Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
Die Gründe, warum es zum Bau einer eigenen Schule in Winkl kam: 

Kremser Zeitung vom 13.4.1889
Eine bandwurmähnliche Schulangelegenheit.
Der Leib des Bandwurmes besteht bekanntlich aus lauter einzelnen Gliedern, deren Zahl oft in die Hunderte geht. Ebenso ist es bei der Schulangelegenheit Neustift im Felde und Winkl. Die Winkler sind nach Neustift eingeschult. Zu den Segnungen der Neuschule gehört es aber auch, daß die Schüler infolge der achtjährigen Schulpflicht um vieles zugenommen haben; eine weitere Folge dann, daß immer neue Schulen gebaut werden müßen. So auch in Neustift. Auf einmal war die Schule zu klein. Zum Baue einer neuen 2klassigen Schule sollten nun die Winkler nach dem Steuergulden beitragen, d.h. gut die Hälfte. Das verweigerten aber die Winkler, da sie bisher immer nur ein Dritttheil zur Erhaltung der Schule beitrugen. Dazu hat Graf Breuner seine Grundstücke, die in der Winkler Freiheit liegen, von jeder Schulumlage befreit. Dieser Geldbetrag von ungefähr 70 fl käme den Winklern zu gute. Nach endlosem Hin und Her beschlossen die Winkler, lieber eine eigene Schule zu bauen. Es kamen Commissionen, der Weg wurde abgemessen – (wenn aber die Commission im Frühjahr gekommen wäre, hätte sie den bodenlosen Weg nicht in 35 Minuten zurückgelegt) – und die Winkler auf eine Schule vertröstet. – Herr Josef Schocher, der einzige Gastwirt in Winkl, gab sein Gewerbe auf, weil er sich verpflichtete, unentgeltlich auf 3 Viertel Jahre seine Wohnung als Schulzimmer beizustellen. – Das Ende vom Lied ist aber der Anfang – die Winkler sind abgewiesen – sie können rekurriren; - doch ein Gutes hat die Sache, daß Winkl jetzt kein Wirtshaus hat – eine gewiß große Seltenheit in unserer vergnügungslustigen Zeit! 

Im Jahr 1890 war mit dem Schulbau begonnen worden. Durch ein Hochwasser wurden aber die Pläne, die Schule im Oberort zu errichten zunichte gemacht, wie die Kremser Zeitung, nicht ohne Häme, berichtet: 

Kremser Zeitung vom 20.9.1890
Winkl an der Au.
Eine ertrunkene Schule.
„Ueber den Punkten setze ich mich“, so sprach der Vizebürgermeister von Winkel, (der eigentliche Bürgermeister dieser Gemeinde regiert in Wien) und die Schule mußte zwischen Wirthshaus und Viehhirten gebaut werden, damit die Kinder jede stierende Kuh hören und weil, „über den Punkten“ dorthin niemals bei einer Ueberschwemmung ein Wasser komme. Aber die Donau hatte heuer auch ihre Punkte, über die man sich nicht setzen, sondern die man überfahren mußte. Durch allerhand Punkte war es mit dem Schulbau spät geworden, aber Ziegel und Steine geführt und etwas Grundfeste ausgehoben. Da kam das Hochwasser mit seinen Punkten. Ziegel und Steine quollen an und trotz sich der Vizebürgermeister üben den Punkten gesetzt hatte, war der Bauplatz zuerst unter Wasser und mit der Zille befahrbar. Was für Augen möchte da wohl die löbliche Commssion aus Krems gemacht haben, als die Punkte des Herrn Vizebürgermeisters so zu Wasser wurden! Doch der Schaden kam noch ärger. Draußen beim Ziegelofen standen zum Brande vierzehntausend Batzen bereit – und trotz allen Setzens über die Punkte steht heute davon nur mehr ein formloser Haufen Lehm. Wer jedoch den Schaden hat, braucht bekanntlich für den Spott nicht zu sorgen. Der vom hochw. Herrn Dechant von Kirchberg und von einsichtsvollen Männern vorgeschlagene und bei weitem billigere Platz war ganz außer jedem Wasser geblieben. Von einem Schulbau kann heuer demnach keine Rede mehr sein. So geht es leider in mancher anderen Gemeinde auch, wenn der Vizebürgermeister „sich über den Punkten setzt“ und statt „Punkten“ dann am Platze eine große Null oder ein Defizit sich findet. O arme Schule von Winkl!

Anmerkung: Die Schule wäre oberhalb des Gasthauses errichtet worden, das Haus des Viehhirten hätte sich darunter befunden. 

Aus der Schulchronik
Winkl war früher eingeschult in die Schule Neustift im Felde. Des schlechten Weges wegen waren die Kinder oft wochenlang verhindert,  die Schule zu besuchen,  und versäumten daher sehr viel. Oft führte Herr Josef Schocher sämmtliche Schulkinder in die Schule und holte sie von derselben wieder ab. Wegen der großen Schüleranzahl sollte nun laut Auftrages vom K.K. Bezirksschulrathe Krems in Neustift eine 2classige Schule gebaut werden und Winkl zu diesem Bau circa 4000 fx zahlen. Um den Schulbesuch regelmäßiger zu gestalten und die Hindernisse gegen denselben zu beseitigen, beschlossen die Winkler selbst eine einclassige Schule in Winkl zu bauen. Sie suchten um die Bewilligung an, wurden aber abgewiesen. Man suchte noch einmal an und diesmal wurde es bewilligt. Jetzt war die Frage wohin bauen? Es wurden 4 Plätze vorgeschlagen, einer bei der Kirche, der zweite auf Schocher’s Wiese, der dritte an der Stelle vom Haus No 47 und der vierte in Hummer’s Garten. Es kam eine Commission und es wurde der Platz in Hummer’s Garten als Bauplatz bestimmt und dort zu Bauen begonnen. Da trat das Wasser aus und überflutete den ganzen Bauplatz. Darüber machte Herr Schocher die Anzeige. Die Commission kam nochmals und maß die Bauplätze bezüglich ihrer Höhe ab und fand, daß der auf Schocher’s Wiese der höchste, bei der Kirche der zweite, bei No 47  der dritte und in Hummer’s Garten der niedrigste ist. Deshalb wurde dort der Bau aufgegeben und beschlossen, das Haus No 47 zu kaufen und dort die Schule hinzubauen, da dieser Platz gerade in der Mitte des Ortes liegt. Der Plan, welchen H. Baumeister Johann Österreicher verfaßte konnte auch hier gebraucht werden. Der Bau wurde verlicitiert und von Leopold Wittmann Baumeister in Fels um 20 % billiger als H. Österreicher erstanden. In das Baucomité wurden gewählt die Herrn Franz Bösl-Lastinger, Johann Pfaller und Josef Schocher. Nachdem man Herrn Johann Pfaller 400 Quadrat Klafter abgelöst hatte begann der Bau im Juni 1890 und wurde im November 1892 beendet und kostete 5300 fx also um 1300 fx mehr als zum Schulbau in Neustift zu zahlen gewesen wäre. Gleich darauf war die Caulodierung angenommen vom k.k. Bezirkshauptmann u. k.k. Bezirksschulrath Krems. Als gut wurde das Gebäude befunden, welches von der Schulfreundlichkeit der Bewohner, da sie aus eigenem Antriebe zum Besten ihrer Jugend es herstellten, zeigt. Möge ihnen dieser Bau auch die gehofften Früchte bringen und ihre Schulfreundlichkeit noch erhöhen.

Besetzt wurde die Schule im 1. August 1892. Am 31. Juli 1982 fand die Einweihung des Schulhauses statt. Der hochw. Dechant von Kirchberg, Herr Ignaz Hohmann nahm unter Assistenz seiner 2 Cooperatoren, der Herren Leop. Metzger und Wenzel Schiel, die Weihe vor. Herr Dechant hielt nach der kirchlichen Ceremonie eine sehr lehrreiche und schulfreundliche Ansprache an die vielen Anwesenden von Winkl und Umgebung, die in dem Grundsatz gipfelte: „Friedliches Zusammenwirken und gegenseitiges Unterstützen des Religionslehrers, des Schulleiters und der Eltern bei regelmäßigem Schulbesuche bilden die Grundbedingung eines erfolgreichen Unterrichtes.“ Die Schülerin Maria Schocher begrüßte Herr J. Jungbauer, den für Winkl ernannten Schulleiter und übergab ihm nach einer kurzen Ansprache die Schulhausschlüssel. Herr Josef Schocher, Gemeindevorsteher, beglückwünschte ihn zu seiner Ernennung und bot ihm mit einfachen Worten Vertrauen gegen Vertrauen an. Herr Jungbauer dankte für den Vorschlag (primo loco) und freundlichen Empfang und bat ihn mit den übrigen Mitgliedern des Ortsschulrathes anwesenden Obmann, Herrn Franz Bösl-Lastinger, welcher schon seit 9 Jahren als Mitglied des Ortsschulrathes von Neustift an der Seite des Herrn Josef Schocher thätig war und mit diesem während des Schulbaues mit Hindernissen eine wahre Leidensgeschichte durchmachen mußte, um Unterstützung zur Erreichung des schönen Zieles der Jugenderziehung. Nun ergriff der k.k. Bezirks-Schulinspektor, Herr Josef Strasnitzky aus Königstetten (der Herr k.k. Bezirkshauptmann war für den Tag schon zu einer Festlichkeit in Tulln eingeladen und bedauerte nicht erscheinen zu können) das Wort zu einer längeren Rede; er lobte den für Winkl prächtigen Bau, ermahnte die Eltern, ihre Kinder zum regelmäßigen Schulbesuche anzuhalten, beleuchtete die schöne Aufgabe der Schule und übergab mit folgenden Worten der Anerkennung die Kleinen dem Schulleiter Jungbauer: „Ihr Charakter und Ihr bisheriges Verhalten bürgt mir, daß Sie diesen Kleinen stets auch in schweren Zeiten, ein liebevoller, pflichtgetreuer Lehrer sein werden!“ Nun wies Redner auf den Urheber hin, dem wir die Möglichkeit eines solchen Festes, den Genuß und die Wohlfahrt dieses schönen Schulbaues zu verdanken haben und brache ein dreifaches Hoch auf unseren geliebten Monarchen aus, dem sämmtliche feierlich gestimmten Anwesenden begeistert zustimmten; die Schulkinder sangen in gelungener Weise die Volkshymne.

Nun dankte Herr Schocher als Bürgermeister im Namen der ganzen Gemeinde Winkl in ergreifen Worten dem anwesenden Schulleiter in Neustift, Herrn Ludwig Marzani, wohin bislang die Kinder von Winkl eingeschult waren, für dessen humanes und trotz der vielen Mißstände ersprießliches Wirken in und außer der Schule und überreichte ihm ein prachtvoll ausgeführtes Ehrendiplom der Gemeinde. Der allgemein hochgeachtete Marzani dankte gerührt ob solch hoher Auszeichnung; unter anderm sagte er, daß eine nur aus Bauern bestehende Gemeinde sich durch diese Ehrengabe selbst geehrt habe, in dem sie dadurch Verständnis für das Wirken eines Landlehrers in und außer der Schule an den Tag gelegt habe, und führte weiter aus, daß der neue Lehrer getrost das Amt in einer solchen Gemeinde antreten könne, wo man den Scheidenden in solcher Weise ehrt. Ferner ermunterte er Herrn Schocher auch ferner tapfer zu dienen und bat den neuen Schulleiter um gute Nachbarschaft. Die warmherzige festliche Rede machte einen derartigen Eindruck, daß nicht nur die Kinder, sondern auch viele Eltern Dankestränen weinten. Und als der Scheidende noch einige Abschiedsworte an die Winkler richten wollte, mußte er schnell abbrechen, denn laut weinend drängten sich Kinder und Mütter zu ihm heran.

Mehrere Lehrer aus der Umgebung sangen hierauf unter Leitung des Herrn Ant. Berger, Oberlehrer in Kirchberg am Wagr. ein feierliches Lied und der Herr k.k. Bezirksschulinspektor schloß in würdiger Weise die schöne, erhebende Feier.

Im Haus der Herrn Schocher nahmen dann die Geistlichkeit von Kirchberg, der Herr Bezirksschulinspektor, die Vertreter der Gemeinde, Herr Bauer von Mallon als Bezirksschulrathsmitglied und die beiden Schulleiter ein gemeinsames Mahl ein. 

Pfarrchronik Kirchberg
Im September dieses Jahres vom 5. – 9. war eine große Überschwemmung, verursacht durch das Austreten der Donau. Neustift und Winkel litten besonders stark, da alle Grünfrüchte vernichtet waren. Auch der Platz, ganz im oberen Orte, wo in Winkel die Schule gebaut werden sollte, kam unter Wasser. Daher wurde, nachdem auch der Gemeinde viele tausend Patzen in Nichts zerronnen u die Grundaushebungen mit Wasser angefüllt waren, die Schule an jetziger Stelle gebaut; Auf den Wunsch des Herrn Dechanten, dieselbe näher bei der Kirche zu errichten, wurde nicht Rücksicht genommen. Im Juni 1892 war dieselbe noch nicht eröffnet, da (ou est la femme?) man bei Besetzung der Lehrerstelle auf des Försters Töchterlein von Altenwörth Rücksicht zu nehmen hatte, da Papa Haunold nur unter dieser Bedingung als Vertreter des Grafen Breuner zu allem zu haben war.
Anmerkung: Das "Töchterl vom Förster Haunold" war übrigens die Gattin vom Lehrer Jakob Jungbauer. 

Die ältesten Ansichten der Winkler Schule 

Schule Winkl

Schule Winkl

Schule Winkl 
Ansichtskarten: Herbert Eder, Kollersdorf; Erich Trezmüller, Gigging 

August 2020, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp