Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at

Marktrichter

Bis 1848 gab es in jedem Ort den sogenannten Dorfrichter, der entweder von der Herrschaft bestellt oder mit Einverständnis der Herrschaft gewählt wurde. Ihm wurden meist vier „Geschworene“ oder „Gewählte“ zur Seite gestellt. Da Kirchberg seit 1493 das Marktrecht besitzt, gibt es hier stattdessen einen Marktrichter.

An festgelegten Tagen wurde das „Banntaiding“ abgehalten. Das war die Versammlung der Bewohner eines Ortes an festgelegten Tagen um Beschlüsse über das Leben im Ort zu fassen sowie Verlautbarungen zu verkünden. 

Dr. Franz Eiselt schreibt in seiner Dissertation über die Marktrichter in Kirchberg am Wagram: An der Spitze des Ortes stand der Marktrichter, seine Wahl, die entweder nach dem Tode oder nach der Resignation des alten Richters einberufen wurde, fand in der Herrschaftskanzlei in Oberstockstall statt. Hier schlug der Pfarrer von Kirchberg meist drei Kandidaten, Angehörige des Inneren Rates, zu Wahl vor. Wahlberichtigt waren alle Bürger des Marktes. 
Hierauf wird richter und rath auch die gesamte burgerschaft des pass. Domkapitlmarktes Kirchberg am Wagramb von obrigkeits wegen anbefohlen, daß sie sich samt und jeder insonderheit, übermorgen um 8 uhr, welches sein wird der 4. August zu der richterwahl wie von alters herbei allhiesiger herrschaftscanztley gehorsamst einstölln, jeder in particulari mit gueter bescheidenheit votirn und was etwa vor beschwerden, auch der gesamten burgerschaft zu gemeinen bestem zu sein vermeint wird vorbringen, damit die beschwerde gehört und remidiert, die gemain nuzen aber befindet werden möge. Welch sie gehorsamst nachzukommen müssen werden

Die erste Richterwahl in Kirchberg selbst war 1788 im Gemeindehaus. Der neue Marktrichter aber stellte sich gleich der Herrschaft Oberstockstall zur Bestätigung vor.

Die führende Stellung des Marktrichters erkennt man daran, dass er bei Abstimmungen in Gemeindeversammlungen zwei Stimmen hatte!

Der Rat teilte sich in Äußeren und Inneren Rat auf. Die Zusammensetzung beider Körperschaften unterlag keiner Regel. Die Wahl erfolgte gleichzeitig mit der Wahl des Richters, und wurde ebenso von der gesamten Bürgerschaft vorgenommen. Es gab kein Zurückversetzen vom Inneren in den Äußeren Rat, oder von diesem in die Bürgerschaft. Die Rangordnung war hierarchisch gegliedert nach dem Eintritt. Ein Ausscheiden war nur durch den Tod gegeben oder durch Verlassen des Marktes.

Mitglieder 1656   1685   1696   1762   1767   1778  
Innerer Rat 8 5? 7 6 4 8
Äußerer Rat    2 4 4 1 -? 2
 
Der Arbeitsaufwand des Richters war beachtlich. Er siegelte jeden Kaufvertrag und jede Urkunde. Auch die Ratsherren wurden auf Grund ihres Ansehens oft bestellt zu Vormündern, Verlassenschaftsverwaltern, Schätzkommissaren und Testamentszeugen. Diese Tätigkeiten waren alle ehrenamtlich. Geringfügigen Spesenersatz gab es, wenn man in Sachen des Marktes auf Reisen war.
            
Daraus ergibt sich, dass diese Ämter für ärmliche Bürger nicht geeignet waren. Deswegen setzte sich der Innere Rat vor allem aus Vertretern der Handelsleute und der bessergestellten Gewerbe, wie etwa Bäcker, Lebzelter, Färber und Kürschner zusammen.
           
Bewerbungen für das Richteramt oder für den Rat sind nicht bekannt, vielmehr nahm man solche Stellen ein auf Grund der herrschenden und allgemein anerkannten gesellschaftlichen Rangordnung.
           
Die Vertreter des Marktes brachten es nach innen zu einem gewissen Ansehen, das deutlich aus Beiwörtern wie des Innern Rats, des Äußern Rats, derzeit Marktrichter, oder gewester Marktrichter hervorgeht. Ihre soziale Bedeutung war jedoch in der kleinen Gemeinde weitaus geringer als in den großen Städten. Ihre Entscheidungen fassten sie unter Mitwirkung der Bürger. Ratssessionen waren immer Vollversammlungen der Bürgerschaft! Wir unentschuldigt einer Sitzung fernblieb, musste Strafe zahlen. Die Strafe betrug 1762 1 fl 30xr (S.20), 1776 45 xr (S.324) und 1777 wiederum 1 fl 30xr (S.368) 
 
Marktrichterwahl 1656
Erwöhlung aineß Neüen Marcktrichters in Kirchberg
Heünt Dato den 20 tag deß Monaths Dezember in dem 1656 Jahr

Hat Georg Hürner gewöster Marckhtrichter in kirchberg, alda zue Oberstockstall in dem Pfarrhof, in beisein der Herrschaft und gantzen Bürgerschaft des Marckhts Kirchberg, sein Richter Ambt, wölches Er Vier lange Jahr versehen quitiert, und abgelögt, ist auch acceptiert worden, und hat Hr. Doctor Drey Canditator benannth, alß Sebastian Klingelmayr, Sebastian Prienner, und Geörg Hürner, und wölches Sebastian Klingelmayr von der Bürgerschaft (alß von fünfzehn) die meiste Wall bekhummen, darauf Ihme die Herrschaft Confimiert, und Er darüber ins Gelübt auf: und angenommen worden. Sind auch diese acht Nachvolgende in das Mittel oder in den Rath erwöhlt, alß nemblich Georg Hürner, sebastian Primmer, Hanß Luca, Hanß Rösch, Hanß Wenig, Ambrosius Beer, Christoph Hoffstötter, Mathias Damian, und der gewöhnliche iurament von Ihnen abgelegt worden. Neben diesen sindt auch Jene deß ausseren Raths benannt worden, alß Jacob Wenig, und Caspar Werner, diese solche Jederzeith der gemainen Bürgerschaft anliegen und beschwernuß anbringen, und vortragen. 

1512
Hans Panschlager
1570
Hans Nestler
1585
Thomas Beer
1632   – 1635
Caspar Mödlinger
1635   – 1639
Egidius Beer
1639   – 1642
Leonhard Frey, Bäcker
1642   – 1643
Wolf Scheer, Lebzelter
1643   – 1644
Hans Pöttinger, Tierarzt
1644   – 1647
Hans Holzer, Lederer
1648   – 1649
Sebastian Priener, Schuster
1649   – 1652
Sebastian Klingenmayer, Bäcker
1652   – 1656
Georg Hierner, Färber
1656   – 1665
Sebastian Klingenmayer, Bäcker
1666
Matthias Prunner, Schuster
1675   – 1682
Georg Ambrosi Beer, Kaufmann
1682   – 1685
Joh. Friedrich Fraundorfer, Kaufmann     
1686   – 1689    
Thomas Parzer, Bäcker
1690
Joh. Friedrich Fraundorfer, Kaufmann
1693-1695
Thomas Parzer, Bäcker
1696   – 1700
Johann Christoph Beer, Kaufmann
1703
Urban Mayer, Bindermeister
1709   – 1715
Elias Holzapfel, Lebzelter
1716   – 1718
Joh. Jakob Beer, Kaufmann
1731   – 1740
Johann Michael Beer
1741   – 1749
Anton Wohlfahrt
1750   – 1754
Anton Delapina, Tuchhändler
1755
Johann Georg Pichler, Fleischhauer
1762   – 1778
Franz Josef Hober, Chirurg
1778-1784
Joh. Paul Regelsberger, Kürschner
1784   – 1788
Philipp Schober, Eisenhändler
1802   – 1804  
Franz Egger, Färber
1805
Michael Baumgartner
1806
Franz Stöger, Weißgerber
1815
Anton Hober, Chirurg
1820
Johann Pachner, Baumeister
1825   – 1834
Anton Zwickl, Lebzelter
1838   – 1843
Joachim Baumann, Gastwirt
1843   – 1848
Joseph Pachner, Baumeister
 

Bürgermeister

1848 wurde die Bezeichnung auf Bürgermeister geändert.

Die wichtigsten Aufgaben des Bürgermeisters und der Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts
(Schautafel in der Gemeindestube im Museumsdorf Niedersulz) siehe hier.

Jahr
Bürgermeister
Gem.Rat 1
Vizebürgerm.
Gem.Rat   2
1845-1855
Josef Pachner,
Baumeister
 
 
1855-1859
Johann Schober,
Eisenhändler
 
 
1865-1867
Johann Zwickl,
Färbermeister
Franz Delapina,
Handelsmann
Anton Heinrich,
Kürschnermeister
1868-1869
Anton Heinrich,
Kürschnermeister
Johann Raschendorfer,    
Notar
Franz   Roskopf,
Gastwirt
1870-1873
Franz Roskopf,
Sparkassendirektor
Johann Raschendorfer,
Notar
Franz Poppenberger,    
Glasermeister
1875
Franz Roskopf,
Sparkassendirektor
Dr. Rudolph Roth, 
Notar
Joseph Pollenat 
1876
Franz Roskopf,
Sparkassendirektor
Dr. Rudolph Roth, 
Notar
Franz Diewald  
1877-1879
Franz Roskopf,
Sparkassendirektor
Dr. Rudolf Haas,
Notar
Anton Berger,
Oberlehrer
1880-1882
Franz  Roskopf,
Sparkassendirektor
Dr. Rudolph Roth,
Notar
Dr. Rudolf Haas,
Notar
1883-1900
Franz  Roskopf,
Sparkassendirektor
Dr. Rudolph Roth,
Notar
Anton Berger, 
Oberlehrer
1901
Dr. Rudolph Roth, 
Notar
unbesetzt
Anton Berger, 
Oberlehrer
1902-1907      
Dr. Rudolph Roth, 
Notar
Josef Neugebauer,
Fleischhauer
Joseph Gottwald,
Lederhändler
1907-1912
Josef Neugebauer,
Fleischhauer
Michael Diewald
Joseph Gottwald,
Lederhändler
1913
Josef Neugebauer,
Fleischhauer
Michael Diewald
JosephGottwald,
Lederhändler
1913-1919
Franz Delapina,
Kaufmann
Michael Brandmayer,
Bäckermeister
Gregor Moser,
Sattlermeister
1919
Karl Höflinger,
Lehrer
Alois Kohlheimer,
Tischlermeister
Johann Holzschuh,
Schlossermeister
1920-1921
Karl Höflinger,
Lehrer
Alois Kohlheimer,
Tischlermeister
Johann Holzschuh,
Schlossermeister
1922 
Karl Höflinger,
Lehrer
Alois Kohlheimer,
Tischlermeister
 
1922-1925
Alois Kohlheimer,
Tischlermeister
Friedrich Dewisch.
Schlossermeister
 
1925-1929
Damböck Johann sen.,
Maurermeister
Josef Neugebauer,
Fleischhauer
 
1930-1937
Johann Damböck sen.,    
Maurermeister
Engelbert Tragschitz,
Eisenhändler  
 
1937-1938
Rudolf Gläser,
Steuerrevident
 
 
1938-1939
Dr. Fritz Gerstner,
Notar
 
 
1939-1945
Josef Heinrich, 
Sparkassenbeamter
Rudolf Kainz,
Kaufmann  
 
1945-1946 Franz Weidinger,
Kaufmann
   
1946-1956
Franz Heiß,
Gastwirt
 
 
1956-1968   
Johannn Damböck jun.,
Baumeister
 
 

Bis 1985 ist der Bürgermeister der Großgemeinde Kirchberg am Wagram identisch mit dem Ortsvorsteher von Kirchberg.
 

Bürgermeister der Marktgemeinde

1968 - 1972  Johann Damböck jun., Baumeister, Kirchberg
1972 - 1980  Johann Daschütz, Landwirt, Mitterstockstall
1980 - 1990  Karl Zimmermann, Landwirt, Neustift
1990 - 2015  Johann Benedikt, Landwirt, Mallon
2015 - 2023  Wolfgang Benedikt, Landwirt, Mallon
seit 2023       Franz Aigner, Versicherungsangestellter, Kirchberg
 

Ortsvorsteher von Kirchberg

bis 1985        kein Ortsvorsteher
1985 - 1990  Vbgm. Walter Kettinger
1990 - 2005  Vbgm. Klaus Schwab
2005 - 2015  Vbgm. Hubert Figl
2015 -           Vbgm. Erwin Mantler 

Bürgermeister

Franz RoßkopfFranz Roßkopf
1870-1899

Josef NeugebauerJosef Neugebauer
1907-1913

Franz DelapinaFranz Delapina
1913-1919

Karl HöflingerKarl Höflinger
1919-1922

Johann DamböckJohann Damböck
1956-1972

Karl ZimmermannKarl Zimmermann
1980-1990

Johann BenediktJohann Benedikt
1990-2015

Wolfgang BenediktWolfgang Benedikt
2015-2023

Franz AignerFranz Aigner 
seit 2023

Quellen:
(Dissertation von Dr. Franz Eiselt: „Beiträge zur Geschichte des Marktes Kirchberg am Wagram unter besonderer Berücksichtigung des Zeitraumes 1650 – 1806“, Wien 1973) 
Amtskalender für NÖ und Österreich, NÖ Landesarchiv, St. Pölten
Marktgemeinde Kirchberg am Wagram
Geschichte der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram 

Fotos:
Geschichte der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram, 1993
Bürgermeisteralmanach
Marktgemeinde Kirchberg am Wagram 

Jänner 2013, letzte Änderung Mai 2024
Maria Knapp