Ueberschwemmungen sind zwar unvermeidliche Zufälle; doch läßt sich die Gefahr beyläufig voraussehen, weil solche meist bey aufthauendem Schnee, anhaltenden Regen, oder Wolkenbruch im Gebirge entsteht. Wenn im Gebirge ein anhaltender Regen, oder ein plötzlicher Wolkenbruch erfolgt, so soll den unterhalb liegenden Ortschaften hiervon die Nachricht durch reitende Boten ertheilt werden. Sobald demnach Flüsse und Bäche anschwellen, ist auf die Verwahrung der Brücken und Stege Bedacht zu nehmen, das Fahren und Waten durch den Strom und an den gefährlichen Orten mittelst ausgesteckter Zeichen und Aufstellung einer eigenen Wache einzustellen; zugleich sind die Inwohner zu ermahnen, nächtlicher Weile wachbar zu bleiben, und es ist zu sorgen, daß bei wachsender Gefahr die in niedrigen Gegenden wohnenden Partheyen, so wie die Kranken, Gebrechlichen und Kinder, wie auch das Zug- und Melkvieh, und andere Habseligkeiten an sichere Orte gebracht werden.
Ortslage und Umstände geben bey eingetretener Ueberschwemmung die Maßregeln an die Hand, welche bey solch einem Unfalle am sichersten zu nehmen sind. Nur liegt daran, daß dieses bey Zeiten geschehe.
Wenn eine Gegend wirklich unter Wasser gesetzt wird, so muß für die Kommunikation gesorgt werden, damit den Leuten Provision, und im Notfalle Hülfe von aller Art beygebracht werden kann. Wo nicht Fahrzeuge in Bereitschaft sind, müssen Treppen aushelfen.
Zur Austrocknen und Bewohnbarmachung überschwemmt gewesener Wohnungen ist Folgendes verordnet.
- Die Wände und Fußböden überschwemmt gewesener Wohnzimmer, Küchen, Holzlagen, und der zur Aufbewahrung von Viktualien (Eßwaaren) bestimmten Gemächer, dann auch die in den Wohnungen während der Ueberschwemmung zurückgebliebenen hölzernen Möbels, als : Kästen, Stühle, Bänke, Tische, Bettstätten und so weiter, sind nach Ablauf des Wassers mit einem frischen Brunnenwasser abzuwaschen, und dieses Abwaschen ist, wenn nach dem ersten Mahle sich abermahl ein feuchter schlammiger Ueberzug zeigt, zu wiederholen.
- Das Austrocknen ist sodann durch Heitzen der Oefen zu befördern. Während des Beheitzens sollen die Fenster und Thüren von Zeit zu Zeit geöffnet werden, um den Dünsten Ausgang zu verschaffen. Nur müssen mit dieser Maßregel zugleich die nöthigen Vorsichten zur Abwendung einer Feuersbrunst verbunden, daher alle feuerfangenden Gegenstände von den Oefen entfernt werden. Räucherungen mit Kohlenfeuer sind schädlich.
- Der Luftzug und die Sonnenstrahlen befördern die Austrocknung und Reinigung der Zimmerluft von schädlichen Dünsten, daher bey heiterer Witterung Fenster und Thüren offen gehalten werden sollen.
- Das Ausweißen darf erst geschehen, wenn schon alles ausgetrocknet, und noch so viel Zeit übrig ist, daß auch der Kalkdunst vor dem Beziehen der Wohnung sich verlieren kann.
Bey nasser Witterung im Herbst und Winter, wo die Wohnungen nach dem Beziehung, wegen Kälte nicht offen gehalten werden können, ist das Weißen durchaus schädlich, und soll daher bis zur günstigeren Jahreszeit verschoben werden. - Das Aufreißen der Fußböden ist nur dann nöthig, wenn die Lage des Hauses und der unter dem Erdgeschoße befindliche Grund so beschaffen ist, daß das Wasser unter dem Boden lange oder gar nicht eingesaugt werden kann. Die Beurtheilung dieser Umstände hängt von dem Erkenntnisse der Bauverständigen ab.
- Besondere Aufmerksamkeit erfordert das durch Ueberschwemmung verdorbene Brunnenwasser. Die Brunnenreinigung soll baldmöglichst vorgenommen werden. Das verdorbene Wasser muß ganz ausgeschöpft, dann der Schlamm und andere Verunreinigungen, welche sich zu Boden gesetzt haben, auch hinaus geschafft werden. Wenn sodann das zufließende Wasser noch trübe und unrein sich zeigt, ist das Ausschöpfen so lange zu wiederholen, bis das Wasser ganz klar, rein und ohne fremden Geschmack hervorkommt; erst dann kann es wieder zum Genusse verwendet werden.
Wo Aerzte zugegen sind, ist ihr Urtheil abzuwarten. Beym Beziehen einer überschwemmt gewesenen Wohnung, besonders wenn zur Anwendung obiger Austrocknungs- und Reinigungs-Vorschriften die Zeit zu kurz war, und Familien nothgedrungen einziehen müssen, sind folgende diätetische Regeln so viel möglich zu beobachten, um sich vor jenen, oft langwierigen und schwer zu heilenden Krankheiten zu bewahren, welche durch die nachtheilige Einwirkung nasser Wohnzimmer auf den menschlichen Körper entstehen:
- Man halte den Kopf und den ganzen Körper mit hinlänglich warmer Kleidung bedeckt, und besorge nach Thunlichkeit den Wechsel mit gut getrockneter Leib- und Bettwäsche.
- Man genieße mehr warme als kalte Kost, und eine mäßige Gabe von Wein oder Branntwein, nach Verschiedenheit des Alters und der vorigen Lebensweise der Familien.
Zu diesem Behufe dienen auch warme Wein-, Bier-, Fleisch- oder Einbrennsuppen mit Kümmel, der Aufguß von Hohlunderblüthen, Kamillen, Melissen oder Merzenkraut, ein Paar Mahl des Tages genommen. - Wenn dieses nothgedrungene zu frühe Bewohnen überschwemmt gewesener Zimmer im späten Herbste, im Winter, oder im kühlen Frühlinge statt findet, so sind am Tage die Oefen zu erhitzen, und ist eine Thüre oder ein Fenster einige Stunden lang offen zu halten, um die gänzliche Austrocknung zu befördern. Am späten Abende aber vor dem Schlafengehen bey geschlossenen Thüren und Fenstern wäre es höchst schädlich einzuheitzen.
- Die Einrichtungsstücke und Bettstätten müssen von den Mauerwänden wenigstens einen Schuh entfernt gestellt werden, um die Ausdünstung und Trocknung der Mauer nicht zu verhindern, und um selbst diese Geräthschaften nicht dem Verderbnisse Preis zu geben. Die Betten mit Vorhängen (Himmelbetten) sind mehr schädlich als nützlich.
- Auch Eßwaaren, Mehl, Brot, Hülsenfrüchten, Erdäpfel, Fleisch und dergleichen verderben und werden der Gesundheit schädlich, wenn sie in nassen Orten aufbewahrt werden.
Rücksichtlich des Viehes sind folgende Vorsichtsmaßregeln vorgeschrieben:
- Die Ställe für die Hausthiere, besonders für das Hornvieh, dürfen ebenfalls von demselben nicht früher bezogen werden, bis nicht jene gut gereiniget, ausgelüftet und ausgetrocknet sind. Befindet sich das Vieh darin, so müssen täglich Fenster und Thüren auf einige Zeit geöffnet, und dadurch der Eintritt der reinen Luft in die Ställe bewirkt werden; dieses kann am Nützlichsten während der Mittagsstunden geschehen, wo indessen die Thiere auf trockene Orte ins Freye zu treiben sind.
- Täglich müssen die Thiere etwas Küchen- oder Steinsalz unter das Wasser, und auch zum Lecken bekommen.
- Das zur Nahrung für die Thiere bestimmte Heu und Stroh muß, wenn es allenfalls von dem Wasser oder von desselben Ausdünstungen gelitten hatt, in reiner Luft getrocknet, ist es aber gar verdorben, nie zur Nahrung gegeben werden.
- Kommt die Zeit, wo die Theire auf die Weide getrieben werden, so müssen die überschwemmten Gegenden für den Trieb so lange sorgfältigst vermieden werden, bis auf denselben aller Schlamm von den Gräsern durch einen Regen weggewaschen, und hinlängliches junges und gesundes Gras hervor gewachsen ist.
Besonders dürfen die Thiere an jene Weide nie mit leerem Magen getrieben werden; das beste ist, wenn selbe vorher ein Stückchen Brod mit etwas Salz erhalten.
Weitere Vorschriften aus dem Buch
Wenn die Seitengräben der Gassen und Strassen durch Elementar-Zufälle angefüllt werden, muß derjeniger selbe räumen, der die Straßen selbst herzustellen und auszubessern hat.
Jeder Grundbesitzer ist zwar befugt, seine Ufer gegen das Ausreißen des Flußes zu befestigen. Allein, Niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des Flußes verändern, oder die der Schifffahrt, den Mühlen, der Fischerey oder andern Rechten eines Dritten nachtheilig werden können. Ueberhaupt können diese und ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörden gemacht werden.
Die Gemeinden haben die sich zeigenden kleinen Wasser-Einrisse sogleich wieder zuzuschließen, und dadurch der daraus entstehen könnenden grösseren Gefahr gleich in ihrem Ursprunge vorzubeugen, besonders aber die durch Regengüsse auf den Feldern öfters entstehenden Spaltungen und Einrisse zeitlich zu vermachen, und auszufüllen, um dem weiteren Schaden zuvor zu kommen.
Kein Mühlenbau, keine Veränderung eines Gerinnes, eines Ein- oder Ablasses, eine Wehre, Schleuße oder Arche, keine Erhöhung oder Erniedrigung eines Haimstockes, Fachbaumes oder Fachbrettes, keine Ausleitung aus einem Fluße oder Bache, keine Uferschützung oder Verdämmung, eben so auch keine Umstaltung einer Mahlmühle in ein anderes Werk, darf ohne obrigkeitliche Bewilligung vorgenommen werden.
Die Ufer der Flüsse und Bäche sind von den anliegenden Grundbesitzern, oder denjenigen, denen es sonst oblieget, gehörig zu erhalten; übrigens aber von den einhängenden, dem Abfluße des Wasser hemmenden Aesten und Bäumen zu reinigen, und die Flüße und Bäche zu räumen.
Nach der Katastrophe.
Die Kremser Zeitung vom 8.8.1897 ging auf die Vorkehrungen ein, die nach einem Hochwasser in Bezug auf des Brunnenwasser zu beachten waren:
Bald werden in den überschwemmten Orten die Wassermassen zurückkehren in ihr ursprüngliches Bett, und dann erst wird es möglich sein, den Schaden zu beurtheilen, welchen die Hochwässer angerichtet haben. In den Straßen der Ortschaften wird ein Schlamm zurückbleiben, der vom sanitären Standpunkte volle Beachtung verdient, das Wasser hat auf seiner weiten Wanderung viele Stoffe mitgenommen, auch solche, die, in Verwesung übergegangen, Luft und Wasser verpesten können. Es wird daher nothwendig sein, den nach der Ueberschwemmung bleibenden Rückstand baldigst zu entfernen, zumal jetzt ziemlich hohe Temperatur herrscht, welche die Fäulnis sehr befördert. Am besten wäre es, den Schlamm zu desinficiren, die üblichen stärkeren Desinfektionsmittel, wie die Karbolpräparate sind wegen der großen Massen, in der selbe angewendet werden müßten, wohl zu theuer, aber das billigste Mittel, welches auch der oberste Sanitätsrat empfiehlt, der gelöschte Kalk, könnte angewendet werden, und Kalkmilch jenem Wasser zugesetzt werden, welches zur Reinigung der Strassen verwendet wird. Auch dem Brunnenwasser in den inundirten Orthsteilen ist Beachtung zu schenken, Oft werden die Kanäle ausgelaugt, ihr Inhalt der verderbliche Stoffe enthält, kann in vielen Fällen mit den nahen Brunnen communiciren, und es ist große Gefahr vorhanden, daß ansteckende Krankheiten erstehen. Es ist daher sehr zu empfehlen, verdächtige Brunnen untersuchen zu lassen; enthalten selbe sehr viele organische Substanzen, so ist deren Genuß zu meiden, und besonders der Gebrauch von Quellwasser zu empfehlen, welches keine faulen Stoffe enthält.
Oktober 2014, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp