Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at

Bei diesem geschichtsträchtigen Haus bzw. Grundstück handelt es sich um das Haus Nr. 17, das ehemalige Gasthaus Zehetner in Winkl:
In den Weingebieten Niederösterreichs hatten in alter Zeit viele, oft weit entlegene, weltliche und geistliche Herrschaften Besitzungen zu erwerben gesucht und wirklich erworben, da der österreichische Wein von jeher sehr geschätzt war. Diese bezogen daraus aber nicht nur Wein und andere Produkte, besonders den teuren Safran, sondern erhielten auch stets genaue Nachrichten  über die wirtschaftliche Lage ihres Besitzes und des ganzen Landes. Daher sammelten sich in ihren Archiven nach und nach viele Dokumente, Rechnungen und Briefe an, die für Niederösterreich vielfältig wichtige Geschichtsquellen sind. Auch im Archiv des oberösterreichischen Prämonstratenser-Stiftes Schlägl hat sich manches Quellenstück erhalten. Dieses besaß ehemals Höfe und Weingärten zu Königstetten im Tullnerfelde und zu Wösendorf in der Wachau und einen untertänigen Hof zu Winkel in der Pfarre Kirchberg am Wagram. (1)

(Inwohner sind blau geschrieben.)


28. Dezember 1305
Wernher der Payr zu Ruspach und Kunigund, seine Hausfrau, verkaufen ihren  Hof zu Winkl (Winchel) an Werner den Schreiber, Herborts Sohn von Winchel, und Dyemued seiner Hausfrau, um 75 Pfund Wiener Pfennige.
(Pichler, Isfried H., Urkundenbuch des Stiftes Schlägl, Aigen i. M., 2003, Nr. 66 (S 51), S. 83
  
27.3.1309
Wernher von Winkl, der Schreiber des Herrn Eberhard von Wallsee, stellt drei Urkunden aus: Er bestätigt dem Propst Ulrich von Schlägl, daß er ihm den Hof und den halben Zehent zu Winkl um 100 Pfund alte Wiener Pfennige versetzt, was dem Verkauf dieses Hofes gleichkam.
(Pichler, Isfried H., Urkundenbuch des Stiftes Schlägl, Aigen i. M., 2003, Nr. 79 (S 63), S. 95 
 
1318
Urkunde im Stift Schlägl (OÖ): Hadmar von Winkl gestattet dem Kloster Schlägl, in des Klosters Höfen zu Winkl oder zu Neustift das Halten von 16 Rindern und deren freie Weide auf seinen, Hadmars Weiden  und Auen als Seelgerät für die verstorbenen Söhne und Vorfahren. In diesem Dokument ist auch ein Pfarrer Gerunch von Winkl genannt.

Sitft Schlägl, Lade D. S83 aus dem Jahre 1318 (8) 

Vor 1638
Besitzer ist Heinrich Tunhas. (1) 

1638
Hans Ulrich Wenzel kauft das Haus um 450 fl. vom Vorbesitzer. (1) 

1645
Der Hof wird durch die durchziehenden Schweden zerstört. (1) 

1657
Nach dem Tod von Hans Ulrich Wenzel heiratet seine Witwe Marie Salome den Matthias Sieß. der den Hof nach 1683 inne hatte und nebst den dazu gehörigen 20 Joch Äckern und 20 Tagwerken Wiesen noch 19 Joch Äcker und 2 ½ Tagwerke Wiesen an Überländgrundstücken besaß. Mit dem Landgericht gehörte der Hof nach Grafenegg, mit der Pfarre nach Kirchberg am Wagram; den Zehent lieferte er teils an Grafenegg, teils an die Jesuiten nach Krems.(1) 

1682
schreibt Abt Andreas Schmidt vom Stift Schlägl, der den Hof inspiziert hatte: Verwichenes Jahr (1681, Anm.d. Verf.) zu End Januarii hat man sich gar kümmerlich salviert (in Sicherheit gebracht, Anm. d. Verf.), daß nit Leut und Vieh ertrunken seind. Hat in diesem Hof damals die Mauern in den Ställen niedergewaikt und ist sonsten ganz baufällig. Hat aber Sieß auf mein Zusprechen und Auftrag versprochen, auf den Sommer 1683, wenn es die Feindsgefahr nicht hindert, zu bauen. Die Hofgründ liegen gleich in dem Hof ganz haareben an. Der Safran geräth allda gar gern und wird in einer ziemlichen Menge gebaut. Neben diesem hat auch jetziger Stifter 7 Viertel Weingärten zu Felz und Riedenthal bei Krems; seind ziemlich feine Weine. Hat inständig gebeten, seiner künftiger Zeit wegen des Weinabkaufes zu gedenken, weilen auf Winkl, allwo ein lauter Traidboden ist, kein Kaufmann hinkommt. Das Beschwerlichste bei diesem Hofe ist, daß er sowohl das Brenn- als Bauholz erkaufen muss. Der dortige Unterthan zahlte jährlich für Dienst, Robot und Landsteuer 12 fl. und an Landschaftsgefälle 10 fl., zur Lesezeit war er außerdem zu einigen Dienstleistungen verpflichtet. (1) 

1683
Der Hof erleidet durch die durchziehenden polnischen Truppen, die den Wienern gegen die Türken helfen, Schaden. Am 3. November berichtete der Lesemeister Gottfried an den Abt, daß der dortige Untertan am 20. Oktober zu ihm nach Königstetten gekommen sei und ihm sein Elend geklagt habe. Er habe sich dann selbst dahin begeben, den Augenschein eingeholt und den Schaden, der aber doch nicht allzugroß gewesen zu sein scheint, da jeder Zusatz fehlt, aufgenommen. Er hatte dort damals auch 57 Eimer Wein gekauft, die er aber nicht nach Krems liefern konnte, da kein Fuhrmann aufzutreiben war. (1) 

1751
Das Haus gehört dem Matthias Eder. Er hat zu dieser Zeit 20 ½ Joch Äcker und 4 Tagwerk Wiesen. Die Schätzungssumme seines Besitzes beträgt 673 Gulden. (3) 

Um 1771
Der Inwohner Karl Herz wohnt hier mit seiner Frau Maria. 

1771
wohnt hier Franz Rauscher, Bauer, mit seiner Frau Magdalena, geb. Wöber. Sein Sohn Joseph wird geboren. Franz Rauscher stirbt 1776.

1772
Der Inwohner Joseph Kelner und seine Frau Theresia geb. Glanz bekommen den Sohn Joseph. 
Der Inwohner Philip Hödl und seine Frau Franziska Hogl bekommen den Sohn Joseph 

1777
Peter Hammerschmid und Anna Maria, geb.Geyer, bekommen die Tochter Anna Maria. 

1781
Clara, die Ehefrau des Inwohners Joseph Schachhuber stirbt mit 56 Jahren. 
Der Witwer und Inwohner Joseph Schachhuber heiratet Maria Malterer aus Neustift 
Der Hauer Lorenz Pernnstofer, Sohn des Leopold, heiratet Anna Maria Obenauß aus Neustift. 

1781
stirbt der Bauer Leopold Mantler mit nur 36 Jahren, seine Frau ist schwanger und bringt 1782 den Sohn Leopold zur Welt. 

1783
Lorenz Mantler aus Bierbaum heiratet Maria Anna die Witwe des Leopold Mantler. Sie brauchen einen Ehedispens, da sie miteinander verwandt sind. 

1784
Der Inwohner Leopold Milner und seine Frau Sibylla bekommen die Tochter Theresia.  

Um 1786
wohnt hier Philipp Stauf, Inwohner, und seine Gattin Katharina, geb. Scharinger. 

1787
Laut Josephinischer Fassion gehört das Anwesen dem Lorenz Mantler. 
Peter Hammerschmidt wird unter dieser Nummer als Ackerbesitzer angeführt. (4) 

Um 1787
Mathias Gutauer, Jäger und Inwohner, und seine Gattin Theresia geb. Mantler.

Um 1789
Joannis Hittenberger, Inwohner und seine Gattin Anna Maria, geb. Gurner. 

1789
Der Inwohner und Witwer Joseph Martin, 48 J., heiratet Katharina Wurm aus Bierbaum. 

Um 1790
Johann Exenberger, Inwohner und seine Gattin Anna Maria. 

1800
Maria Anna Rauscher, 27, Tochter des Franz Rauscher seel. gewest. Hauer, heiratet den Lorenz Doblinger aus Bierbaum. 

Um 1817
wohnt hier Katharina Schneider, Inwohners Eheweib. 

1825
Der Besitz wird vom Stift Schlägl an Graf Heinrich von Belleberg (Herrschaft Königsstetten) verkauft. Besitzer ist Leopold Doppler. Er ist 1831 im Franziszeischen Kataster als Halblehner genannt.

1837/38
Hievon wurden 5 Joch Hausgründe das ist 2 Joch Acker und 3 Tagw. Wiesen getrennet und als freye Überländäcker veräußert. (3) 

1847/48
...wurden hievon das dazugehörige Nebenstökl mit 9 Joch Hausgründen getrennt. (3) 

Um 1848
Johann Doppler, Hauer und nacheinander seine Ehefrauen Josepha Doppler aus Königsbrunn, Maria Böhm aus Utzenlaa und Josepha Weiß aus Sachsendorf. Er stirbt 1858.

1898
Ludwig Pfaller (geb.1879 in Frauendorf, zuständig nach Haitzendorf), er stirbt 1899 an einem Lungenödem.

1900
Johann Pfaller, geb. 1850 in Grafenwörth, verehelichter Gastwirt, stirbt an Lungentuberkulose. 

1901
Leopold Zehetner (1874 – 1932, gebürtig aus Neustift) heiratet Franziska Pfaller, Gastwirtstochter, geboren1877 in Wien . Sie ist eine Tochter des Johann Pfaller.
Leopold Zehetner, der im Infanterieregiment des Freiherrn von Bolfras Nr. 84 in Krems an der Donau diente, gründete eine Musikkapelle, die so genannte „Zehetnerkapelle“. Näheres siehe hier. 
Leopold  Zehetner  stirbt 1932. Seine Witwe Franziska Zehetner führt  Gasthaus und Greißlerei weiter.

Foto: Leopold Zehetner

1943
Leopold  Zehetner jun. (geb. 1903) heiratet Rosa Oswald aus Neustift. Er übernimmt 1952 den Betrieb.

1953
Franziska  Zehetner (1877- 1953) Gastwirtin, stirbt

Leopold und Franziska ZehetnerLeopold und Franziska Zehetner
Bilder am Grabstein

1954
Zehetner Leopold jun. stirbt, Witwe Rosa Zehetner (geb. 1910), führt Wirtshaus und Geschäft weiter.

1966
Da Frau Zehetner das Gasthaus die letzten Jahre als Witwenbetrieb geführt hatte und es niemand weiterführte, musste sie es in diesem Jahr schließen.

Um 1972
wird auch die Greißlerei geschlossen. 

Derzeit
Leopold  Zehetner (geb. 1948), Versicherungsvertreter i.R. und Margarethe

Haus Winkl 17Das Haus im Jahr 2011
Foto: Maria Knapp

Weitere Fotos zum Gasthaus Zehetner siehe hier. 

Quellen:

  1. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, redigiert von Dr. Anton Mayer, N.Ö. Landes-Archivar und Bibliothekar, 1903: Einige Nachrichten über die Zustände im Tullnerfelde zur Zeit des zweiten Türkeneinfalles, von Dr. Laurenz Pröll
  2. Information von Archivar Petrus Bayer, Stift Schlägl, vom 8.9.2011
  3. Rustical-Fassion über die unterthänige Häuser, und Zugehörungen bay dem zum Stift und Kloster Schlögl in Oberösterreich gehörigen Hoff zu Königstetten in UnterOesterreich und im V:O:W:W: gelegen eingereicht Anno 1751
  4. Fassion Herrschaft Gravenegg, Hauptgemeinde Frauendorf mit dem zugetheilten Ort Winkl
  5. Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram  

September 2012, letzte Änderung März 2024 
Maria Knapp