Vor dem Beginn der Dampfschifffahrt waren Fließgewässer in erster Linie eine Einbahnstraße flussabwärts. Viele Flosse und Schiffe wurden nur gebaut, um sie an der Endstation nach dem Ausladen der Waren zu zerlegen und das Holz zu verkaufen. Später legte man Treppelwege entlang des Flusses an, auf denen zuerst Menschen und ab dem 15. Jahrhundert Pferde die Schiffe stromaufwärts zogen.
Schiffzug, dargestellt im Schifffahrtsmuseum Spitz
Naufahrt und Gegenzug
Die Naufahrt war die Schifffahrt in Fließrichtung eines Gewässers. Nur bei kleineren Schiffen und Gegenwind war Rudern erforderlich. Die Talfahrt war nicht ungefährlich, da Anhalten und Navigieren bei starker Strömung sehr schwierig waren.
Die Fahrt gegen den Strom, der Gegenzug, unterschied sich ganz wesentlich von der Naufahrt; sie war mühseliger und zeitraubender, aber auch weit gefährlicher und erforderte viel mehr Personal.
Gewöhnlich bestand ein Schiffzug aus drei beladenen Schiffen, der sogenannten Hohenau, der Nebenbei und dem Schwemmer, alle drei große Zillen. Dazu kamen noch einige Nebenschiffe. Das Treibleinl, das Seil, mit dem die Schiffe gezogen wurden, war nicht in der Mitte des Schiffsbuges befestigt, sondern landseitig. Damit und mit Hilfe der Steuerruder war es möglich, das Fahrzeug im tiefen Wasser zu halten.
Jedes einzelne Schiff hatte sein genau definiertes Personal:
Personal auf der Hohenau
Sößstaller
Er war der wichtigste Mann bei Gegenzug. Er saß den ganzen Tag auf seinem Stand, von dem aus der die Fahrt des Zuges leitete.
Burschknecht
Er half dem Sößstaller.
Seilträger, Seiltrager, Saltrager
Dieser Schiffmann hatte die Aufsicht über das Seilzeug und mußte das Zugseil zu den Pferden zur Hohenau (Leitschiff) führen.
Bruckknecht, Pruckknecht
Er war der Gehilfe des Seiltragers und hatte seinen Namen von der Seilbrücke, auf der sein Standplatz war.
Stoirer, Stoyrer, Stoierer, Storler, Storer
Er war der Steuermann der Hohenau.
Keherer
Ein anderer Namen für den Stoirer, den Steuermann der Hohenau.
Hilfsruderer
Er half dem Stoirer bei der Steuerung der Hohenhau.
Reserveschiffmann
Er wurde für verschiedene Arbeiten herangezogen.
Unterläufel, Unterleifl
Anderer Name für den Reserveschiffmann.
Koch
Dieser Schiffmann war nur für das Kochen zuständig.
Personal auf der Nebenbei
Schiffschreiber
Er war kein Schiffmann, sondern der Vertreter des Schiffmeisters. Er war für alle wirtschaftlichen Belange zuständig.
Nebenbeifahrer
Er besorgte die Steuerung des Nebenbei.
Nebenei-Hilfsruderer
Er half dem Nebenbeifahrer und war gleichzeitig der Bediente des Schiffschreibers.
Bock
Er hatte vom Nebenei aus mit Bremse und Hängseil die Steuerung des Schwemmers zu regeln.
Schintelkrumper
Er entspricht in etwa dem Bock.
Personal auf dem Schwemmer
Schwemmsößstaller
Er unterstand wie alle Schiffleute dem Sößstaller auf der Hohenau.
Schwemmer, Schwemmerferg
Andere Namen für den Schwemmsößstaller.
Schwemmerstoirer
Er besorgte die Steuerung des Schwemmers.
Schwemmhilfsruderer
Er war der Gehilfe des Schwemmstoirers
Verlorene Mandl
Eine kleine Abteilung der Schiffsmannschaft, die dafür zu sorgen hatte, dass das Treibleinl immer in der Luft schwebte. Sie fuhren daher in einer kleinen Zille dem Seil entlang und hoben dieses über Hindernisse, wie Steine und Baumstämme hinweg. Diese Arbeit war mit steter Lebensgefahr verbunden.
Der Pferdezug
Schiffreiter
Allgemeinde Bezeichnung. Sie führten die Zugpferde eines Gegenzuges auf der Donau und ihren Nebenflüssen an. Sie wurden oft als wüste Gesellen beschrieben, die mit fürchterlichem Lärm und Peitschenknall die Pferde antrieben. Sie saßen meist seitlich im Sattel.
Treiber
→ Schiffreiter
Jodel
→ Schiffreiter
Reiterbuben
→ Schiffreiter
Vorreiter
An der Spitze des Pferdezuges trabte der Vorreiter. Er war der Kommandant des Schiffzuges und hatte mit seiner Messlatte, der Marschalten, die Wassertiefe der Seitenarme und jener Stellen, an denen die Pferde ins Wasser mussten zu sondieren und alles Notwendige zu veranlassen, damit Menschen und Pferde keinen Schaden erlitten.
Wagehals
Anderer Name für den Vorreiter.
Voraufreiter
Stellvertreter des Vorreiters.
Spaneller
Ein Reiter auf einem Pferd.
Schaarreiter
Er ritt auf einem Pferd und führte ein zweites an der Leine mit.
Sie waren in Fähnlein zu je drei Mann zusammengestellt.
Hundsseilreiter
Er war der erste der Schaarreiter.
Marstaller
Marstall war ursprünglich die Bezeichnung für den Pferdestall eines Fürsten. Der Begriff kann darüber hinaus auch die Gesamtheit aller Pferde eines Fürsten bezeichnen.
Der Marstaller war beim Gegenzug für die Fütterung der Pferde und den morgendlichen Weckruf zuständig.
Afterreiter
Er hatte den Zug vor sich und trieb ihn an.
Reiterknechte
Sie ritten ungesattelte Pferde und mussten das Seil am Ufer über Hindernisse heben.
Weitere Berufe
Außifahrer
Große Schiffe nahmen zur Zeit der Ruderschifffahrt für schwierige Strecken ortskundige Schiffleute der anliegenden Orte auf. Diese „Außifahrer“ genannten Lotsen versahen bis zum Ende der Ruderschifffahrt ihren Dienst.
Ferge
→ Urfahrer
Flößer, Flezer (lat. ratiarius)
Er brachte gefällte Baumstämme entweder als Floß auf Flüssen (Flößerei) oder aber einzeln auf Bächen bis zu den Brettmühlen, Köhlereien, Glasfabriken, Werften oder Holzplätzen.
Ländhüter
Die Stelle, an der ein Schiff anlegte, war die Lände, die Beaufsichtigung oblag den Ländhütern.
Lotse
→ Außifahrer
Urfahrer, Überfahrer
Personen, die gegen Entgelt Personen und Waren von einer Seite eines Flusses auf die andere beförderten. Das Recht der Urfahr, also das Recht zur Beförderung lag meist bei den Herrschaften.
Die Überfuhren waren ursprünglich im Besitz des Landesfürsten, der die Rechte nach Gunst und Verdienst vergab. So gelangten manche Adelsgeschlechter in den Besitz des Urfahrrechtes, das diese an Fergen (Überführer) weitergaben. Nur dieser durfte gegen Lohn überführen.
Mehringer
Die im Rang gleich hinter dem Sößstaller kommenden Schiffleute, und zwar der Seiltrager, der Bruckknecht, der Hohenaustoirer und der Schwemmstößstaller, hießen die Mehringer.
Nauferge, Nauführer
Führer eines stromabwärts fahrenden Schiffes
Schiffzieher (lat. helciarius)
Allgemeine Bezeichnung für Menschen, die die Schiffe zogen.
Treidler
→ Schiffzieher
Berufe an Land
Fasszieher
Spezialisierte Berufsgruppe zum Verladen von Weinfässern, z. B. auf Schiffe.
Miassucher
Sie lieferten das zum Zillenschoppen notwendige Moos. → Zillenschopper
Schiffmeister
Wie andere Handwerker, waren auch die Schiffer zu einer Zunft vereinigt, wobei jede unter der Führung eines Schiffmeisters stand. Die einzelnen Gilden durften nur bestimmte Stromstrecken befahren, außerhalb nur gegen Entrichtung einer Entschädigung an die örtliche Innung.
Schopper
nannte man die Schiffbauer in der deutschsprachigen Donauregion. Das Schoppen selbst ist das Abdichten der Fugen von Zillen und Schiffen mit Moos, das vorher zu einem Zopf gedreht wurde. Danach legten die Schiffbauer Leisten darauf, die das Moos in die Fuge drückten und schlugen in Abständen kleine Eisenklammern, sogenannte Klampfeln, ein.
Tauchmeister
Das Beladen von Schiffen wird als „tauchen“ bezeichnet. Für die Überwachung der Tauchung war auf großen Ladeplätzen ein Tauchmeister zuständig.
Quelle:
Ernst NEWEKLOWSKY, Die Schiffahrt und Flößerei im Raume der oberen Donau, Bd. 1, Linz 1952
Mai 2019
Maria Knapp