Gunsten seines Neffen Franz Joseph.
Pfarrer Franz Pany schreibt in der Kirchberger Kirchenchronik:
Den 13. 14. 15.März 1848 brach in Wien eine Revolution aus. An der Spitze stand ein Verein demokratisch geführter Männer, welcher der Leiter der studierenden Jugend an der Wiener Universität und der revolutioneren Parthey war. Se Majestät Kaiser Ferdinand I. gab auf Verlangen eine Constitution. Allein selbe entsprach nicht in allen den Wünschen der revolutioneren Parthey, man verlangte mit Sturmpetition nur eine Kammer und vollkomme Preß Freyheit. Bedroht bewilligte der Kaiser alles, floh aber mit der ganzen Kaiserlichen Familie nach Innsbruck. Die einzige Kammer wurde durch indirecte Wahlen einberufen, und tagte Anfangs July in Wien. Die revolutionäre Parthey brachte es durch ihre Emissäre dahin, daß in der Regel die Aristokratie, der Clerus und die Beammten nicht in den Reichstag gewählt wurden. Während dieser Zeit brach in Ungarn unter Anführung des Advokaten Kossuth die Revolution aus. Ungarn wollte sich als ein selbstständiges Reich constituieren. Allein Kroatien, Slavonien mit der Militärgrenze und Siebenbürgen unter Anführung des Banus von Kroatien Jellacich erklärten dem Kaiser von Österreich treu zu bleiben, wollten nicht mehr unter der Tyranney der Magyaren stehen und zogen aus, die rebellischen Magyaren zu bekämpfen. Durch viele Deputationen von Wien aus wurde endlich Kaiser Ferdinand I. bewogen, da man ihm vorstellte, daß Wien ganz ruhig sey, wieder nach Wien, und zwar nach Schönbrunn zu gehen. Aber schon am 6. October brach in Wien wieder die Revolution aus, bewerkstelligt durch ungarisches, kossuthisches Geld. So wie früher Graf Lamberg der vom Kaiser nach Ungarn als Pacificator gesandt wurde, in Pest grausam ermordet wurde, so wurde Latour, ein sehr braver, energischer Mann, grausam ermordet und verstümmelt an einem Laternenpfahl aufgehangen. Das bewog den Kaiser unter bedeutender Militärmacht über Siegharts Kirchen Herzogenburg, Hadersdorf, Eggenburg bis nach Olmütz zu ziehen, auf welcher Reise er immer in geistlichen Häusern sein Abstieg=Quartier nahm.
In dieser Zeit herrschte nun ein großer Terrorismus der republikanischen und demokratischen Parthey sowohl auf dem Lande, als besonders in Wien. Jeden Augenblick mußten die conservativ oder Kaiserlich Gesinnten einer Katzenmusik, oder Gefährdung ihres Eigenthums oder Lebens gewärtig seyn.
Unterdessen zog der Banus von Kroatien Jellacich mit einer bedeutenden Kriegsmacht von Ungarn herauf vor die rebellische Stadt Wien. Fürst Windischgrätz kam mit einer bedeutenden Heeresmacht von Böhmen heraus, beyde umschlossen die Stadt, und nach vergeblichen Aufforderungen zur Übergabe wurde endlich Wien den 30. und 31. October mit Sturm genohmen, wobey bedeutender Schaden an Gebäuden angerichtet wurde, und vieler Menschen Leben verlohren ging. Wien wurde nun in Belagerungszustand erklärt und der Reichstag, dessen Rumpf sich bey der Wiener Revolution sehr compromittirt hatte, nach Kremsier einberuffen. Allein da selber seiner Aufgabe, dem Reich seine Constitution zu geben, nicht gewachsen war, so wurde er, nachdem von Sr Majestät Ferdinand I. unterm 2. Dezember 1848 die Krone an seinen Neffen Franz Joseph, mit Verzichtleistung dessen Vaters Franz auf die Krone, abgetretten hatte, von dem jetzigen Kaiser Franz Joseph I. unterm 4. März 1849 unter dem Jubel des Volkes aufgelöst, und eine neue Constitution unterm 4. März 1849 aus eigener Macht von Sr Majestät dem Kaiser herausgegeben, worüber in Wien am 11ten und auf dem Lande am 18. März 1849 in allen Kirchen ein Te Deum mit Hochamt abgehalten wurde.
April 2012, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp