Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at

Von Jugoslawien nach Oberfellabrunn 

Dies ist die Geschichte von Katharina Ruff, geb. Fernbach. Sie wohnt zwar etwas weiter weg – in der Umgebung von Hollabrunn - ich möchte ihre Geschichte, die sie selbst vor einigen Jahren für ihre Kinder niedergeschrieben hat, aber trotzdem in unsere Homepage aufnehmen, da sie ein beredtes Zeugnis der damaligen Zeit – Ende des Zweiten Weltkrieges und Besatzungszeit – ist: 
 

Meine Geschichte

Katharina Ruff, geb. Fernbach
geboren am 8. Feber 1934 in Kolut, Jugoslawien. 

Meine Eltern:
Josef Fernbach, geboren 17. Mai 1904, in Kolut gest. 16. Juli 1995,  im 92. Lebensjahr.
Juliana Fernbach geb. Fuß, geb. 29. März 1906, in Kolut, gest. 17. Feber 1999,  im 93. Lebensjahr. 

Eltern von Vater:
Anton Fernbach, geb. 1854, gest. auf der Flucht im Oktober 1944 in  Band, Ungarn
Katharina Fernbach geb. Zweng, geb. 1858, gest. im Dezember 1944 auf der Flucht in Schenkfeld, Schlesien. 

Die Eltern  

Eltern der Mutter: Georg Fuß, 
Anna geb. Bruck geb. am 16. Okt. 1875 in Kolut Jugoslawien,
gest. am 6 März 1960 in Forchheim, Deutschland 

Meine Brüder:
Georg Fernbach geb. 16. Juni 1926 in Kolut, gest. 24. Dez. 2008 im KH Hollabrunn.
Mathias Fernbach geb. 13. September 1928 in Kolut 

Die Familie um 1937 Die Familie um 1937 

Bilder aus der alten Heimat

Bilder aus der alten HeimatBilder aus der alten Heimat

Im September 1944 mußten Vater und Georg zum Militär. Am 9. Oktober 1944 begann unsere Flucht! Wir hatten 2 Pferde, denen wurden 2 Wagen angehängt. Am ersten Wagen durften unsere Verwandten ein wenig Gepäck aufladen, meine Großmutter Anna Fuß, meine Cousine Juli und ich durften auf diesem Wagen sitzen, die Erwachsenen mußten gehen. Mein Bruder Mathias war der Kutscher. Am 2. Wagen war ein Bett aus Heu für die Großeltern Fernbach und Futter für die Pferde. Unsere Verwandten: Mathias und Magdalena Fernbach, Bruder von Vater, und Gattin. Schwestern von Mutter: Rosi Müller, Tochter Marjanne, Anna und Georg Bernhart, deren Kinder Stefan und Juliana.

Am 9. Oktober 1944 haben wir Kolut verlassen, es waren das: 170 Pferdewagen und 1.000 Personen. In Kolut lebten 1944 2300 Personen  in 600 Familien. Über Ungarn - Baja bis Dunofoldvar - da kamen wir über die Donau.

Übernachtet haben wir oft im Freien bei Strohschobern, da hat es in der Früh öfters Reif gegeben. Das Nachtquartier waren Scheunen, Schulen und große Säle. Am Plattensee fuhren wir ein paar Tage herum, da gab’s schon Fliegeralarm. Unser Kaplan Sebastian Werni und ein zweiter Mann haben die Kolonne angeführt, die fuhren mit dem Fahrrad meist voraus um die Lage zu erkunden. Mit Lebensmitteln wurden wir versorgt, auch für die Pferde gab es Futter.

In Band, Ungarn, wurden wir für 1 Woche in Häuser einquartiert, zwei Räume für die ganzen Familienmitglieder, das wird Ende Oktober gewesen sein, da ist unser Fernbach-Großvater gestorben, mein Mathias-Onkel hat aus Brettern einen Sarg gezimmert, dann haben wir ihn am Friedhof begraben.

Bei Sopron sind wir über die Grenze nach Österreich gekommen. In Ebreichsdorf  waren wir wieder eine Zeit. Da unsere Pferde von den Strapazen geschwächt waren, wurden sie an das deutsche Militär abgegeben.

Es wurde ein Transport zusammengestellt und wir fuhren mit dem Zug nach Schlesien, in der Stadt Heerwegen wurden wir aufgeteilt. Tante Rosi und Tante Anna bekamen eine Wohnung in der Stadt, wir kamen in eine kleine Ortschaft, Schenkfeld, wir waren bei einer Wirtin einquartiert. Sie hieß Frau Kluge und hatte drei Kinder. Ihr Mann war auch beim Militär. Hier ging es uns gut, es waren schon die Lebensmittelkarten, aber man bekam noch alles zu kaufen. Die Fernbach-Großmutter wurde krank und starb nach 10 Tagen, das war vor Weihnachten. Der Bürgermeister von dort erledigte alles fürs Begräbnis, die Leute waren evangelisch und so kam am Stefanitag ein Pastor und hielt der Großmutter ein würdiges Begräbnis. Ein paar Tage danach durfte uns Vater kurz besuchen.

Ende Jänner ging die Flucht weiter, vom Gutshof bekamen wir ein Ochsengespann für drei Familien. Unsere Habseligkeiten haben wir aufgeladen, wir gingen den ganzen Tag zu Fuß, weil es so kalt war, da hab ich zu Mutter gesagt: „Gib mir ein Stück Brot, ich bin so müde, ich kann nicht mehr.“ Das waren harte Tage.

Nach 3 oder 4 Tagen wurden wir mit Lastwagen weitergefahren, dann wurden wir wieder in einen Zug verladen, es ging nach Deutschland. In Dresden waren wir am Bahnhof, wir fuhren mit dem Zug weiter bis Oederan, hier wurden wir in einer Schule einquartiert, da war Stroh als Schlafstelle. Vor uns waren schon mehrere Flüchtlinge hier und so hatten wir am nächsten Morgen Kopfläuse. Mutter war entsetzt. Die Frauen sagten es der Krankenschwester, doch diese lachte nur und sagte: „Es ist Krieg!“ Nach ein paar Tagen wurden wir aufs Land gebracht und wurden bei einem Bauern einquartiert. Die Familie hieß Gelfert. Zu meinem Geburtstag am 8. Feber waren wir schon dort, wir bekamen ein Zimmer, Mutter, Mathias und ich. Nach ein paar Tagen kam noch eine Familie aus Schlesien, 5 Personen. Herr Gelfert hatte einen Stall voll Kühe, da bekamen wir Milch, Butter und andere Lebensmittel. Hungern brauchten wir nicht. Als Dresden mit den Brandbomben bombardiert wurde, haben wir das beobachtet, es war ein grauenvoller Anblick. Wir waren ca. 50 km entfernt. Vom 13. bis 15. Feber 1945 wurde Dresden in Schutt und Asche gelegt. Es sind ca. 90.000 Menschen ums Leben gekommen. Es waren viele Flüchtlinge und verwundete Soldaten in der Stadt.

Im Frühjahr 1945, Anfang Mai, kamen dann die Russen, wir hatten große Angst. Die Gelferts hatten eine große Wohnstube und da blieben wir alle zusammen, geschlafen haben wir auf dem Fußboden einer neben dem anderen. In der Nacht ist öfters ein Russe herein gekommen aber es ist uns nichts passiert. In der nächsten Zeit hat Frau Gelfert für alle gekocht, wir waren eine Großfamilie, Mutter und die Frau aus Schlesien haben Frau Gelfert bei der Arbeit geholfen. Die Russen haben geplündert und Frauen vergewaltigt.

Ende Mai hieß es: Jetzt ist der Krieg vorbei und wir können wieder nach Hause. Im Juni versammelten wir uns in Oederan. Da war ein russischer  Transport, da waren drei leere Waggons, diese wurden mit Flüchtlingen gefüllt, dann ging‘s in Richtung Jugoslawien. Überall auf den Bahnhöfen waren Züge mit Russen und deutschen Kriegsgefangenen. Die Gefangenen waren in Viehwaggons mit vergitterten Fenstern. Die Soldaten hatten Hunger und Durst. Wenn Frauen ihnen Wasser und Brot geben wollten und der Russe sah es, bekamen sie Prügel.

So kamen wir durch Ungarn bis zur jugoslawischen Grenze. Wir wussten ja nicht, was uns bevorstand, da hielt der Zug an, dann hieß es: „Alle Flüchtlinge raus! Samt dem Gepäck!“ Da flogen die Sachen nur so raus durch Fenster und Türen. Wir glaubten, jetzt ist unser Ende da, als alles draußen war, fuhr der Zug weiter in Richtung Jugoslawien. Dann hieß es: „Bringt eure Sachen auf die andere Seite vom Gleis.“ Als wir damit fertig waren, standen zwei Russen da; alles auspacken, und sie nahmen sich, was ihnen gefiel, dann konnten wir wieder einpacken. Ob es wirklich Russen waren, wissen wir nicht!

Wir haben hier im Freien übernachtet, am nächsten Morgen kam ein Zug von Jugoslawien, hielt an und wir durften wieder einsteigen. Es ging in Richtung Ungarn. Nach ein paar Stationen hieß es wieder, alle raus. Hier war ein großer überdachter Unterstand, hier durften wir uns einquartieren. Bei Nacht kamen dann die Räuber, nahmen den Leuten noch das Wenige, da sie hatten. Wenn sie sich wehrten, bekamen sie Prügel, uns hat es zum Glück nicht betroffen. Hier von einem Zug in den anderen bekamen wir Gewandläuse. Unser Vorrat an Lebensmitteln war zu Ende und so begann das Tauschgeschäft, Ware gegen Lebensmittel. Die Frauen nahmen aus den Säcken, was noch gut war, gingen in die Dörfer und brachten dann Weißbrot, Obst, Kartoffeln und ein wenig Fett; so konnten wir ab und zu eine Kartoffelsuppe kochen, auf einem Dreifuß im Freien, das war ein Eisengestell, wo man ein Reindl darauf stellen konnte. Nach ein paar Tagen kam wieder ein Zug und wir mussten wieder einsteigen. Dann fuhren sie uns wieder ein paar Stationen weiter; dann wieder raus, es wollte uns niemand haben. Nach ein paar weiteren Tagen kam wieder ein Zug, wir mussten wieder einsteigen.

Diesmal ging es bis Baja, Ungarn: dort stellten sie uns samt den Waggons auf ein Abstellgleis und wir waren uns selbst überlassen. Es waren einige Familien aus Kolut dabei, 2 oder 3 ältere Männer waren dabei, die sagten. „Wir können hier nicht verhungern, am Land ist jetzt Erntezeit, da schauen wir, ob wir Arbeit bekommen.“ Mein Bruder Mathias ging mit ihnen; so kamen wir zur Familie Thuri, es waren deutsche Leute mit einem ungarischen Namen. Es waren reiche Leute, wir wurden in der Familie gut aufgenommen. Wir bekamen für uns drei ein schönes Zimmer und hatten gutes Essen. Mutter und Mathias arbeiteten im Stall und am Feld mit. Der junge Herr war 24, war verheiratet und hatte einen Sohn. Mathias, mein Bruder,  war 17. Der Herr und er verstanden sich sehr gut. Da war noch die Großfamilie: die Mutter vom Herrn und Großmutter. Die Großmutter wollte noch der Herr im Haus sein und sie verstand es nicht, dass man von zuhaus weg gehen kann oder muss! Wir waren hier zwei Jahre; ich ging zur Schule, es war schwierig, da ich ja kein Wort ungarisch konnte und bei Thuris wurde nur unser Dialekt gesprochen. Gara war eine große und reiche Gemeinde. Familie Thuri hatte 200 Joch Grund. Es waren hier Familien mit 400 Joch, die reichen Leute hatten einen Salasch, das war ein Hof draussen am Feld, dort wohnte eine Arbeiterfamilie, die die Feldarbeit verrichtete und das Vieh betreute.

Es war hier eine große und schöne Kirche, neben der Kirche war ein Frauenkloster, da waren mehrere Schwestern aus unserer Gegend zu Hause, die haben auch in der Schule unterrichtet. Sie haben uns Kinder eingeladen, dass wir auch wochentags zur Messe kommen sollen und für unsere Angehörigen beten. Ich hab in dieser Zeit viel gebetet und bin jeden Tag zur Messe gegangen. Das Haus der Familie Thuri war das sechste von der Kirche weg. Wir hatten hier in Gara schon brieflichen Kontakt zu Tante Rosi in Deutschland. Sie schrieb: „Was wir an Lebensmitteln bekommen, ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.“ 1946 kamen schon öfter deutsche Leute aus Jugoslawien und erzählten, dass sie aus dem Lager geflüchtet seien, weil die Leute dort verhungern und wenn die Partisanen jemand an der Grenze erwischen, erschießen sie diesen.

Ende 1946, Anfang 1947 wurden hier schon die deutschen Familien enteignet und diese wurden mit einem Transport nach Deutschland ausgesiedelt. Die Leute mussten in ein paar Stunden das Haus verlassen und konnten nicht viel mitnehmen. Ich war 12 Jahre alt und habe das schlimmer empfunden, was ich da gesehen habe, als unsere Flucht aus Kolut. Dann haben sie hier so ein Zigeunervolk angesiedelt, auf der anderen Straßenseite war so eine Familie, die waren verdreckt und verlaust. So lange der Vorrat im Haus war, haben sie gelebt, danach hatten sie wieder nichts. Im Kloster war auch ein Kindergarten und die Schwestern gingen Lebensmittel sammeln, um einmal am Tag diesen Kindern etwas zu kochen. Diese Kinder kamen auch zur Schule und zur Erstkommunion und da waren einige dabei, die keine Kleidung hatten, da waren es wieder die Klosterschwestern,  die bei den deutschen Leuten um Kleidung für diese Kinder baten. Die eingesessenen Ungarn waren fleißige und reine Leute und hatten eine schöne Tracht.

Jetzt hat Herr Thuri gesagt, hier sei es schon zu gefährlich für uns. Im Juni 1947 hat er uns mit dem Pferdewagen zum nächsten Bahnhof geführt, wo ein Transport bereit stand. Er hat uns noch Geld für die Reise gegeben, dann haben wir uns verabschiedet. Mit dem Zug ging es dann bis Sopron an der österreichischen Grenze, da mussten wir wieder aussteigen. Da wartete schon ein Ochsenbauer, der uns gegen Bezahlung bis zur Grenze fuhr. Dann sagte er: “Ihr müsst dort über den Berg gehen, drüben ist Österreich.“ Es hat geregnet, Mutter und Mathias konnten nicht alles auf einmal tragen und so musste ich hier warten, bis sie zurückkamen. Als wir drüben angekommen sind, hat uns schon die Grenzpolizei erwartet. Jetzt waren wir im Burgenland und nicht in Deutschland, wo wir hin sollten.  In einem Gasthof, in einer großen Scheune wurden wir Flüchtlinge gesammelt, da waren wir ein paar Tage und wir Kinder gingen um Lebensmittel betteln. Über das Arbeitsamt wurden die Leute vermittelt. Wer Arbeiter brauchte, holte sich hier welche. So kam der Gutsbesitzer Sedlar mit einem Lastwagen und wir kamen am 17. Juni 1947 nach Oberfellabrunn. Unser Quartier war dann im Schafflerhof. Auf der Straßenseite war ein Gebäude mit zwei großen Zimmern - 8 bis 10 Betten in einem Raum. Daneben waren noch eine Küche und ein kleineres Zimmer, es war voll belegt. In dem großen Zimmer wurde gekocht, gegessen und geschlafen! Da machten wir mit den Wanzen Bekanntschaft. Wir hatten schon Kopfläuse, Gewandläuse und jetzt noch die Wanzen, so haben wir alles Ungeziefer kennen gelernt. Aber unsere Leute haben die Betten in den Hof gebracht, geschrubbt und frisches Stroh in Strohsäcke gefüllt. Das Zimmer wurde geweißelt und der Fußboden geschrubbt, und so machten wir den Wanzen den Garaus.

Es gibt natürlich auch manchmal Schwierigkeiten. Es waren mehrere Koluter Familien hier, der Schafflerhof, das Fehringer Haus, alles was zum Gutshof gehörte, war mit Leuten voll. Damals gab es noch keine Maschinen und so brauchte man in der Landwirtschaft viele Arbeiter, das Getreide wurde mit der Sense gemäht, mit der Sichel weggenommen und zu Garben gebunden. Ein Traktor, 12 bis 13 Pferde waren am Hof; ein Kutscher hatte zwei Pferde. Die mußten sie in der Früh versorgen, dann fuhren sie hinaus, das Getreide musste auf einem Acker zusammen geführt werden oder in die große Scheune. Was im Freien gelagert war, wurde zuerst gedroschen. Wenn es geregnet hat - damals gab es auf keiner Straße Asphalt - brauchte man vom Schafflerhof zur Kirche Stiefel oder feste Schuhe, sonst blieb man stecken. Im Herbst 1947 bekamen wir Post von Tante Rosi aus Forchheim, Onkel Lorenz, der Vater von Cousine Marjanne kam schwer krank aus russischer Kriegsgefangenschaft und verstarb nach 11 Tagen. 1947 – 1948 ging ich hier noch 1 Jahr zu Schule, das brachte mir aber nicht viel; es waren ein Lehrer für 8 Volksschulklassen von der 1. zur 4. und von der 5. zur 8. Klasse und eine Handarbeitslehrerin.

1948 bekamen wir in der Mühle bei der Familie Krannich eine kleine Wohnung, Küche und Zimmer, das war schön. Die Familie Krannich und wir verstanden uns so gut, wir waren wie eine Familie. Mutter und Mathias arbeiteten weiterhin am Gutshof. Mutter arbeitete am Feld, Mathias war Ochsenkutscher und musste sich oft mit diesen störrischen Viechern ärgern. 1947 bekamen wir schon Post von Vater. Er war in französischer Gefangenschaft. Im Oktober 1948 kam er dann zu uns.

 Familie Fernbachvon links: Vater Fernbach, Katharina, Mutter, Mathias

Die Löcher an den Rändern stammen daher, weil das Foto Sohn Georg nach Russland geschickt worden war und er es dort in seinem Spind angenagelt hatte. 

Von Georg erfuhren wir, dass er in Russland sei, und er kam 1949 vor Weihnachten zurück, nun war die Familie wieder vereint. Vater war als Rosskutscher am Gutshof und Georg arbeitete auch dort. Ich war mit der Schule fertig und Mutter überließ mir den Haushalt. Ich lernte Kochen und Brot backen, wir aßen zu der Zeit nur Weißbrot, das wurde im Küchenherd gebacken. Beim Nudelkochen habe ich mir öfter die Finger verbrannt. Frau Krannich war eine gute Köchin, von ihr habe ich viel gelernt. In den Wintermonaten 1948 – 1949 kam eine Hauswirtschaftslehrerin nach Fellabrunn 2 -3 Tage in der Woche, da wurde gekocht und gebacken, aber Mutter ließ mich nirgends hingehen, ich weiß nicht, warum.

Ende 1947 oder Anfang 1948 bekamen wir Post und Pakete aus Amerika von unserer Verwandtschaft mit Schokolade, Bohnenkaffee, Keksen, Kaugummi, Packerlsuppen und gebrauchte Kleidung, wir waren sehr froh darüber, weil wir fast nichts mehr hatten. Zum Kaufen gab es damals nicht viel und wir hatten auch kein Geld. Den Bohnenkaffee haben wir nicht getrunken, den hat Mutter in Hollabrunn in der Konditorei verkauft!

Die Frau Gentsch hatte mir schon aus einer Tischdecke ein Kleid genäht. Sie hat mir dann im Lauf der Zeit etwas vom Nähen beigebracht, so konnte ich mir die Kleider selbst richten. Ich bekam dann eine alte Nähmaschine und so lernte ich für den Hausgebrauch nähen, das war die Winterarbeit.  

 Familie Fernbach in OberfellabrunnKatharina als zweite von rechts mit dem Kleid aus der Tischdecke 

Katharina als JugendlicheKatharina als Jugendliche

Fernbach-GeschwisterDie Geschwister nach dem Krieg wieder vereint 

Im Winter am Abend oder beim Kühe melken im Stall haben wir gerne miteinander Volkslieder gesungen. Im Winter am Abend waren wir immer in der Küche bei Krannichs, da wurde Karten gespielt oder gesungen. Als ich 15 Jahre alt war, ging ich mit Frau Stockinger zum Chor singen.

Unsere Leute bekamen 1947 1 Schilling in der Woche und als Deputat Milch, Mehl, Kartoffeln, Holz und Kohle. Es waren zu der Zeit noch die Lebensmittelkarten für Fleisch, Zucker und Kaffee, aber kein Bohnenkaffee. Wir Kinder gingen 1 -2 mal die Woche zu Fuß nach Hollabrunn (ca. 6 km, Anm .d. Verf.) um das Fleisch zu kaufen.

Die Familien, die am Gutshof gearbeitet haben, bekamen im Frühjahr einen Fleck Acker, da konnten sie Kukuruz und Kartoffeln anbauen, damit dann ein oder zwei Schweine füttern. Da wurde auch beim Schlachten kontrolliert, wie lange die Familie damit auskommen muss, es war aber ein Mann aus Oberfellabrunn, da ging es dann nicht so genau. Es wurde auch noch schwarz geschlachtet, da durfte halt niemand was hören. 

familie ruff mit kindernKatharina und Ferdinand Ruff mit den beiden älteren KindernIm Schweinestall bei Krannichs überließ man uns auch ein Abteil, so konnten wir jedes Jahr ein paar Schweine füttern und vor Weihnachten wurde dann geschlachtet wie zu Hause, es wurden Bratwürstel, Blutwurst und Schwardemagen (Presswurst) gemacht. Schinken, Speckseiten und das restliche Fleisch wurden eingesalzen und dann geselcht. Damals gab es keine Kühltruhe und keinen Kühlschrank.
Als ich dann 16 oder 17 Jahre alt war, lernte ich die Feldarbeit. Im Frühjahr wurde der Kunstdünger ausgestreut, aus einem großen Jutesack wurde eine Schürze gemacht, die hat man umgebunden, dann wurde sie mit Dünger angefüllt. Mit einer Hand hat man die zwei Zipfel gehalten und mit der zweiten hat man den Dünger ausgestreut. Beim Kartoffellegen hat man auch diese Schürze umgebunden und mit Kartoffeln angefüllt. Einer hat mit dem Pferd geackert und wir haben in jeder zweiten Furche Kartoffeln eingelegt. Die Arbeit auf den Feldern hab ich alles gelernt, es war mühsam und zum Teil anstrengend für mich, da ich ja zart war. 
Meine Eltern haben 1951um die Österreichische Staatsbürgerschaft angesucht und wir haben sie am 16. Feber 1954 bekommen. 
Zu Silvester 1951 lernte ich Ferdinand Ruff kennen und am 17. September 1955 haben wir geheiratet, so ist aus einer Donauschwäbin eine Österreicherin geworden! 
 

Der Fluchtweg

Der FluchtwegDie Familie hat auf ihrer nicht ganz dreijährigen Flucht etwas über 3000 km zu Fuß, mit Pferde- und Ochsenwagen und mit dem Zug zurückgelegt.  

Die wichtigsten Aufenthalte waren in:
Jugoslawien
           Kolut – früherer Wohnort
Ungarn
            Dunofoldvar
            Band
            Sopron
Österreich
            Ebreichsdorf
Polen
            Guzice (Schenkfeld)
Deutschland
            Dresden
            Oederan
Ungarn
            Maja
            Sopron
Österreich
            Klingenbach
            Oberfellabrunn – jetziger                    Wohnort

Karte: google maps 


Oktober 2012, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp