Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at
Infolge eines Tiefdrucksystems, das von den Britischen Inseln nach Mitteleuropa gezogen war, kam es vor allem im Waldviertel zu zwei wolkenbruchartigen Niederschlagsphasen innerhalb weniger Tage. Über den Kamp kam das Wasser ins Tullner Feld, aber auch die Donau führte Hochwasser.

Fr. 9.8. 
Das Wasser fließt am späten Nachmittag über die Ried Nachtwaid in Richtung Dorf. Gegen 21 Uhr schlängelt  es sich bereits aus dem Ortsgraben über die Straße in Richtung Häuser. Die Feuerwehr, die bereits Sandsäcke ausgeteilt hat, bringt weitere zu den Häusern. Die Autos werden aus dem Ort gebracht. Der Hochwasserschutzdamm war geöffnet worden, um das Wasser abfließen zu lassen. Später wird der Strom abgeschaltet – Notstromaggregate werden - so weit vorhanden - denjenigen Haushalten zum Anschließen von Pumpen zur Verfügung gestellt, deren Keller vom Wasser gefährdet ist.

zille im dorfZillenfahrer auf der Dorfstraße

Sa. 10.8.
Das Wasser, das einen Teil des Ortes überflutet hat, geht kaum zurück. In der Nacht halten die Feuerwehren verschiedener Ortschaften in den vom Wasser bedrohten Kellern Wacht, um den übermüdeten Bewohnern etwas Schlaf zu gönnen. Sie pumpen das Wasser von Zeit zu Zeit aus, .

So. 11.8.
Das Wasser geht zurück.

Mo. 12.8.
Am Vormittag geht das Wasser weiter zurück. Man kann mit dem Auto wieder bis ins Dorf fahren. Am Nachmittag kommen in den Medien Berichte, dass vom Kamp her eine zweite Hochwasserwelle kommt.
Am Abend wird die Bevölkerung durch eine Lautsprecherdurchsage angehalten, das Nötigste zu packen, um bei Aufforderung das Dorf schnell verlassen zu können.

Di. 13.8.
Gegen 8.30 Uhr wird die Bevölkerung ausgefordert, das Dorf zu verlassen. Die Einwohner fahren entweder zu Verwandten oder in die Wagramhalle in Kirchberg am Wagram, die als Notlager eingerichtet wurde. Auch etwa 600 Schweine werden evakuiert und in Ställen in Ziersdorf und Pulkau untergebracht. Nur die Feuerwehr bleibt vorerst im Ort.

Bei der Bushütte im OberortBei der Bushütte im Oberort
Foto: Buch: Hochwasser 2002
Eine Text- und Bildchronik

Markierungsplatte Die Markierungsplatte links auf halber Höhe der Säule zeigt den Höchststand des Hochwassers an.Mi 14.8.
Der ganze Ort steht unter Wasser. Die Öffnung im  Hochwasserschutzdamm im Süden des Ortes, die nach der ersten Welle wieder zugeschüttet wurde und laut Anweisung der Behörden nicht geöffnet werden darf, hält alles Wasser im Ort zurück. Die Bevölkerung muss hilflos von der Weite zusehen, wie das Wasser steigt. In den 19:00-Uhr-Nachrichten wird direkt von der Unterführung nach Neustift übertragen. Endlich kommt die Erlaubnis, den Damm sprengen zu dürfen, doch die Mittel sind ungeeignet. Es käme Sprengstoff zum Einsatz, der auch die Fensterscheiben der Häuser bersten ließe.
Das Wasser erreicht um Mitternacht den Höchststand. 

So. 15.8.
(Maria Himmelfahrt): Um 9:00 vormittags findet die Sprengung statt, dann beginnt das Wasser rasch zu sinken. Am Nachmittag fährt die Feuerwehr mit einigen Bewohnern mit Zillen in den Ort. 

Fr. 16.8. 
Versammlung aller Winkler im Haus Berthiller in Neustift – Verhaltensmaßregeln werden erteilt. Danach fahren die Winkler mit Zillen und Ponton in den Ort.
Am Abend findet eine Versammlung in der Wagramhalle statt.

Sa. 17.8.
Beim Seekreuz gibt es bis Montag ein warmes Essen, das vom Roten Kreuz und den Neustifter Frauen gerichtet wird.

So. 18.8.
Es gibt wieder Strom im Dorf.

Di. 20.8.
Das Essen bekommen wir ab nun mittags und abends am Platz hinter der Schule.

Die Kegelbahn wird durch das Hochwasser vernichtet.
Das Heurigenlokal der Familie Grill wird durch das Hochwasser zerstört. Sie beschließen, keinen Heurigen mehr abzuhalten.

Blick auf den OrtBlick auf den Ort
Luftaufnahme

Alle nicht benannten Fotos: Maria Knapp

Oktober 2012, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp