In die erste Zeit, in der wir von den Herren von Winchel hören, fällt die eigentliche Blütezeit des Rittertums (1150 – 1250). Herrschte kein Krieg, war gerade kein Kreuzzug im Gange, wechselten die Kämpfe im staatlichen und kirchlichen Leben mit ruhigeren Zeiten, so tobten die Herren und Ritter ihre Kampfeslust in Turnieren aus und neben den Turnieren brachte das Minneleben und das Minnelied frohe Abwechslung. Bei keinem ritterlichen Fest durften die Spielleute fehlen. Die Burgen der Herren und Ritter waren dann die Rastplätze die Spielleute, wenn sie zu einem bevorstehenden Fest herbeizogen.
Vielleicht hielt Walther von der Vogelweide, als er 1203 von Deutschland donauabwärts, wahrscheinlich zur Hochzeit des Babenbergers Leopold VI., der sich mit der byzantinischen Prinzessin Theodora vermählte, wieder nach Österreich kam (eine Notiz v. 12.XI.1203 überliefert uns, dass ihm der Bischof von Passau zu zezinmure [=Zeiselmauer oder Traismauer] 5 solide [Goldstücke] für einen Pelz geschenkt hat), in den Vesten Winkel und Winkelberg Einkehr und kurze Rast.
Und als das Geschlecht der Herren von Winchel noch im Glücke lebte, da mag bei den reichen Herren auf der Wasserburg in der Au, bei Poppo von Winchel und dann bei Ortlieb von Winchel und ihren Kunigunden um 1210 der Dichter des ostmarkischen Weihnachtsgesanges Konrad von Fussesbrunnen (Feuersbrunn; abgeleitet von Vuzesprunne: Fuoz = ein Personenname) und um 1240 der Minnesänger Ulrich von Sachsendorf (bei Harmannsdorf südlich von Eggenburg; bei letzterem Sachsendorf steht noch ein Stumpf eines Turmes einer kleinen Mauerburg.) zu Gast gewesen sein und durch Sang- und Fidelspiel manche frohe Stunde auf der Burg verbracht haben und auch der bayerische Minnesänger Neidhart von Reuenthal, der seit 1230 in Österreich lebte und sich häufig in der Tullner Ebene aufhielt, wird die Gastfreundschaft der Herren von Winchel in Anspruch genommen und mit den Herren auf den Vesten Winchel und Winchelberg bei Wein und Gesang manch vergnügte Tage verbracht haben.
Maria Knapp