Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at

Schulchronik Bierbaum

Der 21. Juni 1938 war für hiesige Bauernschaft ein bedeutungsvoller Tag. Es wurde ihnen durch einen Beauftragen der Luftwaffe verkündet, daß allen Besitzern von Grundstücken im Heuwegfeld, diese abgelöst werden, da im Geviert: Tullner-, Absdorfer-, Utzenlaaerstraße, sowie Ortsende ein Militärflugplatz errichtet wird. Mit der Vermessung wurde bereits am 20. Juni begonnen. 

Für die Leute damals noch nicht erkennbar, wurden schon Vorbereitungen für einen Krieg getroffen. Um Wien wurden in bestimmten Abständen Ausbildungs- und Übungsflugplätze angelegt. In unserer Gegend waren das Fels, Bierbaum und Markersdorf bei St. Pölten, wobei ersterer Ausbildungsflughafen war. Der Grasflugplatz in Bierbaum wurde nur zum Üben von Anflug und Landung benutzt.  

Um den Platz landetauglich zu machen, musste die Ackerfläche vorerst befestigt und mit Gras besät werden. Die Bauern der Umgebung mussten immer wieder das Gras mähen. Die halfen in der Küche, wenn größerer Flugbetrieb war. 

Wie man in der Schulchronik von Utzenlaa liest, musste für den Flughafen auch eine Straße verlegt werden: Februar herrscht sehr große Kälte, es liegt ungewöhnlich viel Schnee; arge Verwehungen sind auf der neuen Straße, die erst im Herbst spät beendet wurde. (Über den vergangenen Sommer wurde der Flugplatz gebaut und dabei die alte Straße verbaut, so daß sie weiter rechts neu gemacht werden mußte). Wochenlang ist unser Dorf in diesem strengen Winter ohne jede Verbindung. Der Ortsbauernführer ist einigemale zu Fuß nach Tulln gegangen. Autobus und Bahn konnten oft nicht verkehren. Der Briefträger erlitt Erfrierungen und verirrte sich am Flugplatz.

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram

Ostertage 1945:…Die russischen Fliegerangriffe lösten die amerikanischen aus Italien ab, nachdem schon am 26. März Fliegerangriffe auf den Flugplatz in Bierbaum, Winkl, Absdorf und Neustift i.F. gemacht wurden… 

Schulchronik Bierbaum

Am 31.3.1945 mußte jeder Unterricht für die Zukunft unterbleiben. Die körperliche Sicherheit verlangte dies. Russische Tiefflieger besuchten unser Dörfchen. Bierbaum liegt in einer großen Gefahrenzone. In ganz kurzen Zeitabständen flogen sie hinweg und schossen ihre Bordmunition aus. Die Flucht hinter Mauern und Haustore bot einen geringen Schutz.  
Am 7. Mai 1945, lag der Flughafen unter russischem Artilleriefeuerbeschuss.

Schulchronik Utzenlaa

1.3.: Es ist der schwerste Tag für Utzenlaa. Früh um ½ 9 h kommen Tiefflieger und versetzen alle Bewohner in größten Schrecken. Die Pferde gehen durch, 2 Flugzeuge stürzen am Flugplatz ab. dann fliegen über 30 Verbände viermotoriger Bomber genau über das Dorf  Moosbierbaum an. Jeder Verband lädt die Bomben kaum 10 Minuten vom Dorf entfernt in der Au ab (Eschenboden).

Um den Flugplatz für die Russen nicht verwendbar zu machen, wurde er unter Federführung der landwirtschaftlichen Genossenschaft Absdorf  mit Pflügen umgeackert.  Es sollen einige Flugzeuge gelandet sein, die dabei natürlich beschädigt wurden. Darum mussten gleich nach der Machtübernahme und der Besetzung durch die Russen die Bewohner der umliegenden Ortschaften die durch das Ackern entstandenen Gräben einebnen. 

Anna Schabl, Jahrgang 1916, Königsbrunn

(damals in Neustift i. Felde):
"Beim Flughafen Bierbaum hatten die Deutschen vor dem Verlassen des Feldes kreuz und quer aufgeackert. Von den umliegenden Orten wurden die Bewohner mit Truhenwagen unter russischer Bewachung wie bei Kolchosen üblich, zusammengeführt und zur Arbeitsstelle gebracht. So mussten wir die geackerten Furchen zuschütten. Ich war in Absdorf dabei beim Ziegelaufladen oder besser -stehlen. Man füllte damit einen Bombentrichter. Dies war eine Lage Ziegel, eine Lage Erde. Sie holten auch Kunstdünger vom Lagerhaus um Stege einzuschütten."

Franz Pösinger, Jahrgang 1931, Frauendorf

Bald nach dem Einmarsch Hitlers ist mit dem Bau des Übungsflugplatzes Bierbaum begonnen worden. Plötzlich hatten alle Arbeitslosen der Umgebung Arbeit, denn die Anlage brauchte viele Hände, da es damals noch wenige Maschinen gab. Mit Pferdefuhrwerken und Scheibtruhen wurden die Unebenheiten des Platzes eingeebnet. Die Arbeit ruhte auch in der Nacht nicht. Da auch die Männer von Frauendorf dort arbeiten mussten, brachten ihnen wir Kinder mittags das Essen.
Zuerst waren Segelflieger stationiert, die mit Seilwinden zum Start hochgezogen wurden. Erst gegen Kriegsende waren Kampfflieger hier stationiert.
Als die Luftangriffe auf unsere Gegend begannen, fällte man an der Straße nach Utzenlaa die Bäume und grub  für die hier befindlichen Flieger Gruben, in die die Flieger mit Fahrzeugen hineingezogen und abgedeckt wurden.
Einmal wurde statt des Flughafens Absdorf bombardiert. Ein Tiefflieger hat mit dem MG beim Bahnhof ein Pferd erschossen.

 Der Flugplatz mit der Baracke Der Flugplatz mit der Baracke 

Der Flugplatz aus der LuftDer Flugplatz aus der Luft

Eine Aufnahme von BierbaumGeorg Munker war begeisterter Fotograf, die oft die Kamera ins Cockpit mitnahm. Hier eine Aufnahme von Bierbaum.

Bilder vom Flugbetrieb

 Eine Ar 96Eine Ar 96 wartet auf die Freigabe zum Flug. Dieses Flugzeug diente den Flugschülern bei der   Umschulung zum Jagdflieger als Schulungsflugzeug. 
Bei der deutschen Arado Ar 96 (Arado Flugzeugwerke GmbH, Warnemünde) handelte es sich um ein damals modernes einmotoriges Fortgeschrittenen- und Übungsflugzeug aus der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre. Das einmotorige Flugzeug war mit Einziehfahrwerk und geschlossener Kabine ausgerüstet. Im Zweiten Weltkrieg war die Ar 96 eines der Standard-Schulflugzeuge der deutschen Luftwaffe.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Arado_Ar_96)  

Ein Ju 87 „Stuka“Ein Ju 87 „Stuka“ landet in Bierbaum. Im Hintergrund die Straße nach Absdorf. 

Mit der Bezeichnung Stuka wird in der Regel das deutsche Sturzkampfflugzeug Junkers Ju 87 (Junkers Flugzeugwerke, Deutschland) aus dem Zweiten Weltkrieg assoziiert, das zu Kriegsbeginn massiv eingesetzt und in der Folge zum bekanntesten Flugzeug dieses Typs überhaupt wurde.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Sturzkampfflugzeug)  

 Eine Avia B 534 Links steht eine Avia B 534 rechts eine Junkers  W 34.

Eine Avia B 534Eine Avia B 534 von der Seite

Die Avia B-534 (Avia-Werke, Tschechoslowakei) war ein tschechoslowakisches einmotoriges Doppeldecker-Jagdflugzeug, wendig, zuverlässig und  gut zu fliegen. Es war dank seiner genieteten und geschraubten Stahlrohrkonstruktion auch für den Einsatz auf Feldflugplätzen geeignet. In der deutschen Luftwaffe diente es unter anderem als Fortgeschrittenentrainer.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Avia_B-534
Die Junkers W 34 war ein einmotoriger Tiefdecker der Junkers Flugzeugwerk AG. Von vornherein war die Maschine neben der Frachtfliegerei auch für den Passagier- und Schulbetrieb vorgesehen.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Junkers_W_34)  
 

Vorbereitung zum Flug

 Start mit VorwärmgerätBei großer Kälte mussten die Maschinen mit einem Vorwärmgerät auf den Start vorbereitet werden, hier eine Junkers W 34.

Eine Junkers W 34 wird betanktEine Junkers W 34 wird betankt, sie fasste nicht ganz 500 Liter Treibstoff.

Bruchlandungen 

Immer wieder kam es aus verschiedenen Gründen zu Bruchlandungen.

Eine Letov S 328Eine Letov S 328, mit der Uffz. Munker gestartet war. Nach einer Minute stellte sich eine Motorstörung ein und es kam zu einer Bruchlandung. 

Die Letov Š 328 (Letov-Werke bei Prag) ist eine Weiterentwicklung der Letov Š-28, einem einmotorigen zweisitzigen Doppeldecker tschechischer Herkunft. Nach der Annektierung der CS wurde das Flugzeug von der Deutschen Wehrmacht vor allem zu Übungsflügen verwendet.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Letov_%C5%A0-28#Letov_.C5.A0-328

Das verunglückte Flugzeug wird nach Markersdorf abtransportiert. Das verunglückte Flugzeug wird nach Markersdorf abtransportiert. 

Kopfstand mit geringem SchadenEntweder wurde beim Rollen zu stark gebremst oder ist das Flugzeug in ein Loch gerollt, jedenfalls handelte es sich um einen Kopfstand mit geringem Schaden. 

FliegerdenkmalHier wurde zu stark abgebremst und ein sogenanntes
„Fliegerdenkmal“ errichtet: 

Treibstoffmangel

Die Flugzeuge starteten gegen den Wind, daher mussten sie auf dem Flugfeld in die richtige Position gebracht werden. Gegen Ende des Krieges, als auch der Treibstoff schon knapp war, geschah dies mit Pferden oder mit Menschenkraft:

Treibstoffmangel

Treibstoffmangel 

Obwohl unsere Gegend einige Male Ziel von Bombenabwürfen war, wurde der Flugplatz erst gegen Ende des Krieges direkt angegriffen.

Schulchronik Bierbaum

Am 15. September 1958 wurde der im Jahre 19398 von der deutschen Wehrmacht enteignete Flugplatz den früheren Besitzern in einer kleinen Feier, welche am Flugplatz stattfand, zurückgegeben. Die Festrede hielt Herr Landesrat Waltner im Beisein des Herrn Bezirkshauptmannes Goldberger, des H. Hofrat Mattes von der Agrarbezirksbehörde und des Vermessungsbeamten der n.ö. Landesregierung, Herr Dipl.Ing. Sekot. Weiters waren alle ehemaligen Grundbesitzer anwesend. 

Eine weitere interessante Seite:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Luftfahrzeugen_der_Wehrmacht   

Alle Fotos stammen aus dem Buch „Überlebt“, das das Fliegerleben des Georg Munker (Unteroffizier, später Oberleutnant) wiedergibt. Der Autor Walter Waiss hat uns die Veröffentlichung freundlicherweise gestattet. Das Buch, in dem auch der Flughafen Fels behandelt wird,  hat die ISBN-Nummer 978-3-86933-074-7, es ist über Internet-Buchhandlungen erhältlich. 


Unsere Artikel, die NS-Zeit betreffend, die mit Emblemen des Dritten Reiches versehen sind, dienen nur dem Zweck der staatsbürgerlichen Aufklärung und der militär- und zeithistorischen Forschung über die Ereignisse und Vorkommnisse von vor über 70 Jahren. Wir wollen solche Darstellungen nicht als falsche Glorifizierung verstanden wissen und distanzieren uns dezidiert von nationalsozialistischem Gedankengut. 


Dezember 2013, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp