Zweck der Keller
Die Bewohner der Marktes, allesamt Gewerbetreibende, widmeten sich neben ihrem meist einträglichen Gewerbe auch dem Wein- und Ackerbau. Aus den Inventaren, die anlässlich jedes Todesfalles gemacht wurden, gehen die Weinmengen hervor, die sie im Keller gelagert hatten.
So hatte etwa die Bäckerin Eleonora Gerersdorferin im Jahr 1757 287 Eimer Wein (16.000 l) im Wert von 627 fl 18 xr im Keller liegen, die Lebzelterin Katharina Heimin im Jahr 1772 568 Eimer im Wert von 2341 fl 30 xr und der Fleischhacker Anton Pichler im Jahr 1797 476 l im Wert von 1559 fl.
Der Lederer Leopold Graf aus Kirchberg Nr. 37 war zu seiner Zeit sicher einer der reichsten Bürger im Markt. Er hinterließ im Jahr 1781 ein Wohnhaus im Wert von 2000 fl sowie ein Herrschaftshaus um 1000 fl, Bargeld, Grundstücke (16 Joch Acker, 3 ¾ und 3 1/8 Weingarten, einen Obstgarten mit 2zwei Kellern), Vieh (3 Pferde, 5 Kühe, 2 Kälber, 11 Frischlinge, 2 Zuchtschweine und 13 Spanferkel), Hausrat, Forderungen und die riesige Menge von 5538 Eimern (310.000 l) Wein.
Für diesen Weinvorrat benötigte man natürlich Lagerraum in Form von tiefen, langen Kellern, die sich unter den Häusern der Bürger befanden.
Qualitätswein war bei der inländischen Oberschicht sehr geschätzt, er war aber auch das führende Exportgut Niederösterreichs seit dem Mittelalter. Aus diesem Grund ist auch in den Pfarrmatriken stets über Qualität und Quantität des Weines berichtet worden. Die Weine unserer Gegend wurden vor allem nach Böhmen und Mähren exportiert, wo allerdings der österreichische Wein in Konkurrenz mit dem ungarischen stand. Für die Ausfuhr kamen nur Qualitätsweine in Frage, für minderwertige waren die Transportkosten zu hoch.
Der Keller unter dem Gemeindeamt
Das Haus Kirchberg Nr. 6, heute Gemeindeamt, gehörte dem Fleischhauer Rittler, der seinen Keller zur Lagerung seiner Fleischvorräte benützt hat. Davon zeugt der noch vorhandene Eiskeller. Der Keller ist Großteils gewölbt.
Aber nicht nur Fleischhauer und Wirtshäuser, sondern viele wohlhabende Bürger unterhielten einen Eiskeller, um ihre Lebensmittelvorräte zu lagern. Die Versorgung mit Eis war so wichtig, dass sie auch in verschiedenen Chroniken erwähnt wird, wie etwa in der Kirchberger Schulchronik: „Am 15. Dez. 40 setzte plötzlich starke Winterkälte ein. An den folgenden Tagen gab es Morgentemperaturen von 16 bis 21 ° unter Null. Am 19. Dez. konnten die Fleischer und Gastwirte schon ihren Eiskeller füllen.“
Das Eis wurde von zugefrorenen Gewässern geholt – in Kirchberg wohl von den Bediensteten.
Mantlerkeller
Der Mantlerkeller lag nicht am Marktplatz, sondern unter dem ehemaligen Gasthaus des Franz Anker in der Kremserstraße, das im Frühjahr 2014 abgerissen wurde.
Aufwändig geschnitzte Fassböden
Linkes Fass: Eine Nachbildung des Kirchberger Wappens
Rechtes Fass, Spruch:
Unsere Hauer
schenken reinen Wein
gern in Gläser
gern in Worte ein
Weingut F. Anker
Kirchberg a Wg
Rechtes Fass, Spruch:
Gott fürchten macht selig
Weintrinken macht fröhlich
Drum fürchte Gott und trinke Wein
Dann wirst du selig und
fröhlich sein.
Weingut F. Anker
Heiterkeit und froher Sinn
Liegt in Ankers Weine drinn
Spendet Labsal dir in Not
Doch trink daran dich nicht zu tot.
Weingut F. Anker
Rechtes Fass, Spruch:
1897 – 1932
Hehr wie des Adlers Flug
Soll stets sein dein Streben
Sei arbeitsam und klug
Im tatenreich’n Leben.
Sei ehrlich, fromm und tugendhaft,
Auch auf dornenvollen Wegen.
Im Leid trink edlen Rebensaft,
Denn im Wein liegt Gottes Segen.
Anker
Eine Freude die bleibt dein,
Du wirst sie immer wieder finden
In einem guten Tröpferl Wein!
Der Keller unter dem Pfarrhof
Der Keller des Pfarrhofes reicht bis zum Müllergraben, von wo man auf der anderen Straßenseite in die Fortführung des Keller gelangt. Dieser Teil ist im 2. Weltkrieg als Luftschutzkeller benutzt worden. Die Schulkinder liefen bei Alarm auf einem Fußpfad links des Pfarrhofes dorthin. Ob der Keller schon bestanden hatte, bevor der Müllergraben angelegt wurde, ist nicht erforscht.
Quellen:
Dissertation von Dr. Franz Eiselt: „Beiträge zur Geschichte des Marktes Kirchberg am Wagram unter besonderer Berücksichtigung des Zeitraumes 1650 – 1806“, Wien 1973
Alle Fotos aus dem Mantlerkeller wurden von Frau Marianne Eckart aus Engelmannsbrunn im Rahmen einer Führung gemacht.
Fotos Keller unter dem Gemeindeamt: Maria Knapp
Juni 2014, letzte Änderung Mai 2024
Maria Knapp