Herbert Eder hat anlässlich der Renovierung der Kapelle eine Broschüre verfasst,
die er dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat.
Patrozinium
Unter Patrozinium versteht man die Schutzherrschaft eines Heiligen über die ihm geweihte Kirche.
Schutzpatron ist der Heilige Sebastian, sein Festtag ist der 20. Jänner. Das in einem Spitzbogenrahmen gefasste und in der Apsis angebrachte Bild entspricht der allgemein bekannten Darstellung dieses Heiligen. Ein junger, athletischer Mann, der an einen Baum gebunden und von Pfeilen durchbohrt ist. Der Künstler, der dieses Ölbild geschaffen hat, ist nicht bekannt; es dürfte in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sein.
Sebastian, ein frühchristlicher Märtyrer, starb vermutlich 288 in Rom. Er war römischer Offizier, verweigerte die Staatsreligion und unterstützte andere Christen. Der zum Tode verurteile überlebte das Martyrium, übte aber weiterhin Kritik an der Religionspolitik des Kaisers Diokletian. Dieser ließ ihn erschlagen, sein Leichnam wurde
in den Katakomben Roms bestattet.
Die Legende erzählt, dass die 680 in Rom herrschende Pest erloschen war, als man die Reliquien des Heiligen durch die Stadt trug. Der Kult um Sebastian erlebte im Spätmittelalter eine große Blüte. Pfeile gelten als Symbol der Pestübertragung. Sebastian ist der Pestheilige und wird oft zusammen mit dem hl. Rochus dargestellt.
Baugeschichte
Im Handbuch „Die Kunstdenkmäler Österreichs – Niederösterreich nördlich der Donau“ wird die Ortskapelle als ein schlichter Apsisbau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Lunettenfenstern, einer Flachdecke, einem Turm mit Rundbogenfenstern und einer Biedermeierhaube beschrieben. Diese Beschreibung könnte der letzten Bauphase zugeordnet werden. Das im Zuge der Renovierungsarbeiten durch Abschlagen des Außenverputzes freigelegte Ziegelmauerwerk lässt mehrere Bauphasen erkennen, eine genaue Datierung ist jedoch nur schwer möglich.
Einen wichtigen Hinweis auf die Entstehungszeit gibt der Kirchenpatron selbst. Die Menschen erflehten den Schutz des heiligen Sebastian vor der als Gottesstrafe angesehenen Seuche, der Pest. Besonders viele Opfer forderte ihr Auftreten in den Jahren 1541, 1588, 1679 und 1713/14. Zwei Bildstöcke zwischen Kollersdorf und Sachsendorf aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts geben noch heute Zeugnis davon. Die Erfüllung eines Gelübdes, der der Krankheit hilflos ausgelieferten Ortsbewohner, könnte den Bau der Kapelle veranlasst haben - sei es als Dank für das Ende des Unheils oder weil man vom „Schwarzen Tod“ verschont geblieben ist. Da in der näheren Umgebung, wie z. B. in Grafenwörth oder Neustift, das Auftreten der Pest erwiesen ist, ist eher an ein Erlöschen der Seuche zu denken. Zeitlich einzuordnen wäre ein Bau der Kapelle, ähnlich wie in Neustift, in die Zeit um 1680. Neustift gehörte zur Herrschaft Winkelberg. Besitzer dieser Herrschaft, der auch die Ortschaft Mitterstockstall untertänig war, war das Kremser Jesuitenkolleg. Kollersdorf gehörte nicht zur Herrschaft Winkelberg, dennoch bestand eine Verbindung zu den Jesuiten. Einem Steuerregister von 1640 ist zu entnehmen, dass die Herrschaft Winkelberg
in Kollersdorf 7 und in Sachsendorf 4 Untertanen besaß. Das heute nicht mehr bestehende Schloss in Mitterstockstall war Sitz der Verwaltung und für die Ortsbewohner von Kollersdorf Zufluchtsort bei Feindesgefahr. Die Vermutung, dass die Jesuiten den Bau einer Kapelle in Kollersdorf initiiert haben, ist, obwohl ein Revers der Gemeinde Kollersdorf fehlt, nicht von der Hand zu weisen.
Aus dieser Zeit ist allenfalls die Apsis erhalten geblieben. Das auf ein Steinfundament aufgesetzte Mauerwerk besteht zum größten Teil aus ungebrannten Ziegeln (Luftziegel).
Einen eindeutigen Beweis über den Bestand einer Kapelle liefert die Josephinische Landesaufnahme aus der Zeit um 1780. Militärische Überlegungen gaben den Anstoß für dieses unter der Herrschaft Maria Theresias begonnene und unter Joseph II. abgeschlossene Projekt.
Der Textteil ist kurz, dafür aber aussagekräftig ausgefallen: Kollersdorf: hat eine solide Kirch mit Kirchhof Mauer, liegt an einem Wassergraben in der Plaine, die Kirche bestreichet die Gegend um sich. Eine solide Kirch lässt darauf schließen, dass die zweite Bauphase schon umgesetzt gewesen sein dürfte. Dieser könnte man das in gebrannten, dunkelroten Ziegeln ausgeführte Mauerwerk des Langhauses von der Apsis bis zum Turm zuordnen.
In der letzten Bauphase dürfte der Eingangsbereich mit dem Turm entstanden sein. Dies lässt sich vor allem am Mauerwerksverband zum Langhaus und einer anderen Materialzusammensetzung der Ziegel ablesen. Der Ziegelverband lässt kein homogenes (durchgebundenes) Mauerwerk erkennen. Die ockerfarbenen, sehr hellen Ziegel unterscheiden sich auch im Format, sie sind kleiner als die im Mauerwerk des Langhauses. Die breitere Ausführung des Eingangsbereiches könnte ein statisches Erfordernis gewesen sein. Das Fehlen der Gesimse spricht ebenfalls für einen eigenen Baukörper. In dieser Bauphase dürfte die Kapelle so umgestaltet worden sein, wie sie sich uns heute präsentiert.
Benediktion und Messlizenz
Einen besonders wichtigen Schritt hat Pfarrer Josef Dedelbacher mit seiner Eingabe vom 17. September 1916 an das Hochwürdigste Fürsterzbischöfliche Ordinariat in Wien getan. Mit Einverständnis der Gemeindevertretung erbittet er die Benediktion der Ortskapelle und die Erteilung der Messlizenz. Laut Kirchenrecht ist unter Benediktion die Segnung der zum gottesdienstlichen Gebrauch bestimmten Gegenstände
und unter Messlizenz die Bewilligung, in einer Kapelle die heilige Messe zelebrieren zu dürfen, zu verstehen. Pfarrer Dedelbacher begründet sein Ersuchen wie folgt:
4 Messen (zu St. Sebastian, St. Florian, St. Josef, St. Antonius) die gegebenenfalls in Verbindung mit dem offiziellen Schulgang dortselbst zelebriert werden könnten, damit die Schüler dieser Filialschule dort auch ab und zu der Hl. Messe beiwohnen könnten.
Für den Fall einer etwaigen Berücksichtigung des Gesuches wird zugleich auch die Bitte um einen Altarstein für die Kapelle ausgesprochen.
Dechant Franz Zeibert aus Fels am Wagram befürwortet für das Dekanatsamt Hadersdorf in seinem Schreiben vom 26. September 1916 an das Ordinariat in Wien das Ersuchen des Herrn Pfarrers von Altenwörth, weist jedoch darauf hin, dass diese günstige Gelegenheit, wo ein langjähriger Wunsch der Gemeinde Kollersdorf in Erfüllung gehen könnte, zur Regelung der Germ’schen Stiftung genützt werden sollte. Er bringt vor, dass die Kirchenverwaltung von Altenwörth nicht das Verfügungsrecht über diesen Stiftungsacker besitzen dürfte, sondern die Gemeindevorstehung in Kollersdorf, die den Acker verpachtet und von dem Pachtertrage dem Herrn Pfarrer für die hl. Messe 7 Kronen auszahlt, den übrigen Betrag zur Erhaltung der Kapelle, aber auch für Gemeindebedürfnisse verwendet. Dieser Vorwurf ist berechtigt. Belegt ist eine Zahlung im Jahre 1908 in Höhe von 100 Kronen an die Gemeinde Kollersdorf. Dechant Zeibert schlägt die Ausfertigung eines Pachtvertrages und eine jährliche Rechnungslegung als Anhang zur Pfarrkirchenrechung vor. Das Fürsterzbischöfliche Ordinariat erklärt sich grundsätzlich bereit, die Benediktion und die Messlizenz für einige Tage des Jahres zu gestatten, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die genaue Einhaltung der Stiftungsbedingungen gewährleistet ist, diese nach den bestehenden kirchlichen und staatlichen Bestimmungen verwaltet, jährlich darüber Kirchenrechnung gelegt wird und die Gemeinde sich hierzu durch einen Beschluss des Gemeinderates verpflichtet.
Da die Gemeinde dieser Verpflichtung nachgekommen ist, gestattete das Fürsterzbischöfliche Ordinariat die Weihe der Kapelle und ermächtigte zur Vornahme derselben in Verhinderung des Dechants den Pfarrer von Altenwörth. Die Messlizenz wurde ebenfalls erteilt und zwar zu den Festtagen der Heiligen Sebastian, Florian, Josef und Antonius und für die Schulmesse. Am 18. Oktober 1916 wurde die zierliche Ortskapelle eingeweiht und dortselbst die hl. Messe gefeiert. Die Ortsbewohner mit dem Herrn Bürgermeister an der Spitze boten alles auf, um ein so seltenes Fest auch der Würde entsprechend zu feiern. Der ganze Ort hatte Festschmuck angelegt und von den Dächern herab grüßten schwarzgelbe und rotweiße Fahnen als Beweis, daß bei uns gute Katholiken wohnen und treue Österreicherherzen schlagen. Eingangs des Ortes wurde der Hochwürdige Herr Dechant Franz Zeibert aus Fels eingeholt und das Schulkind Katharina Grill hieß ihn in einem sinnreichen, weihevollen Gedichte aufs Herzlichste willkommen. Bei der Benediktion dieses lieben Gotteshauses assistierten der Hochw. Herr Pfarrprovisor von Kirchberg Wenzel Steiner und Pfarrer Josef Dedelbacher. Die Gemeindevertretung hat sich in ehrender Weise daran beteiligt.
Bei dem im Jahre 1917 in der Pfarrkirche Altenwörth gehaltenen Triduum wurde zugunsten der Filialkapelle in Kollersdorf eine Sammlung eingeleitet, welche die Anschaffung eines neuen weißen Messgewandes, sämtlicher zur hl. Messfeier notwendigen Paramente und eines neuen, halbechten Kelches (Kopf aus Silber, Fuß aus Bronze) ermöglichte.
Auf die Einhaltung der Stiftungsbedingungen wurde seitens des Pfarramtes besonderes Augenmerk gelegt. Pfarrer Dedelbacher informiert im Juli 1925 das Ordinariat in Wien über die Verwendung der Erträgnisse der Germ’schen Messstiftung im Jahr 1924. Der Pfarrer erhielt 10.000 Kronen, die Kirche ebenfalls 10.000 Kronen und der
Messner 6.000 Kronen, der Rest wurde für die Ortskapelle verwendet.
Unsere Heiligen
Die katholische Kirche verehrt Heilige als Mittler zwischen den Menschen und Gott. Heilige zeichnen sich vor allem durch ihren festen Glauben und durch ihre vorbildliche Lebensweise aus. Sie nahmen im Alltag der Menschen eine besondere Stellung ein, in allen Lebenslagen wandte man sich an sie. Folgende Heilige erfreuten sich einer besonderen Verehrung:
Sorge um das Seelenheil
Die Angst der Gläubigen, nach dem Tod in der ewigen Verdammnis zu landen, war groß. Die Höllenqualen, die die Sünder zu erwarten hatten, finden sich auf unzähligen bildlichen Darstellungen und prägten sich naturgemäß in das Gedächtnis der Menschen ein. Auch die unangenehme Vorstellung eines Aufenthaltes der Seele zwischen Tod und Jüngstem Gericht im Fegefeuer machte den Gläubigen berechtigte Sorge. Man suchte daher nach Auswegen aus diesem Dilemma. Klostergründungen, die Stiftung eines Altares und die damit verbundene Bereitstellung von Grundbesitz und Kapital blieben dem Adel vorbehalten. Der kleine Mann konnte für sein Seelenheil z. B. durch die Errichtung eines Bildstockes, Ablasszahlungen, Schenkungen oder Messstiftungen sorgen. Von dieser Sorge dürften auch die Eheleute Josef und Klara Laimer geplagt worden sein. Die aus Neustift stammende Klara Geyer war seit 1779 mit dem Hauer Josef Laimer verheiratet, die Familie wohnte in Kollersdorf 31. Von ihren zehn Kindern starben acht bereits im Säuglingsalter, eines wurde vier, ein anderes nur acht Jahre alt. Ihr Mann verstarb am 9. März 1800 im 50. Lebensjahr. Im kurz vor seinem Tode abgefassten Testament hadert man aber nicht mit ihrem Schicksal, sondern sehen es von Gott gegeben, dass ihnen die Gnade leiblicher Erben versagt geblieben ist. Auch auf die arme Seele hatte man bei der Verteilung des beträchtlichen Vermögens nicht vergessen. Für heilige Messen wurden 30 Gulden und für das Armeninstitut 5 Gulden bereit gestellt. Obwohl sie sich mit materiellen Nöten nicht herumschlagen musste, hatte es das Schicksal mit der wiederverheirateten Klara Schachmaier nicht gut gemeint. Für die leidgeplagte Frau war es vermutlich ein unerträglicher Gedanke, ohne entsprechende Absicherung für sich und ihre lieben Verstorbenen aus dem Leben zu scheiden. So investierte sie in das Seelenheil und vermachte in ihrem Testament vom 29. August 1814 der Kapelle 1 ½ Joch Acker im Kollersdorfer Kirchweg. Aus den Erträgnissen soll jährlich ein Seelenamt an ihrem Sterbetag gehalten werden. Zusätzlich bedachte sie die Kapelle mit 50 Gulden für heilige Messen, das Armeninstitut mit 5 und zwei arme Gemein Burschen mit 10 Gulden. Klara Schachmaier verstarb am 10. September 1814 im 58. Lebensjahr.
Bei der Anlage des Franziszeischen Katasters einige Jahre später erhielt das Grundstück die Parzellennummer 1458, die Grundstücksgröße ist im Parzellenbuch mit 1 Joch 1348,8 Klafter ausgewiesen. Die Angst vor dem Jüngsten Gericht dürfte auch den Bauern Franz Germ kurz vor seinem Tod zu einer Stiftung zugunsten der Kapelle bewogen haben.
Die Franz Germ’sche Mess-Stiftung
Franz Germ, Bauer in Kollersdorf Nr. 12, bedachte die Kapelle in seinem Testament vom 3. Juni 1852 mit einer großzügigen Stiftung. Für seine Seelenruhe soll nach seinem Tod jährlich und wenn möglich an seinem Sterbetage, in der Pfarrkirche Altenwörth eine heilige Seelenmesse gelesen werden. Zur Deckung dieser Stiftung vermachte er der Kapelle zwei Äcker (Parzelle Nr. 1284 a und 1284 b, Grundbuch der ehemaligen Stiftsherrschaft Stein und Nalb, Band Dörfl, fol. 55) im Gesamtausmaß von 1 Joch 686,6 Klafter in der Riede Grasweg zu Sachsendorf. Aus dem jährlichen Erträgnis (Pachteinnahmen) der gestifteten Äcker ist dem jeweiligen Pfarrer zu Altenwörth für die Persolvierung dieser heiligen Seelenmesse jedes Mal 2 f 50 kr, dem
Messner 60 kr und der Kirche 57 ½ kr Ö.W. zusammen 3 f 67 ½ kr zu verabfolgen, der verbleibende Restbetrag aus dem Jahreserträgnis ist zur Erhaltung der Kapelle Kollersdorf zu verwenden. Ein besonderes Anliegen war ihm, bei den darin abgehaltenen Gebeten in dieselben eingeschlossen zu werden. Franz Germ verstarb am 29. August 1852 im 78. Lebensjahr. Ende Dezember 1852 wurde die Kapelle Kollersdorf
als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und dabei der Wert der Grundstücke mit 220 Gulden Ö.W. bemessen; die vorschriftsmäßige Deckung der Stiftung war somit gegeben. Die 1860 zwischen dem Fürsterzbischöflichen Consistorium und der k.k. niederösterreichischen Statthalterei geführte Korrespondenz endete am 14. März 1861 mit der Ausfertigung eines Stiftbriefes durch die Kirchenvorstehung von Altenwörth als Kapellenvorstehung der Filiale Kollersdorf. Aufnahme fand auch der Vorbehalt, dass, sollten es die Umstände erfordern, eine angemessene Reduktion der Stiftungsverbindlichkeit in Anspruch vorgenommen werden kann. Das Fürsterzbischöfliche Consistorium stimmte zu und verpflichtete die Kirchenvorsteher zu immerwährenden Zeiten zur genauen Erfüllung der Stiftungsverbindlichkeiten. Weiters wurde der wörtliche Eintrag des Stiftungsbriefes in das Stiftungsprotokoll der Pfarre Altenwörth angeordnet, was auch geschehen ist (laufende Nummer VIII). Für die Pfarre Altenwörth unterfertigten den Stiftbrief Pfarrer Karl Größinger, der 1. Kirchenvater Johann Perwein und der 2. Kirchenvater Franz Berger.
Der heutige Kapellenacker
In dem in der Gemeindekanzlei aufbewahrten Parzellenprotokoll von 1901 ist die Kapelle Kollersdorf als Eigentümerin folgender landwirtschaftlich genutzter Grundstücke eingetragen:
Grundstücksnummer | Fläche in Joch und Quadratklafter | Fläche in ha | Riede |
1458 | 1 1349 | 1,0607 | Grub |
1284 | 1 6870 | 0,8226 | Pachweg |
Eine Veränderung brachte das im Februar 1963 eingeleitete Kommassierungsverfahren. Die Agrarbezirksbehörde nahm eine Bewertung der genannten Grundstücke vor und ermittelte eine Ausgleichsfläche von 2,2812 ha. Diesem in der Riede Landstraße neu entstandenen Grundstück wurde die Grundstücksnummer 576 zugeteilt. Das Grundstück ging in das Eigentum der Gemeinde über. Mit den Pachteinnahmen bestreitet die Kapellenverwaltung noch heute die laufenden Aufwendungen.
Kapellenrechnung
Über die Finanzgebarung der Kapelle wurde jährlich Rechnung gelegt. Die finanzielle Situation stellt sich im Rechnungsjahr 1920 folgendermaßen dar:
Kassenrest 1919 | K 224 h 24 |
Einnahmen | |
Beiträge für Kapellensitze (je Sitz 20 Kronen) | K 140 |
Opfergeld | K 120 h 74 |
Behobener Jagdpacht | K 3 h 10 |
Ackerpacht (3 versch. Pächter) | K 1780 |
Ausgaben | |
Messe zu Ehren Hl. Sebastian | K 7 |
Messe zu Ehren Hl. Josef | K 10 |
Messe zu Ehren Hl. Florian | K 10 |
Messe zu Ehren Hl. Antonius | K 10 |
Germ’sche Stiftermesse | K 7 h 35 |
Messe zu Ehren Hl. Leonhart | K 10 |
Mesner u. Ministranten gesamt | K 14 |
Steuern u. Abgaben gesamt | K 219 h 24 |
2 stille Messen | K 20 |
Den Kreuzträgern zu Floriani | K 2 |
Ein neues Glockenseil | K 350 |
Wachskerzen | K 202 h 40 |
Verfassen der Rechnung | K 10 |
Einnahmen inkl. Kassenrest aus 1919 | K 2268 h 08 |
Ausgaben | K 871 h 99 |
Kassenbestand zum 31.12.1920 | K 1396 h 09 |
Die Glocken
Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg wurde durch flächendeckende Sammlungen versucht, kriegswichtige Rohstoffe für die Rüstungsindustrie zu beschaffen. Die Bevölkerung wurde genötigt, Metallgegenstände und Hausgerätschaften aus Messing, Kupfer, Bronze, Eisen und Zinn abzuliefern. Höhepunkt dieser Metallsammlungen war die Demontage von bronzenen Kirchenglocken.
Am 23. April 1917 musste die Sterbeglocke aus dem Jahre 1877 zum rauen Kriegsdienst einrücken und wurde eingeschmolzen. Die Glocke mit einem Durchmesser von 42 cm wog 41 kg. Als Vertreter der Militärbehörde bei der Requirierung der Kirchenglocke fungierte Herr Anton Schäftner, Stadtbaumeister Wien, Reinprechtsdorferstraße Nr. 53. Erst 1921 wurde durch die Gemeinde Ersatz angeschafft. Die neue Sterbeglocke stammte aus der Berndorfer Glockengießerei, wog 40 kg und kostete 23.546 Kronen und 66 Heller. Die Weihe nahm Pfarrer Josef Dedelbacher am 10. April 1921 vor.
Wann die Glockenstube mit der 2. Glocke ausgestattet worden ist, ist nicht dokumentiert; am 20. Jänner 1942 mussten jedenfalls beide Glocken abgeliefert werden. Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges war an eine Ersatzbeschaffung des Geläutes zu denken. Die Firma Pfundner, Glocken- und Metallgießerei, Wien X, Troststraße 38, lieferte eine zirka 40 kg schwere Glocke mit einem Durchmesser von 30 cm. Die Glockenweihe fand zugleich mit der Weihe einer Glocke für die Pfarrkirche in Altenwörth am 24. März 1946 bei herrlichem Frühlingswetter statt. Erst 1948 konnte das Geläute vollständig hergestellt werden. Der Auftrag erging wieder an die Firma Pfundner. Die ebenfalls aus Bronze gegossene Glocke wurde am 10. August 1948 montiert, wiegt 64 kg und hat einen Durchmesser von 47 cm. Tonlage: as2.
Den Glockenmantel ziert ein Relief des hl. Sebastian. Die Glocke trägt den Namen des Gießers, das Gussjahr und am Hals die Inschrift:
HEILIGER SEBASTIAN, BITTE FÜR UNS KOLLERSDORF 1948 *
Besonders auffallend ist das Wappendekor auf der Scheibenkrone. Es besteht aus den Wappen der Stadt und des Bundeslandes Wien, von Erzbischof Kardinal Innitzer, der Republik Österreich (Blindenschild) und des Bundeslandes Niederösterreich.
Seit Jänner 1997 wird das Glockenläutwerk elektrisch betrieben. Zuvor wurde händisch geläutet. Entschädigt wurde diese Arbeit durch die kostenlose Nutzung eines Gemeindeackers. Das Läutwerk wurde von der Firma Andreas Kolar aus Kirchberg am Wagram installiert. Die Kosten haben sich mit S 94.088,22 inkl. MwSt. zu Buche geschlagen. Die Marktgemeinde Kirchberg am Wagram leistete einen Beitrag in Höhe von S 35.000,-, den Restbetrag finanzierte die Kapellenverwaltung. Die jährliche Wartung führt die Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr durch.
Renovierungen
Die Turmkugel
Im Zuge der Erneuerung der Turmverblechung wurde auch die Turmkugel geöffnet. Die unterhalb des Kreuzes angebrachte Metallkapsel diente, da nur schwer zugänglich, als sicherer Aufbewahrungsort für eine Blechrolle; in dieser wurden vier Dokumente und zirka 20 Münzen vorgefunden. Das älteste Schriftstück berichtet über eine von der Gemeinde Kollersdorf 1925 durchgeführte Renovierung. Die anderen drei betreffen die Renovierungsarbeiten des Jahres 1951. Ausgefertigt wurden sie von Pfarrer Karl Berthold, der Gemeinde Kollersdorf und den Spenglermeistern Rudolf Knapp sen. und Rudolf Knapp jun. Die Schriftstücke der Gemeinde und die Münzen befanden sich in einem sehr schlechten Erhaltungszustand, was auf einen Feuchtigkeitseintritt zurückzuführen ist. Ergänzt wurde diese „Zeitkapsel“ mit Euromünzen und einer am 2. April 2003 von der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram ausgefertigten Urkunde.
Bischöfliche Visitationen
Erzbischof Dr. Franz Kardinal König. Um 3 Uhr begann die Feierlichkeit in Sachsendorf. Der Kardinal besuchte die Kapelle, die Schule und die Kapelle in Kollersdorf. Um 6 Uhr abends Bischofsmesse und Firmung in Altenwörth.
10.05.1975
Bischofsmesse und Firmung in Altenwörth, 10.30 Uhr Besuch der Kapelle.
Um 14.45 Uhr Besuch der Kapelle und Andacht. Abends feierlicher Gottesdienst in der Pfarrkirche Altenwörth mit Firmung.
Um 10.00 Uhr Besuch der Kapelle. Vorabendmesse in der Pfarrkirche Altenwörth, anschließend Agape auf dem Kirchenplatz.
Unsere Ortskapelle im neuen Glanz
Die Dorferneuerung, eine Aktion des Landes Niederösterreich, verfolgt das Ziel, Dörfer dabei zu unterstützen, gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ein umfassendes Leitbild für die zukünftige Entwicklung ihres Ortes auszuarbeiten und umzusetzen. Nach Auslaufen der nicht aktiven Phase wurde auf Antrag der Gemeinde unser Dorferneuerungsverein von der Landesorganisation ab 1. Juli 2014 wiederum in die Aktion Dorferneuerung aufgenommen. Mehrere Dorfgespräche folgten, um Projektideen zu entwickeln und erstrebenswerte Ziele festzulegen. Auf der sehr umfangreichen Projektliste findet sich die Renovierung der Kapelle an erster Stelle.
Die Renovierung historischer Bausubstanz ist keine einfache Aufgabe. Daher waren die Experten des Bundesdenkmalamtes von Anfang an eingebunden und brachten ihr Fachwissen bei der Auswahl der richtigen Materialien und der Farbgestaltung ein.
Der erste Arbeitseinsatz der freiwilligen Helfer war für das Abschlagen des Sockelputzes und aller schadhafter Putzstellen. Das vollflächige Aufbringen eines Abbeizmittels erleichterte das Abscheren der vorhandenen Farbschichten. Für die Arbeiten am Turm kam ein Gerüst zum Einsatz. Die Verlegung der Rohrleitungen für den Anschluss der vorhandenen Abfallrohre an den Regenwasserkanal und das Versetzen von Regensinkkästen erfolgte durch den Bauhof der Gemeinde. Die fast unerträgliche und lange anhaltende Sommerhitze brachte den Zeitplan völlig durcheinander. Erst Mitte August konnten die Maurerarbeiten abgeschlossen werden. Der Anstrich mit ockergelber Silikatfarbe wurde zweimal aufgetragen.
395 freiwillige Helferstunden waren notwendig, um diesem Kulturdenkmal seine ursprüngliche Schönheit wieder zu geben. Freuen wir uns und sind wir dankbar, dass sich Menschen gefunden haben, die sich aktiv der Umsetzung dieser Projektidee angenommen und somit einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt von Allgemeingut geleistet haben.
An der Renovierung haben mitgearbeitet: Josef Berger, Herbert Fiegl, Josef Grill jun., Josef Grill sen., Alfred Hellmer, Franz Laimer, Lukas Passecker, Richard Passecker, Josef Renner, Alois Rigam, Rudolf Ruf, Johann Unbekannt und Heinz Veitl.
Für die Beistellung des Gerüstes und für die Mithilfe beim Auf- und Abbau sind wir Herrn Andreas Gaubitzer zu Dank verpflichtet. Ein Dankeschön auch für das Bauwasser und für die Bereitstellung von Maschinen und Geräten.
Die hervorragende Verpflegung der freiwilligen Helfer stellten die Familien Franz und Wilhelmine Laimer, Richard und Margit Passecker, Franz und Hilda Passecker, Helmut und Margit Ortner, Josef und Hilda Berger, Herbert und Andrea Eder, Josef und Josefine Grill, Josef und Manuela Renner, Heinz und Heidemarie Veitl, Karin Palk und der Dorferneuerungsverein sicher.
Für die Umsetzung der zweiten Projektphase sind ausschließlich Materialkosten angefallen. Diese schlagen sich mit rund € 2.300,- zu Buche. Finanzielle Unterstützung gewährten die Marktgemeinde Kirchberg am Wagram, die NÖ Dorf & Stadterneuerung, die Kulturabteilung des Landes Niederösterreich und das Bundesdenkmalamt.
Allgemeine Daten