Auf einem Bauernhof gab es bis nach der Mitte des letzten Jahrhunderts eine große Anzahl verschiedener Tierrassen, die alle einem Zweck dienten - Tiere nur zum liebhaben gab es kaum, sogar Hunde und Katzen hatten ihre Aufgabe.
Die Viehzucht hat erst in letzter Zeit einige Bedeutung erhalten. Früher mehr für den Hausbedarf eingerichtet, bildet sie jetzt ein bedeutendes Ausfuhrkontingent, was Milch und Fleisch anbelangt, nach Wien. Die Viehzucht erstreckt sich auf Aufzucht von: Rindern, Ziegen, Schweinen, Hühner, Gänsen und Enten. In früheren Jahren wurden viele Schafe gehalten. Bei den Tieren ist durchwegs der „Landschlag“ vorherrschend. Bei den Schweinen überwiegt die „deutsche“ Rasse. Von all den genannten Tieren werden jährlich viele nach Wien verkaufsweise abgegeben. Die Kuhmilch wird ins landwirtschaftliche Kasino getragen oder zu Butter gerührt. Letzteres geschieht jedoch sehr selten.
(Schulchronik Neustift)
Der Bauer hat in früherer Zeit fast alle Nahrungsmittel, die er brauchte, selbst erzeugt: Getreide für Brot, Gemüse und Obst und das Fleisch der zahlreichen Tiere, die gehalten wurden.
Schweine
Schweine wurden für den Eigenbedarf und zum Verkauf gefüttert. In den Ställen, die meist durch Holzbohlen getrennt waren, lebten vier bis fünf Schweine.
Gefüttert wurden sie mit selbst angebauten Kartoffeln, die jeden 2. Tag im Erdäpfeldämpfer gekocht wurden. Dazu gab es Schrot, der vom eigenen Korn in der Schrotmühle gemahlen wurde. Die Schweine hatten meist einen Auslauf ins Freie.Um die 50er-Jahre hatte ein mittlerer Bauer um die 20 Schweine. Man hielt eine oder mehrere Zuchtsauen, um eigene Ferkel zu haben. Zum Aufnehmen kam der Halter mit dem Eber.
Zum Schweineschlachten kam der Halter. Schon vorher wurde hektisch Wasser in einem Kessel erhitzt, um das geschlachtete Schwein damit abzubrennen, damit die Haare besser zu lösen waren. Aus diesem Grund wurde es auch mit Saupech eingerieben und dann mit Werkzeugen in Glockenform abgeschabt. Zum Schluss wurde die Haut noch mit einem scharfen Rasiermesser nachgeputzt.
Rinder
Rinder waren früher aus der Landwirtschaft nicht wegzudenken, wurden sie doch für viele Zwecke benötigt.
Die Milchwirtschaft war ein wichtiger Erwebszweig, vor allem nach Einführung der Milchsammelstellen, den sogenannten Milchkasinos, um die Jahrhundertwende. Aber auch für den Hausgebrauch war sie als kostenloses Grundnahrungsmittel von Bedeutung. Neben dem Frischgenuss und dem Verkochen zu verschiedenen Speisen gewann man Rahm, Butter und Topfen. Erdäpfelsterz und Stoßsuppe war ein vielen Häusern das tägliche Abendmahl.
Die Kälber, die in der eigenen Wirtschaft nicht gebraucht wurden, konnten für gutes Geld verkauft werden.
Ochsen waren die Zugtiere der nicht so begüterten Bauern. In Notfällen, wie etwa im Krieg, als die meisten Pferde beschlagnahmt worden waren, mussten auch Kühe als Zugtiere dienen.
Milchwirtschaft
Durch den Verkauf der Milch hatten die Bauern ein regelmäßiges Zubrot. Um 1900 wurden in unserer Gegend überall Milchgenossenschaften, sogenannte Milchkasinos gegründet, in welche die Bauern die Milch liefern konnten und so einen geregelten Absatz und Preis hatten. Die Milch wurde zuerst mit Pferdewägen, später mit Traktor und Anhänger nach Kirchberg zur Bahnstation gebracht.
