Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
1771-1894 Nr. 24
1894-1977 Nr. 31
Seit 1977: Marktplatz 30

Das Haus wurde um 1610 im Renaissance-Stil erbaut. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Bau mit einem Speichergeschoß. Die Fenster sind mit profilierten Steingewänden und Verdachungen verziert, darüber befinden sich ovale Luken. Früher befand sich an der Frontseite ein blechernes  Marktwappen, heute ist an dessen Stelle eine Relief getreten, geschaffen  vom Gastwirt Alois Schiel (1894-1953, Kirchberg 60). Innen sieht man ein Kreuzgewölbe mit Putzgraten.

Im Obergeschoß waren in früher Zeit Wohnungen untergebracht. So wird hier 1785 Anna Christina, Tochter des Marktschreibers Johann Ernst Merz, in Kirchberg 24 geboren. Weitere Kinder werden 1790, 1792 und 1794 genannt.

Karte der Josephinischen Landesaufnahme, um 1780

Dem Marktschreiber Friedrich Zenger und seiner Gattin Katharina, geb. Pachner, werden 1805 und 1806 zwei Kinder  in Kirchberg 24 geboren.

Um 1829 ist Franz Moser Ratsdiener in Kirchberg 24, Ehefrau ist Theresia geb. Edthofer, er stirbt hier 1853 mit 63 Jahren.

Um 1835 wohnte hier der Arzt Anton Köck, er ist anlässlich seiner zweiten Heirat genannt.

Der Marktdiener Josef Moser, geb. 1826, heiratet 1854 Anna Maria Weinberger aus Gigging, sie haben vier Kinder. Vor/um 1887 übernimmt sein Sohn das Amt.

Franziszeischer Kataster, um 1830, das Haus mit der Katastralnummer 24

 Altes Rathaus, Ignaz SpöttlDas alte Rathaus um 1870/80 von Ignaz Spöttl
© NÖ Landesarchiv St. Pölten, Topographische Abteilung

Auf Betreiben des Abgeordneten Josef Schöffel (1832-1910) wurde im NÖ Landesausschuss im Jahr 1886 ein Gesetz zur Errichtung von Naturalverpflegsstationen für wandernde Handwerksburschen beschlossen. Ziel war es, das Vagabundieren und die Wanderbettelei einzudämmen. Sie waren die Vorgänger der Arbeitsämter (was sich allerdings nicht bewährte). Nach diesem Vorbild wurden Stationen in anderen Bundesländern sowie in Bayern errichtet. Insgesamt gab es in Niederösterreich 142 solche Häuser. In Kirchberg war diese Station im Rathaus untergebracht und ist bis in die 1930-er-Jahre dokumentiert.

Im Jahr 1888 errichtete man auf dem Rathaus ein Türmchen nach einem Wiener Vorbild. Die Anregung zu diesem Turm könnte vom Kirchberger Uhrmachermeister Josef Fandl gekommen sein. Aus dem Neuigkeits-Welt Blatt: Thurmbau und Ortsverschönerung. Die Bewohner von Kirchberg sind der dortigen Sparkasse zum Danke verpflichtet, da diese wieder eine Verschönerung des Ortes sich angelegen sein ließ. Es ragt zwar der sechs Meter hohe, mit einer transparenten Uhr versehene, blechgedeckte zierlich geschmückte Thurm wenig über die nebenstehenden höheren Häuser heraus, vom Bahnhofe aus jedoch, zeigt er sich in ganzer Nettigkeit und Sauberkeit.

Laut Pfarrchronik gab es dabei einen Todesfall: Am hiesigen Rathhaus aber wurde durch die Sparkasse ein Thurm mit beleuchteter Uhr aufgesetzt u der Thurm der Spitalkirche gleichfalls neu angestrichen. Bei dem Thurmbau gab man einem Arbeiter zu viel zu trinken, sodaß er in der Nacht im Rausch starb. Bei dem darüber stattgefundenen Prozesse wurden einander die Augen ausgekratzt.

Das Rathaus, 1900Der Markt mit dem Rathaus, 1900 
Karte: Herbert Eder, Kollersdorf

Bezirksgewerbetag 1929 Eisenhandlung Tragschitz und Rathaus
Bezirksgewerbetag in Kirchberg, 1929
Das interessante Blatt, 9.5.1929, veröffentlicht in ANNO

 Rathaus um 1930                           Rathaus um 1930
Foto: Dr. Rudolf Delapina, um 1930

Um 1937 befand sich hier die Gemischtwarenhandlung der Klara Hahn, Abmeldung 1938.

Marktplatz um 1960Marktplatz und Rathaus um 1960
Karte: Herbert Eder, Kollersdorf

1977 wurde das Haus Marktplatz Nr. 6 als neues Gemeindeamt angekauft und Adaptierungsarbeiten durchgeführt.

Das nunmehr Alte Rathaus wurde 1992/93 zum 500-Jahrjubiläum der Markterhebung Kirchbergs renoviert. Um den geschichtlich höchst bedeutsamen Fundstücken des unter der Sakristei der Kapelle  des Gutes Oberstockstall gefundenen Alchemistenlabors aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen passenden Präsentationsraum zu bieten, wurde 1993 im Gebäude das Alchemistenmuseum eröffnet.

Im Jahr 2018 wurde das Museum geschlossen, derzeit wird an der Neugestaltung und Wiedereröffnung gearbeitet.

Das alte Rathaus, 2012Das alte Rathaus, 2012

Marktwappen             Das Marktwappen, Relief von Gastwirt Alois Schiel (1894-1953)
Fotos: Maria Knapp

Bilder zum Alchemistenfund siehe hier:

https://www.kulturundwein.com/alchemist.htm

https://www.meinbezirk.at/tulln/c-lokales/aussergewoehnlicher-fund-bewegt-die-gemeinde_a4553123

 Rathaus Fassadenrenovierung, 2020                            Erneuerung der Fassade, 2020
Foto: Maria Knapp

Renovierung des Uhrturmes, 2020/21

Nachfolgend der Text zur Renovierung des Turmes, der zusammen mit den aktuellen Euro-Münzen in eine Zeitkapsel in der Turmkugel deponiert wurde.
Der Uhrturm wurde am 4. März 2021 nach erfolgter Sanierung in der Werkstatt der Firma Hintenberger aus Krems, wieder an seinen angestammten Platz am Alten Rathaus, Marktplatz 30, verhoben. Der Uhrturm wurde ursprünglich im Jahr 1888 auf das Gebäude aufgesetzt. Für die erforderliche Sanierung an den Jahren 2020 und 2021 musste der Uhrturm vom Gebäude abgehoben werden.
Unter der Aufsicht und Begleitung des Bundesdenkmalamtes wurde die Holzunterkonstruktion teilweise erneuert, die bestehende Holzverschalung neu montiert und zusätzliche Stahlwinkel als Versteifung der Eckpunkte fixiert.
Für die zum größten Teil handgefertigte und originalgetreue Herstellung der Verblechungen wurde das gleiche Material gewählt, Rheinzink mit einer Materialstärke von 0,7 mm, welches auch bei der erstmaligen Errichtung verwendet worden war. 
Die Mitglieder des Gemeinderates beschlossen in der Gemeinderatssitzung vom 12. Dezember 2019 die Sanierung des historischen Uhrturmes.
Bürgermeister Ing. Wolfgang Benedikt
Vbgm. Erwin Mantler
Gf.GR Mag. Markus Ecker
Gf.GR Mag. (FH) Fritz Dieter
Gf.GR Franz Aigner
Gf.GR Josef Renner
Gf.GR Christian Dreschkai
Gf.GR Martin Unbekannt
GR Norbert Markl
GR Maria Schneider
GR Johanna Treiber
GR Nikolai Breitschopf
GR Ing. Gerhard Ehn
GR Richard Passecker
GR Franz Preisinger
GR Anton Karner
GR Christine Artner
GR Michael Schob
GR Werner Eder
GR Alfred Kink
GR Markus Hofbauer
GR Sabine Reiser
 
Unterschriften der beteiligten Amtspersonen und Professionisten
Bürgermeister Ing. Wolfgang Benedikt
Vbgm. Erwin Mantler
Kulturgemeinderat Franz Aigner
Amtsleiter DI (FH) Alfred Haubner
Prok. Ralph Kalchhauser
Bauleiter Jan Dekarsky
Bauleiter Rudolf Hochleitner
Spengler Josef Stopfer
Zimmerer Christoph Pöll
Kranfahrer Martin Hofbauer
 
Adressen der beteiligten Firmen
Holz- und Spenglerarbeiten: Firma Hintenberger Dächer und Holzbau GmbH, Krems - Thallern
Fenster: Tischlerei Wieland, Senftenberg
Fassadenarbeiten: Restaurator Hadeyer GmbH, Thallern
Betonarbeiten: Kraft Bau GmbH, Kirchberg am Wagram 

Inhalt der Zeitkapsel, 2021    

Füllen der ZeitkkapselDie Zeitkapsel in der Turmkugel, 2021
Fotos: Marktgemeinde Kirchberg am Wagram

Inhalt der Zeitkapsel

Aufsetzen des Turmes, 4.3.2021Beim Aufsetzen des Turmes
Blick vom Kran zur Kirche, 2021
Fotos: Maria Knapp, Markgemeinde Kirchberg am Wagram

Blick zur Kirche

Quellen:
Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram
Unterlagen der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram
Diverse Zeitungen aus ANNO
DEHIO-Handbuch - Die Kunstdenkmäler Österreichs, 1990
 
Dezember 2024
Maria Knapp