(28.6.1900 Wien - 20.7.1987 Klosterneuburg)
Johann Waltner war der einzige Landesrat, den die Marktgemeinde
Kirchberg am Wagram hervorgebracht hat.
Die Familie Waltner kam über Neudegg, Groß Riedenthal, Ottenthal, Oberstockstall und Gigging nach Altenwörth. 1861 heiratete Michael Waltner von Oberstockstall die Witwe und Wirtschaftsbesitzerin Anna Birgmayer, geb. Hödl von Gigging 5.
Johann, der älteste Sohn, heiratete 1898 Maria Hellmer aus Kollersdorf und führte mit ihr die Landwirtschaft in Gigging (heute Schwaiger), Sohn Anton heiratete 1899 deren Schwester Anna und war Goldarbeitermeister in Wien 6. Durch Fleiß hatte er es bereits in jungen Jahren zu einer eigenen Werkstatt gebracht. Antons Sohn Johann Anton Waltner kam am 28.6.1900 in Wien 6, Gumpendorf, zur Welt, es folgten drei weiter Kinder. Vater Anton starb bereits 1907 mit nur 33 Jahren an Lungentuberkulose. Kurz vor seinem Tod war die Familie nach Altenwörth 26 gezogen. Noch 1907 heiratete die Witwe Anton Fischer von Gigging 29, der zu ihr zog.
Johann wurde vom Landwirts-Ehepaar im Nachbarhaus, Johann und Agnes Zeller, Altenwörth 13, als Kostkind angenommen. Nach der 8-jährigen Volksschule arbeitete er in der Landwirtschaft mit. Mit 24 Jahren wurde er bereits zum Ortsbauernratsobmann von Altenwörth gewählt.
Er heiratete am 25.2.1925 die Wirtschaftsbesitzerstochter Katharina Schwaiger aus Wösendorf (ihr Bruder Franz Schwaiger hatte im Jahr davor Waltners Cousine Maria Waltner von Gigging 5 geheiratet). Er wird dabei als Wirtschaftsbesitzer in Altenwörth 13 bezeichnet: Da das Ehepaar Zeller keine eigenen Kinder hatte, vermachten sie ihm ihren Besitz. Laut Grundbuchsauszug erhielt er per 20.2.1925 Haus und Wirtschaft durch Übergabe. Johann Zeller starb 1928, Agnes 1942. Johann Waltner hatte viel Unternehmergeist. Er baute sowohl Haus als auch Landwirtschaft aus, setzte Weingärten aus und betrieb im Hof des Hauses fallweise einen Heurigen.
Bereits in jungen Jahren interessierte er sich für Politik, er fuhr oft nach Wien. Zufällig war er gerade dort, als 1927 der Justizpalast brannte - da beschloss er Politiker zu werden.
Ab 1930 war Johann Waltner Bürgermeister von Altenwörth-Gigging. Nach dem Anschluss an Deutschland im Jahr 1938 musste er sein Amt abgeben, wie in der Pfarrchronik berichtet wird:
… So ist auch Österreich nationalsozialistisch geworden. Daher wurden in allen Gemeinden natürlich auch die Bürgermeister abgesetzt und neue eingesetzt, die schon früher bei der nationalsozialistischen Partei waren. Diese plötzliche Umänderung verlief verhältnismäßig ruhig; allerdings hier in Altenwörth ließ man den alten Bürgermeister anfangs keine Ruhe, bis sich der neue Bürgermeister seiner tatkräftig angenommen hat. Der Alt-Bürgermeister Johann Waltner hat in der Gemeinde sehr gut gewirtschaftet; bei der Übergabe, die über Nacht erfolgte, konnte er über 6.000 Schilling an Gemeindegeldern übergeben.
Noch 1938 wurde er verhaftet und 1939 zum Militärdienst eingezogen. Er rüstete 1940 als Gefreiter ab, da er zuhause am Bauernhof unabkömmlich war.
Auch Sohn Erwin (geb. 1927) musste einrücken, er ist vermisst.
Nach Kriegsende wurde er wieder zum Bürgermeister gewählt und blieb dies bis 1970.
An seinem Haustor befand sich während der Besatzungszeit ein Zettel mit deutscher und russischer Aufschrift: Bürgermeister. Zu ihm kam die russischen Soldaten, die in Richtung Winkl ihren Stützpunkt hatten, wenn sie Verpflegung und anderes benötigten.
An seinem Haustor befand sich während der Besatzungszeit ein Zettel mit deutscher und russischer Aufschrift: Bürgermeister. Zu ihm kam die russischen Soldaten, die in Richtung Winkl ihren Stützpunkt hatten, wenn sie Verpflegung und anderes benötigten.
1946 wurde er als ÖVP-Abgeordneter in der NÖ Landtag gewählt und war von 1949 bis 1964 Landesrat in der Niederösterreichischen Landesregierung.
Von 1949 bis 1964 war er für das Agrarwesen in Niederösterreich verantwortlich.
Er war im Bezirksschulrat,
im Straßenausschuss sowie
im Genossenschaftswesen tätig und war
Obmann der Bezirksbauernkammer.
Von 1947 bis 1949 war er Obmann des Verbandes Niederösterreichischer Gemeindevertreter der ÖVP.
In vielen Bereichen hat er sich große Verdienste erworben:
- Elektrifizierung der Dörfer
- Bau des Amtshauses Altenwörth
- Kommassierungen und den ersten Raumordnungsplan Niederösterreichs
- 1949 Gründung des ersten Verschönerungsvereines in Altenwörth
- Förderung des Sportvereines Altenwörth
- Unterstützung bei Katastrophen, so etwa beim Hagel 1953 und beim Hochwasser 1954
- Förderung des Hauptschulbaues in Kirchberg am Wagram, die 1954 eröffnet wurde.
- Bau des Pfarrhofes, dieser war 1958 fertig.
- Bemühungen für die Ringwasserleitung, die 1962 entstand.
1962 wurde mit dem Neubau des Hochwasserschutzdammes an der Donau in Altenwörth begonnen. Der gesamte Damm wurde von der Einmündung des Mühl-Kamps bis über die Bucht neben dem Holzplatz Hametner hinaus bedeutend höher gemacht. Diese Bucht wurde gleichzeitig als Strandbad ausgebaut. Ebenso wurde der Damm selbst als Promenadenweg mit Bänken und Lampen ausgestattet.
Während seiner Arbeit in Wien führte er eine "Wochenendehe". Er wohnte ihm Hochhaus Herrengasse 6, fast vis à vis von seiner Arbeitsstelle, der NÖ Landesregierung. Nach seiner Pensionierung im Jahr 1965 kam seine Frau in eine neue Wohnung nach Wien-Döbling nach.
1950 erhielt er als einer der ersten die Silberne Florianiplakette des NÖ Landesfeuerwehrverbandes.
1954 wurde er für die Errichtung der Feuerwehrschule und die Förderung der Interessen der Stadt zum Ehrenbürger der Stadt Tulln ernannt.
(Geschichte der Stadt Tulln, Biak-Kerschbaumer, 1966)
1957 wurde er zum Ehrenbürger von Winkl ernannt, 1958 von Neustift, so wie auch in vielen anderen Orten.
Der Titel Ökonomierat wurde ihm verliehen.
1960: Landesrat Johann Waltner wird zum Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde ernannt.
Aus der Schulchronik: Am 26. März prangte Altenwörth im Flaggenschmuck. Altenwörth wollte damit dem Bürgermeister zeigen, daß es Anteil nimmt an der Ehrung, die ihm zu Teil wurde:
Am Abend wurde Landesrat Waltner von den Gemeinderäten feierlich eingeholt und in den Saal Hametner geleitet, in dem die öffentliche Sitzung des Gemeinderates stattfand.
Es gab nur einen Tagesordnungspunkt: Die Ernennung des Bürgermeisters Johann Waltner zum Ehrenbürger. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Nach dem Lied "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", von einem gemischten Chor unter Leitung von Dir. Riediger, würdigte Gemeinderat Hametner die Persönlichkeit des Geehrten. Er wies vor allem darauf hin, daß Landesrat Waltner trotz seines hohen Amtes sein Heimatdorf nie vergessen, ja daß diesem stets seine besondere Liebe gehört habe. Sein Wirken als Bürgermeister aber hat weithin sichtbaren Ausdruck in der Verwandlung unseres Ortes gefunden.
Mit dem Lied "Kein schöner Land" dankten die Schulkinder. Ing Knofel brachte im Namen des Sportvereines, für den der Geehrte schon so viel getan, den Wunsch zum Ausdruck, daß der Bürgermeister noch viele Jahre in der Ortschaft wirken möge.
In seiner Antwort betonte Landesrat Waltner, daß er wohl in weit mehr als 200 Gemeinden Ehrenbürger sei, daß ihm aber gerade diese Ehrung besonders ergriffen habe und er nicht wisse, ob er in dieser Stimmung jene Worte finden werde, die er zu sagen vorgehabt hätte.
Daß die Gemeinde sparsam mit solchen Ehrungen umgehe, beweise, daß es derzeit nur einen lebenden Ehrenbürger von Altenwörth gäbe, den Direktor Süß, der für sein langes und verdienstvolles Wirken als Lehrer in der Gemeinde und in der Öffentlichkeit mit der Ernennung zum Ehrenbürger ausgezeichnet worden sei.
Mit dem Lied "Fein sein, beinander bleib´n" schloß der offizielle Teil der Feier.
Die Sängerinnengruppe mit Dir. Riediger sorgte dafür, daß im fröhlichen Zusammensein jene gute echte und wahrhaft frohe Stimmung aufkam und blieb, in der das Gemüt Feiertag hält.
Ein weiteres großes Fest beging man kurz darauf zum 60. Geburtstag mit der Verleihung des vom Bundespräsidenten verliehenen großen goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik und dem goldenen Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um das Land Niederösterreich.
Aus der Schulchronik: Altenwörth hatte am 2.7. einen Festtag und es wußte ihn zu begehen. Alle Häuser waren festlich geschmückt. Eine festlich gestimmte Menge begrüßte den Jubilar und die vielen hohen Gäste, die sich eingefunden hatten, dem beliebten Mandatar zu beglückwünschen. Als der Landesrat mit seiner Familie und den Gästen zum Festplatz kam, meldete ihm der Landesfeuerwehrkommandant Ing. Heger die angetretene Ehrenkompanie der Fw. Feuerwehr. Vizebürgermeister. Anton Hametner begrüßte als Vertreter der Gemeinde L.R. Waltner und die Gäste. In herzlichen Worten sprach er dem Jubilar die Glückwünsche der Bevölkerung und den Dank der Einwohner aus. Gleichzeitig wurde ein Gedenkstein enthüllt, der darauf hinweist, daß eine Linde aus Anlaß des 60. Geburtstages des Landesrates gepflanzt wurde. Er übernahm Stein und Baum in die Obhut der Gemeinde.
Anschließend versammelten sich im Saale Hametner die Festgäste, wo sie von Kammerobmann Grand, der das Fest vorbildlich vorbereitet hatte, begrüßt wurden. Man sah Landesrat Müllner, Minister a. D. Kraus, den Präsidenten Strommer, Präsident Saßmann, Abgeordneter Gutscher, Landesfeuerwehrkommandant Heger, Feuerwehrrat Hummel, den Bezirkshauptmann Goldberger mit den leitenden Herren der Bezirkshauptmannschaft und viele andere.
Später erschienen noch Landeshauptmann Steinböck, der Präsident des Nationalrates Dr. h.c. Ing. Figl und Minister Hartmann.
In seiner Rede würdigte Kammerobmann Grand die Verdienste des Landesrates und sprach ihm die herzlichsten Glückwünsche und Dank der gesamten Bevölkerung des Bezirkes Kirchberg aus. Zu Beginn der Festversammlung sang der gemischte Chor Altenwörth unter Leitung von Dir. Riediger, der auch den Saal vorbildlich dekoriert hatte, zwei Chöre, die mit viel Beifall aufgenommen wurden. Ebenso wurden die beiden kleinen Gratulanten Walter Knofel und Gerlinde Weiß, die mit einem Gedicht Glück wünschten, bedankt.
Von den anwesenden Gästen wurden in den Glückwunschansprachen das Lebenswerk und das vorbildliche Wirken des Landesrates gewürdigt. L.H. Steinböck überreichte dem Jubilar nach einer launigen Ansprache, die das Verhältnis zu dem Gefeierten und den tiefen Respekt vor dessen Leistung so recht erkennen ließ, das dem Jubilar vom Bundespräsidenten verliehene große goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik, und wie er sich ausdrückt, "da ich als Landeshauptmann auch so ein kleiner Auszeichnungschef bin, habe ich Dir das goldene Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um das Land Niederösterreich verliehen." Nationalratspräsident Figl erklärte, daß er sich trotz der besonderen Umstände es sich nicht nehmen lasse, zu kommen, um den treuen Freund zum Geburtstag zu beglückwünschen und ihm für seine Treue zu danken.
Ein gemütliches Zusammensein schloß sich der Feier an, das durch Liedvorträge der Gesangsgruppe Altenwörth unter Leitung von Dir. Riediger in netter Weise verschönert wurde. An dieser Stelle sei den Dirndln des Ländlichen Fortbildungswerkes und Frau Fachlehrer Wurst, die für das leibliche Wohl der Gäste in so vorbildlicher Weise sorgten, die Anerkennung ausgesprochen.
Näheres zur erwähnten Waltner-Linde siehe hier.
1970 wurde er zum Ehrenbürgermeister von Altenwörth ernannt.
Aus der Schulchronik: Am 26. Juni 1970, dem Vortag des 70. Geburtstages von Herrn Landesrat Johann Waltner, wurden dem Jubilar von der ganzen Gemeinde Dank und Verbundenheit zum Ausdruck gebracht. In einem Festzug wurde der Altbürgermeister vom Wohnhause zum Saal des Gasthauses Hametner geleitet, wo die Festsitzung des Gemeinderates stattfand, in der der verdienstvolle Gemeinde- und Landespolitiker einstimmig zum Ehrenbürgermeister der Gemeinde Altenwörth ernannt wurde. Zahlreiche Ehrengäste, worunter Landtagspräsident Ing. Franz Roth und der Bezirkshauptmann von Tulln, Hofrat Dr. Michael Wiesinger, ebenfalls Ehrenzeichen des Landes und des Bezirkes überreichten, wohnten der Feierstunde bei.
Die Schulkinder und der Kirchenchor sorgten für eine sinnvolle und feierliche Umrahmung des Geschehens, das sich durch ein Klima der Herzlichkeit auszeichnete.
Als offiziellen Abschluß gab es ein Feuerwerk, nicht nur Ausdruck der erhabenen Stimmung aller Beteiligten, sondern auch Anziehungspunkt vieler Schaulustiger.
Ein Fest, das zeigte, daß die Gemeinde geistig lebt, und einen entsprechenden Ausdruck fand, ihrem verdienten, alten Bürgermeister ihre Verbundenheit auszudrücken.
Johann Waltner verstarb am 20.7.1987 nach einem Schlaganfall. Am Sonntag, den 26. Juli wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am Altenwörther Friedhof zu Grabe getragen.
Quellen:
Informationen von Gertraude Schmidt, geb. Waltner, Wien
Pfarrmatriken Altenwörth, Kirchberg, Wien-Guntramsdorf
Pfarrchronik Altenwörth
Schulchronik Altenwörth
Wikipedia
Juli 2022, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp