Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
Die Geschichte der antijüdischen Ressentiments ist mehr als 2000 Jahre alt. Bereits die Griechen, Perser und Römer unternahmen Versuche, die jüdische Religion zu vernichten und deren Gläubige zu bekehren oder zu töten.
Quelle und weitere Informationen siehe hier.
 
Über die Jahrhunderte hinweg wurden die Juden immer wieder aus den verschiedensten Gründen angefeindet und verfolgt. Als Antisemitismus werden heute alle Formen von Judenhass, pauschaler Judenfeindschaft,  Judenfeindlichkeit  oder  Judenverfolgung  bezeichnet. Der Ausdruck wurde 1879 von deutschsprachigen, feindlich gegenüber  Juden  eingestellten Personen im Umfeld des Journalisten Wilhelm Marr geprägt und entwickelte sich seit dem  Holocaust zum Oberbegriff für alle Einstellungen und Verhaltensweisen, die Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund ihrer angenommenen oder realen Zugehörigkeit zu „den Juden“ negative Eigenschaften unterstellen.
Quelle und weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus 
 
Im „Handbuch für Ortsrichter“ (Thomas Hofer, 1840, St. Pölten) sind die strengen Auflagen verzeichnet, denen sich Juden in Niederösterreich unterwerfen mussten.
Juden ist der Aufenthalt im Lande unter der Enns, ohne höherer Bewilligung nicht gestattet, so daß jeder auf dem Lande sich unbefugt aufhaltende, oder im Hausierhandel betretene Jude der Ortsobrigkeit anzuzeigen ist.
Juden ist das Hausieren, das ist, Waaren von Haus zu Haus anbiethen, in der Stadt Wien und auf dem Lande in Niederösterreich, verboten.
Juden, welche mit ordentlichen Pässen versehen sind, ist der Ankauf roher Produkte auf dem Lande nicht verbothen. Von dem Handel mit Viktualien und Getreide sind sie jedoch ausgeschlossen.
Auf herumziehende Juden ist strenge Aufsicht zu pflegen.
Juden ist in Niederösterreich gestattet, die Jahrmärkte mit erlaubten Waaren zu besuchen, wenn sie mit ordentlichen Pässen versehen sind, jedoch ist ihnen aller Hausier- und Trödelhandel verbothen. Zur Besuchung der Kirchweihfestes und dießfälligen Märkte sind sie nicht berechtiget. 
 
In der Folge finden sich judenfeindliche Zeitungsartikel und Chronikeinträge ab dem Jahr 1889, den Raum um Kirchberg am Wagram betreffend. 
 
Jüdische Zudringlichkeit.
Die jüdische Bescheidenheit ward noch niemals gelobt. Kirchberg am Wagram besitzt seit kurzem einen neuen Schächter. Dieser sammelte am 2. Mai nachmittags die edlen Jünglinge des Stammes Juda und ertheilte ihnen in dem Lehrzimmer des Herrn Oberlehrers, das ihm dieser eingeräumt hatte, Unterricht. Der Ortschulrath erfuhr davon, er begab sich zum Obmanne desselben, der von diesem Vorfalle nichts wußte. Letzterer hätte allerdings über Ansuchen des Schächters die Erlaubnis gegeben, alle übrigen Mitglieder des Ortsschulrathes waren jedoch gegen die Benützung. Man fragt sich: Wozu haben denn die Juden ihr Bethaus, wenn sie schon ihrem Kindern Unterricht ertheilen wollen, wenn sie schon ihren Jünglingen speziellen (koscheren?) Unterricht geben wollen, so mögen sie dieses benützen.
(St. Pöltner Bote vom 16.5.1889) 
 
Jüdische Frechheit.
Ein Jude ist hier Rasirer. Er konnte aber keinen Heimatschein erbringen. Nachdem ihm keine der umliegenden Gemeinden die Zuständigkeit ertheilt, muß er den „Binkel“ schnüren. Doch das wäre es nicht, was schreibenswerth ist, sondern seine Frechheit: „werd ich hersetzen einen anderen Juden“ – das war der Segensspruch dieses russischen Flüchtlings über Kirchberg. Kirchberg hat nämlich noch viel zuwenig Juden, um den Segen dieses Volksstammes in seiner Fülle zu genießen.
(Kremser Zeitung vom 1.6.1889) 

Oberstockstall. (Nur keine Juden.)
Unsere Gemeinde hätte die schönste Gelegenheit, reich zu werden. Dem vom Bürgermeister zusammengerufenen Ausschusse wurde nämlich ein Bittgesuch von 40 Judenfamilien aus Floridsdorf vorgelesen, worin diese um Aufnahme in den Gemeindeverband ersuchen. Sie wären zu bedeutenden Opfern bereit gewesen. Nachdem aber Oberstockstall jetzt bereits seine Zuvorkommenheit gegen die Juden büßen muß, wurde das Gesuch abschlägig beschieden. Es wird nämlich eine Straße von Kirchberg über Oberstockstall nach Ruppersthal gebaut. Vor 3 Jahren verkaufte aber die Gemeinde den Juden einen Platz für einen Friedhof. Jetzt muß wegen dieses Friedhofes die Straße steiler und mit größeren Unkosten gebaut werden, weil der Judenfriedhof im Wege ist.
(Kremser Zeitung vom 1.6.1889) 

Wo ein Aas ist, da gibt’s Adler, sagt das Sprichwort. – Nachdem die Juden hier Tempel, Schule, Friedhof haben, was Wunder, wenn der jüdische Advokat sich auch einnistet. Kirchberg mit seinen 50 und etlichen Nummern hat denn das Glück, zwei Advokaten zu haben. Der Juden-Advokat wird keineswegs gegen seinen Nebenbuhler unterliegen, dafür wird schon die Prozeßsucht mancher Hauer sorgen; - aber man schimpfe dann nicht über Steuer und Schulumlagen, nachdem dies Entgegenkommen gegen Juden viel theurer zu stehen kommt.
(Kremser Zeitung vom 3.8.1889) 

Oberstockstall.
Der Herr Pfarrer Eichhorn muß den Juden doch ordentlich im Magen liegen. Da kam vorigen Sonntag der Rabbiner von Kirchberg zu dem hiesigen Drechsler-Meister Krisch, um Bestellungen zu machen. Während des Gespräches kam der Rabbiner zur Frage, ob der Meister Krisch den Pfarrer Eichhorn kenne? Auf die bejahende Antwort ging das Schimpfen los: Es sei nur Einiges erwähnt. Der Jude wußte zu erzählen, Eichhorn sei vom „Minister Gautsch“ „strafweise“ von einer Pfarre mit 17.000 Seelen auf die arme Pfarre Höflein mit 700 Einwohnern versetzt worden, ferner Eichhorn hätte zwei Bittgesuche an das Ministerium gerichtet, um in Floridsdorf verbleiben zu dürfen, wurde jedoch abgewiesen, und endlich, daß er, wenn er seine antisemitische Gesinnung nicht ändert, vom Priesterstande durch das Ministerium enthoben wird. – So lügt ein Juden-Rabbiner über einen katholischen Priester, während es aller Welt bekannt ist, daß Eichhorn freiwillig – um mehr Zeit für seine, den Juden allerdings sehr zuwidere soziale Thätigkeit zu gewinnen – auf seine frühere Pfarre verzichtete. Was übrigens der „Minister“ mit einem Geistlichen alles thun kann, das wußten wir – nebenbei gesagt – noch gar nicht. Das Schönste ist, daß Herr Krisch ein Schwager des Pfarrers Eichhorn ist, was dem Rabbiner nicht bekannt zu sein scheint.
(Kremser Zeitung vom 21.9.1889)
Lesen Sie dazu auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Eichhorn_(Politiker,_1853)
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_von_Vogelsang  

Bekanntlich hat sich hier ein Advokat, der ein Jude ist, niedergelassen. Seit Monatsfrist ist er schon da und noch immer sieht man seinen Schreiber im Markt sich herumtreiben und diesen und jenen anhalten mit der Bitte, er möge doch gelegentlich zum neuen Advokaten kommen, der wird ihm sehr billig seine Angelegenheiten ordnen. Aber aller Liebe Mühe scheint umsonst zu sein.
Hoffentlich kommen unsere Landleute zur Erkenntnis, daß Prozessiren eine überflüssige und dazu noch sehr kostspiele Sache ist, bei welcher nur der Advokat sich freut.
(Kremser Zeitung vom 12.10.1889) 
 
Ein altes Sprichwort sagt: Wo zwei streiten, hat ein dritter den Nutzen davon. Der Dritte ist in unserm Falle der Buchdrucker. Es ist noch nicht lange her, daß man an allen Ecken und Enden Plakaten begegnete, welche die Wirksamkeit des jüdischen Advokaten allhier ankündigten und jetzt gibt es keine Straßenecke und Bürgermeister-Tafel in der Umgebung, wo nicht Plakate des hiesigen erbgesessenen Herrn Doktor Rudolf Roth prangen. Das kam so: Es wurde – durch welches Stammes Kinder, kann man sich denken! – das Gerücht verbreitet, als hätte der Herr Roth seine Kanzlei geschlossen und alles dem neuangekommenen Dr. Hulles übergeben. Der Erstere hat daher einen Kundschafter in die Donaudörfer ausgesandt, um den Erfinder dieser falschen Nachricht zu erfahren, allein bei der Findigkeit eines bekannten asiatischen Volkes war nichts zu erfahren, und so sah sich denn Dr. Roth gezwungen, im Kampfe um’s Dasein von einem Mittel Gebrauch zu machen, wie es sonst nur Geschäftsleute thun – nämlich durch Plakate seine Kundschaften auf sich aufmerksam zu machen. Auch ein Zeichen der Zeit!
(Kremser Zeitung vom 2.11.1889) 
 
Semitisches aus Antisemitien.
Es dürfte wohl längs des Wagram keinen antisemitischeren Ort geben, als wie Kirchberg. Und dennoch gedeihen allhier die Kinder aus dem Stamme „Nym“ gar üppig. Vor 2 Jahren miethere Schafranek ein theures Lokal und heute ist er – Hausbesitzer im Markte Kirchberg – Besitzer eines der ältesten Stammhäuser der Familie Delapina. Die Sache kam so: Der Fleischhauer Weißensteiner konnte gegen die Großfirma Neugebauer und Angerer nicht aufkommen und mußte sein Haus verkaufen. Nun sind aber reichere Leute da, welche mit leichtem dies Haus hätten übernehmen können. Nein der Jude muß es bekommen. Nun, die beiden christlichen Nachbarn werden in ihrem Geschäfte nur zu bald verspüren, was es heißt, mit dem Munde, aber nicht in der That antisemitisch gewesen zu sein. Bemerkt muß noch werden, daß mit dem Weggehen Weißensteiners die Fleischpreise alsogleich gestiegen sind.
(Kremser Zeitung vom 23.8.1891) 
 
Der Hausierjude und seine billige Decimalwage.
Die Kasino-Mitglieder einer zum hierortigen Pfarrsprengel gehörigen Gemeinde bestellten mehrere Waggons Steinkohlen. Behufs Vertheilung derselben untereinander liehen sie sich gegen eine wirklich spottbillige, selbstbegehrte Entschädigung bei einem christlichen Krämer eine Decimalwage aus. Als dies der Jude der Kasino-Gemeinde erfuhr, lief er, wahrscheinlich weil die Kohlen nicht durch ihn besorgt wurden, womit er sich auch befaßt, und weil seine Decimalwage, für deren Benützung er sich ordentlich zahlen läßt, nicht Verwendung fand, schnurstracks zu dem Ueberlasser dieser Wage, um ihn zum Steigern der Leihgebühr aufzuhetzen, was ihm jedoch nicht gelang, und so blitzte er wieder einmal ordentlich ab.
Und dies thut er einer Gemeinde gegenüber, die ihn schon so lang rund so schön leben läßt.
Nebenbei sei auch erwähnt, daß dieser dort ansäßige Jude einen lebhaften Handel mit Weinstein (manipuliert er mit Federweiß?) mit Weinlager, Preßlingen etc. betreibt und keinen Kreuzer Steuer dafür zahlt. Für den Umfang seines steuerfreien Geschäftes spricht am besten der Umstand, daß er mehrere Weinklopfer beschäftigt. Dafür muß es sich die betreffende Gemeinde gefallen lassen, daß seine so zahlreichen Kinder in der Schule unterrichtet werden dürfen.
(Kremser Zeitung vom 1.11.1891) 
 
Die Wallfahrer vor dem Tempel
Vor einem Erkenntnissenat in Korneuburg hatten sich am 11. d. M. die Bauernburschen Ignaz Staufer aus Ezmannsdorf und Franz Purker aus Wolfshof wegen Herabwürdigung der jüdischen Religion und der in Wien als Kommis bedienstete 22jährige Jude Leopold Salzer wegen Verbrechens der Religionsstörung zu verantworten. Gelegentlich einer Wallfahrt, welche die Bewohner des Waldviertels nach Kirchberg am Wagram veranstalteten, wollten nämlich einige Wallfahrtsteilnehmer, darunter Staufer und Purker, den dort befindlichen jüdischen Tempel besichtigen. Vor demselben standen die Söhne des Rabbiners und seine Tochter. Als Staufer diese fragte, ob er und seine Begleiter den Tempel besichtigen können, verlangte Leopold Salzer dafür eine Entschädigung. Staufer und Purker machten nun rohe Bemerkungen über den Tempel, und der Rabbinerssohn Leopold Salzer machte eine Bemerkung, die sich als Religionsstörung qualifiziert. Der Gerichtshof verurteilte Salzer zu zwei Monaten Kerker, Staufer zu einer Woche Arrest. Der dritte Angeklagte wurde freigesprochen.
(Kremser Zeitung vom 21.3.1903) 

