Schulchronik Engelmannsbrunn
In den Vormittags- und Nachmittagsstunden des 27. Juli war drückende Hitze. Um ungefähr drei Uhr Nachmittag zogen schwere Gewitterwolken am Himmel auf. Sie kamen sehr schnell näher und zogen dicht über dem Erdboden dahin. Es dauerte nur kurze Zeit, setzte arger Sturm ein. Er peitschte die schweren Regentropfen dahin, die bald mit Eiskörnern vermischt waren. Hagel mit wenig Regen vermischt, prasselte nun zwanzig Minuten auf Felder und Weingärten und vernichtete alles, was mühsame und fleißige Bauernhände gehegt und gepflegt hatten. Dazu der peitschende Sturm riß alles um, was er erreichen konnte.
Im Ort floß das Wasser über die ganze Straßenbreite. Ungefähr einen halben Meter hoch, vier Stunden lang. Es riß alles, was es erreichen konnte mit sich. Man konnte durch den tosenden und reißenden Strom von einer Straßenseite die andere nicht erreichen. Das Straßenpflaster wurde in einer Länge von 50 – 60 m und zu einer Breite von 1 – 2 m aufgerissen und die Pflastersteine bis auf die Bundesstraße mitgeschwemmt. Die Wassermassen ergossen sich auf die Felder und Gärten zwischen Bundesstraße und Bahndamm. Die Bäume der Gärten waren umgebrochen, das Obst lag angeschlagen am Boden oder schwamm davon. Im Ort wurde die Scheune des Herrn Passecker, die mit Frucht voll war, weggerissen, auf den Dächern fehlten Dachziegel.
Wenn man nach dem Gewitter auf der Bundesstraße dahinging, kamen von den Weingärten noch immer kleine Bächlein, die abgeschlagene Trauben und Blätter mit sich führten. Auf der Bundesstraße selber lagen Schottermassen, die von den Weingärten des Wagram heruntergeschwemmt wurden. Die Weingärten sahen trostlos aus: Stecken umgebrochen, Stöcke ausgeschwemmt, Reben lagen angeschlagen am Boden. Als nach einigen Tagen die Stecken wieder aufgerichtet waren, waren die Weingärten ohne Blätter und Trauben.
Das Korn, das noch auf den Feldern stand, war zum Teil nur mehr Stroh, die Ähren hatten ihre Körner durch den Hagel verloren. Die Blätter der Hackfrüchte waren ganz zerschlagen und werden lange brauchen, ehe sie sich erholen.
Schulchronik Kirchberg am Wagram
Pfarrchronik von Kirchberg am Wagram
27. Juli. Dieser Tag wird allen lange in Erinnerung bleiben. ca. 15 Uhr zog aus der Richtung NW ein schweres Gewitter auf, das schon kommendes Unheil ahnen ließ. Mit unheimlicher Schnelligkeit wälzten sich die Wolken heran, ein Sturm brach los, der starke Bäume wie Streichhölzer knickte und sehr viele Dächer – vor allem auch das Kirchendach – schwer beschädigte. Ein ungefähr 20 Minuten andauernder Hagelschlag verwandelte die ganze Gegend in eine trostlose Winterlandschaft. Die ganze Obst- u. Weinernte war mit einem Schlag vernichtet. Im Pfarrhof allein waren auf der Hofseite über 80 Fensterscheiben zertrümmert. Bereits am nächsten Tag wurden vom e.b. Ordinariat Hilfsmaßnahmen getroffen, ja selbst der Herr Kardinal, sein Generalvikat Dr. Streidt, Dr. Pennal vom Bauamt und Baumeister Ing. Rohringer kamen, um Lokalaugenschein zu nehmen und der Bevölkerung ihre Anteilnahme zu bezeigen. Die Reparatur des Kirchendaches allein kam schon auf rund 35 000.- Schilling.
Das Kleine Volksblatt, 28.7.1953
Katastrophales Unwetter in Niederösterreich
…. Fast gleichzeitig ging über das Gebiet von Fels am Wagram, Bezirk Tulln, ein Wolkenbruch nieder, bei dem die Hagelschloßen Durchmesser bis zu fünf Zentimeter erreichten.
Die gesamte Weinernte wurde vernichtet, ein Großteil der Feld- und Obstkulturen ist schwer beschädigt, zahlreicher Bäume wurden entwurzelt.
Auch Großweikersdorf und Umgebung wurden zwischen 16 und 17 Uhr von einem schweren Unwetter mit Hagel heimgesucht. Die Landesstraße nach Tulln ist unterbrochen. Besonders schwer wurde Großwiesendorf heimgesucht, wo zwei Häuser völlig zerstört wurden. Das Wasser schwemmte Mauern, Einrichtungsgegenstände und Haustiere fort….
Das Kleine Volksblatt, 29.7.1953
Millionenschaden durch Orkan und Hagel
Landeshauptmann Steinböck im Katastrophengebiet – Soforthilfe der nö. Landesregierung
Die Bezirke Tulln, Korneuburg, Krems und Hollabrunn wurden von einem katastrophalen Unwetter heimgesucht, das einen Schaden anrichtete, der zwar bis jetzt nicht einmal noch annähernd abzuschätzen ist, ohne Zweifel aber in die Millionen geht.
Die Wein- und Obsternte ist völlig vernichtet, mehrere Häuser und Scheunen sind eingestürzt oder abgedeckt, hunderte Weinkeller stehen unter Wasser, zahlreich Familien sind obdachlos, die Flurschäden unübersehbar und die Gebäudeschäden beträchtlich. Das Gebiet zwischen Stockerau, Großweikersdorf und Krems ist derart verwüstet, daß der Eindruck entsteht, das Land sei mit einem Bombenteppich belegt worden.
Landeshauptmann Steinböck begab sich gestern früh in Begleitung des Landesrates Waltner und der zuständigen Bezirkshauptleute in das Katastrophengebiet, um einen Überblick über die Schäden zu gewinnen. Es ist geplant, eine Sondersitzung des Landtages einzuberufen, um eine Ausnahmsbudget festzulegen, aus dem der betroffenen Bevölkerung eine Soforthilfe gewährt werden soll.
Hinsichtlich des Weinbaues erklären Experten, daß in den einzelnen Rieden auch im kommenden Jahr nicht mit einer Ernte zu rechnen sein wird.
Die Schäden an Straßen sind so nachhaltig, daß die Ausbesserungsarbeiten nur in einem größeren Zeitraum durchgeführt werden können. Die Franz-Josefs-Bahn-Strecke von Absdorf-Hippersdorf in Richtung Gmünd wird wahrscheinlich heute schon wieder eingleisig befahrbar sein, obwohl der Bahndamm zwischen Inkersdorf und Großweikersdorf – also auf einer Länge von fünf Kilometern – an mehreren Stellen unterwaschen ist.
Die Sicherheitsbehörden sind derzeit im Auftrag der Landesregierung damit beschäftigt, die umfangreichen Schäden zu registrieren, eine Arbeit, von der sich der Laie kaum eine Vorstellung machen kann. Man rechnet damit, frühestens in drei Wochen einen summarischen Ueberblick über den Gesamtschaden zu haben.
Wie wir erfahren, ist nur ein geringer Teil der Landwirte gegen Hagelschlag versichert, so daß viele Bauern vor dem Nichts stehen. Keiner der Landwirte hat so hohe Rücklagen, daß er die Schäden aus Eigenem decken bzw. auf die Erträgnisse durch die Ernte verzichten kann.
Bei dem Unwetter wurden nach bisher vorliegenden Meldungen zwei Personen getötet und mehrere verletzt. Einbußen an Großvieh sind nicht zu verzeichnen doch kamen zahlreiche Kleintiere um.
Als Folge dieser Katastrophe überlegte man, eine Hagelabwehr, wie sie schon in Südtirol gebräuchlich war, zu organisieren. Anfänglich verwendete man Raketen zu Abwehr, seit 1976 setzt man auf die Abwehr mittels Kleinflugzeugen, die Silberjodid in die Hagelwolken bringen.
Quelle: https://www.hagelabwehr.com/
Februar 2013, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp