Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
In der Kirchenchronik von Kirchberg am Wagram  geht Cooperator Wilhelm Sponer 1887 auf die Streitigkeiten mit der Herrschaft Grafenegg bezüglich der Winkler Kirchengründe ein: 
Was ich darüber erfahren habe, stammt aus der mündlichen Überlieferung des Ignaz Boesl, der gebürtig von Engelmannsbrunn jahrelang Bürgermeister in Winkl gewesen und der ein aufrichtiger christlicher Mann ist.

Winkl selbst soll zu früheren Zeiten über dem Wasser gelegen und eine Stadt von 400 Nummern gewesen sein. Durch Veränderung des Donaubeltes, kam es diesseits zu liegen. Später entstand dann die sogenannte Parz, ein Ort in der Richtung gelegen, wo die Winkler Kirchenwiese ist und Altendorf,  wo jetzt die Neustifter Ziegelöfen sind. Die Parz ist ganz verschwunden und von Winkel getrennt bauten die Altendorfer das vor Überschwemmungen sichere Neustift, daher der Name. Die vor dem Winkler Kirchenthurm befindlichen  Mauerreste sollen von einem alten Pfarrhofe oder Schloss abstammen.  Später soll Winkel den Jesuiten gehört haben und als vor ungefähr 200 Jahren der letzte Priester nicht mehr bei der Kirche habe wohnen können, hat er sich auf das Haus Nr. 42, das früher einstöckig war zurückgezogen. Dieses Haus scheint also Kirchengut gewesen zu sein.

Pfarrer Franz Neubauer trug den Winklern auf, den Friedhof einzuzäunen und die Kirche zu repariren, sonst würde keine Trauung und Begräbnis mehr in Winkl abgehalten werden, die Gemeinde that es. Nun wollte die Gemeinde etwas sichers über ihre Kirche und über ihre Rechte haben und begaben sich daher die 2 Männer, Ignaz Bösel und Franz Söllner nach Wien zum Regierungsrathe Reichel. Von dem konnten sie nur erfahren, daß die Winkler Kirche eine Gülde,  ein Gut sei – der schickte sie zur Statthalterei, von der schickte man sie auf das Landhaus, von dem auf die alte Landtafel, aber erst im Katastralamte wußte man etwas von den „Weiden“. Nämlich die Herrschaft Grafenegg hat im Jahre 1787, als Johann Exinger Bürgermeister von Winkl war, mit der Gemeinde eine Theilung der Donauauen vorgenommen, die der Kirche gehörten,  Grafenegg bekam 80 Joch, die Winkler 78 Joch. Als besagter Johann Exinger gestorben war, verlangten (und ihr Verlangen war Befehl) die Grafenegger alle Bücher und Dokumente der Gemeinde, die auch auf Nimmerwiedersehen ausgeliefert wurden. Das 2. das  sie erfuhren war, daß sie zu spät gekommen sind, um wenigstens die 2. Theilung die Grafenegg im Jahre 1822 mit der Gemeinde vornahm und wobei von den 78 Joch Auen nur 23 Joch der Gemeinde von der Herrschaft Grafenegg belassen wurden, rückgängig zu machen. Gleich nach der Rückkehr von Wien 1836 ließ daher Ignaz Bösel, damals Bürgermeister die Weiden urbar machen und zu jedem Hause 2 Theile zuweisen, sodaß Grafenegg nicht mehr theilen konnte. 

Bereits 1833 berichtet Pfarrer Ignaz Scheiger über den Verlust der Grundbücher:
Sie besaß ehemals ein Kirchengrundbuch, bei dessen Abhaltung sie immer einen Gravenegger Amtsschreiber mit den dabei vorfallenden Geschäften gegen  Abreichung der Taxen beauftragte, ein  solcher nahm eben selbes nach Gravenegg mit, und so konnten die Winkler unter allerlei Vorwänden die Rückgabe derselben nicht erhalten. Nach manchen Antrieb erklärte sich die Herrschaft Gravenegg dahin, daß sie dieses Grundbuch dem ihrigen, unter welchen es noch unter dem Titel Winkler Kirchengrundbuch besessen wird, einverleibt habe, dafür übernahm sie das Patronat der Winklerkirche.

Dieses Grundbuch ist im NÖ Landesarchiv, Außenstelle Bad Pirawarth, aufbewahrt, die Eintragungen reichen von 1812 bis 1847. Demnach verfügte die Kirche neben den bereits erwähnten Augründen über ein nicht unbeträchtliches Vermögen an anderen Grundstücken: etwa 70 Joch Äcker, 10 Tagwerk Wiesen und 5/4 Weingärten. Die meisten Äcker befanden sich in der Ried Parz in der Neustifter Freiheit, der Rest verteilte sich von Hippersdorf bis Winkl.

November 2013
Maria Knapp