(Judennoblesse)
Ein eifriger Leser der „Kremser Wettl“ schreibt: Fahr ich kürzlich in Gesellschaft nach Kirchberg zu einer Versammlung. In der Nähe von Oberstockstall befindet sich seitwärts der Straße an einem Bergeshang der nicht sehr geräumig, mit einer hohen hölzernen Wand umgebene Judenfriedhof. Der Fuhrmann machte aufmerksam, daß sich dort auch der Millionenschwindler Jellinek befindet, der sich bei der Kremserbrücke in die Donau stürzte, und ein paar Stunden stromabwärts ans Land geworfen und von den Ortsbewohnern von Altenwörth entdeckt wurde. Ein Bauer wurde aufgenommen, die Leiche, die schon stark in Verwesung übergegangen war und einen Duft verbreitete, wie einstmals der im Prater ausgestellte Wallfisch, nach der gerichtlichen Beschau auf den vorerwähnten Friedhof, der sich mindestens drei Stunden von der Fundstätte entfernt befindet, zu überführen. Für diese Leistung, zu der sich sonst niemand in der ganzen Umgebung hergeben wollte, verlangte der Fuhrmann blos neun Gulden. Wegen einer so kleinen Summe aber feilschte und handelte man lange herum. Man wollte blos sechs Gulden geben, - bis der Bauer grob wurde, und der noblen jüdischen Gesellschaft die Wahrheit zu sagen begann.
Kremser Zeitung vom 14.3.1903) 

Galizianische Ärzte in niederösterreichischen Gemeinden.
Der Sanitätssprengel Gr.-Riedenthal am Wagram entbehrt seit sechs Jahren eines notwendigen Arztes, und zwar zum Teil wegen des Krieges, aber auch weil die Einwohnerzahl nicht groß ist. Die Ausschreibung der Stelle, die im März 1919 erfolgte, brachte aber fünf Bewerber, von denen vier die Belege nicht vorlegen konnten und einer mißgestimmt zurücktrat. Mit Erkrankung des Dr. Jarosch in Kirchberg am Wagram kam ein Herr Dr. Kohl aus Galizien und gewann im Wege des Gemeindeschreibers einige Bauern so weit, daß am 9. d. Dr. Kohn und der Gemeindeschreiber zwei Gemeindevertreter zum Landesauschuß führten, damit die Arztensstelle ohne Ausschreibung Herrn Dr. Kohn übergeben werde. Dr. Kohn ist noch nicht einmal Staatsbürger in Deutschösterreich. Deutscharische Ärzte, die fürs Vaterland gelitten, kommen aus der Gefangenschaft heim und finden keine Stellen in der Heimat. Galizianer aber sollen hier angestellt werden. Das ist ein Unfug, gegen den die arische Aerzteschaft entschieden Stellung nehmen sollte.
(Reichspost vom 13.8.1919)
 
Teuerung        
Die Zeiten werden immer trauriger. Die Teuerung nimmt zu. Für 1 Kilo Weizen   werden verlangt 25 K, für ein aus dem Ei entschlüpftes Huhn 100 K geboten, für 1 Schachtel Zündhölzchen 80 h, für einen Trog (ganz einfach, ohne Zierrat) begehrt 700 K. Glaube, daß die schlechtesten Zeiten erst kommen werden, völlige Anarchie und Zusammenbruch des kleinen Deutschösterreichs. Die Anzeichen, besser gesagt, die Vorboten sind vorhanden: Herrschaft der  Juden, schleichender um so gefährlicher Bolschewismus, bodenlose Frechheiten der Sozialdemokratie gegen Landwirte und Gewerbetreibende, gegen Priester- u. Bürgertum. Gott sei uns gnädig!
(Pfarrchronik Kirchberg, 1920)

Die hiesigen Juden, es sind nur neun Familien, wollten öffentlich am Samstage den 8. März im Heiss‘schen Gasthofe einen Purimball veranstalten, zu dem sie zwei Einladungen ausgaben, eine für die Juden selbst mit dem Sionssterne und betitelt 'Purimball', die andere für Christen ohne Stern mit der Aufschrift 'Faschingskränzchen'.  Da diese Veranstaltung, die erste in Kirchberg, von Seite der Juden eine  Provokation war und auch die christliche Bevölkerung beigezogen wurde, wo doch bereits Fastenzeit ist, sah sich der Pfarrer veranlaßet dagegen einzuschreiten,  indem er erstens die Gläubigen von der Kanzel auf die geschloßene Zeit aufmerksam machte und auch auf das Bedenkliche die Bezirkshauptmannschaft, vertraulich aufmerksam machte, so daß dieser Ball nur mehr einem Hausball nur für Juden im Hause Blau beschränkt blieb, wodurch sich auch die Erregung der christlichen Bevölkerung wieder legte. Anwesend bei diesem Hausballe war ein einziger christlicher Bürger.
(Pfarrchronik Kirchberg, 1924) 
 
Landwirte, Vorsicht beim Pferdehandel!
Man schreibt uns: War erst vor nicht langer Zeit im „Bauernbündler“ die mehr als zweifelhafte Geschäftsart eines jüdischen Pferdehändlers in Wien gebrandmarkt, so kann man diesmal einen krassen Fall von Betrug oder Verbrechen durch zwei jüdische Pferdhändler der Provinz berichten, begangen an einem Kleinbauern Josef Ladner in Simonsfeld bei Ernstbrunn. Derselbe vertauschte vor kurzem eine Mutterstute mit Fohlen gegen ein Pferd an die Firma Singer-Blau-Stockerau-Kirchberg am Wagram, wobei ihm der Händler für das Pferd in jeder Weise garantierte. Tierarzt Smolensky in Ernstbrunn jedoch erklärte das Pferd wegen schwerer Mängel und gesetzlicher Gewährsfehler als unbrauchbar. Der Bauer verlangte sein Pferd mit Fohlen zurück, bekam wohl das Pferd, nicht aber mehr das Fohlen, wurde jedoch telephonisch in Anwesenheit des Händlers Singer von Händler Blau verständigt,  das Fohlen kann man nicht mehr zurückgeben, da es schwer krank an Kehle in Kirchberg vor dem Verenden sei. Singer überredete den Bauer Ladner, einen Vergleich in der Art zu schließen, daß jeder einen Teil büße, da das Fohlen ohnedies bald beim Wasenmeister sein werde. Dieser bekam nun statt 300 S 100 S für das Fohlen. Nun war aber das Fohlen gar nicht krank, sondern um den Betrag von 325 S an einen Gutsbesitzer des Kirchberger Bezirkes von Blau verkauft worden, lief zur Zeit, so man Ladner 200 S herabhandelte, gesund im Garten des Gutsbesitzers herum, wie der Ladner erfuhr und die Gendarmerie erhoben hat. Wie soll man dieses Vorgehen an einem kleinen Landwirt nennen. Erpressung, Schwindel oder Verbrechen? Hoffentlich gibt es doch ein Gericht, das dieses Verbrechen an einem Landwirt, der sich schwer plagen muß, bevor er ein Fohlen aufziehen und verkaufen kann und von jüdischen Händlern so betrogen wir, entsprechend bestraft.
(Der Bauernbündler vom 31.7.1926)
 
Berichtigung
Wir veröffentlichten unlängst einen Artikel zur Vorsicht beim Pferdhandel. Isidor Blau, Pferdehändler in Kirchberg am Wagram sind mehrere Feststellungen dieses Artikels unangenehm und er ersucht uns um Aufnahme nachstehender Berichtigung: „Es ist vollkommen unrichtig, daß der Bauer Josef Ladner für das Fohlen statt 300 S nur 100 S bekam. Richtig ist vielmehr, daß zuerst das Fohlen einen Bestandteil eines mehrfachen Tauschvertrages bilden sollte, dann aber dem Ladner zurückgegeben wurde, er daher weder 300 S noch 100 S dafür bekommen hat. Weiters ist es unrichtig, daß der Händler Blau ihn verständigte, das Fohlen kann man nicht mehr zurückgeben, da es schwer krank an Kehle in Kirchberg vor dem Verenden sei. Richtig ist vielmehr, daß Händler Blau mit dem Ladner überhaupt über das Fohlen gar nicht verhandelte und ihm daher auch diese Mitteilung gar nicht machte.“ Wir bringen diese Berichtigung als Kuriosum zur Kenntnis unserer Leser, obwohl wir selbstverständlich hiezu nicht verpflichtet wären. Ein vernünftiger Bauer braucht ja hiezu keine Erläuterung.
(Der Bauernbündler vom 28.8.1926) 
 
Das Kremser Volksblatt, später Kremser Zeitung, Volksblatt für Stadt und Land in Niederösterreich bestand ab 1885 und ist nicht mit den Niederösterreichischen Nachrichten, Region Krems, identisch. 
 
Mai 2021
Maria Knapp