Die Arbeiten unter den Mitgliedern war genau geregelt. Die Aufteilung der Arbeit, bzw. die Bezahlung von gewissen Arbeiten oder deren unentgeltliche Erbringung wurde von Ort zu Ort, aber auch in den einzelnen Orten im Laufe der Jahre unterschiedlich gehandhabt.
Bevor der Strom in die Orte kam, mussten im Winter Eisblöcke in die Eisgrube geschlichtet werden, damit die Milch auch den Sommer über kühl gehalten werden konnte. Mit dem Anschluss an das Stromnetz fiel diese schwere Arbeit weg.
Manche schlaue Bauern wollten ihren Ertrag steigern, indem sie die Milch mit Wasser streckten. Da die Milch jedoch fallweise unangemeldet überprüft wurde, flog dieser Schwindel oft auf und die Bauern wurden mit Strafen und Ermahnungen belegt. Es kam auch vor, dass die Bäuerin beim Milchanliefern stolperte und die Milch ausfloss, wenn sie frühzeitig ahnte, dass ein Kontrollor am Kasino war.
Näheres dazu finden Sie im Bericht über die Protokolle der Milchgenossenschaft Winkl.
Lehrer Hirsch in der Schulchronik Neustift um 1933: Auf Anregung des Schulleiters L. Marzani und des Herrn Anton Wagensonner bildete sich am 6.März 1892 ein Gründungskomitee zu einem landw. Casino; L Marzani arbeitete die Statuten aus, welche am 19.4.1892, Zl. 18825 von der hohen n.ö. Statthalterei genehmigt wurden. Der Verein begann seine Thätigkeit am 1.Mai 1892 und zählte 36 Mitglieder.
Herr Wagensonner Anton wurde Obmann, Hr. L. Marzani Schriftführer, Ausschüsse: Hr.Schocher Josef, Hr. Schuster Josef, Hr.Bertiller Franz , Hr. Anton Detter.
Das landwirtschaftliche Kasino erhielt im Jahre 1927 eine elektrisch Kühlanalage und Wasserpumpen. Dadurch wurde dem Sauerwerden der Milch im Sommer beim Transport nach Wien (gegen)gesteuert. Das Milchgeld, das alle 14 Tage ausbezahlt wird, und als solches eine halbwegs sichere Einnahmequelle des Bauernstandes bildet, ist ein wahrer Segen derselben in Notzeiten des Standes.
In der Regel hatte in Neustift jeder Bauer fünf bis zehn Milchkühe.
Aus "Heimatkunde von Bierbaum" um 1950: Ein ausgewachsenes Rind braucht täglich durchschnittlich 18 kg Heu, ein kleineres 12 kg. Milchertrag: Eine Kuh gibt etwa 300 Tage Milch und streht 85 Tage trocken. Sie gibt nach dem Kalben etwas 30 Tage je 12 l Milch, weitere 30 Tage je 10 l, 100 Tage je 8 l, 80 Tage je 6 l, 40 Tage je 4 l und 20 Tage je 3 l. 24 l Milch ergeben 1 kg Butter.
Zeitungsinserate zur Milchproduktion
Tenntreten
Eine spezielle Verwendung gab es für Rinderblut, die Frau Anna Schabl aus Königsbrunn beschreibt: Lehm benötigte man auch für eine neue Tenne in einer Scheune. Lehm wurde mit Stier- oder Ochsenblut vermengt und am gewünschten Ort der Scheune aufgetragen. Pferde mussten den Lehmteig mit ihren Hufen vertreten, sodann klopften Männer mit Brettern mit Stiel das ganze glatt. So manche lernten bei einer neuen Tenne die ersten Tanzschritte unter Grammophonmusik. Man nannte das ganze ‚Tenntreppeln‘.
Pferde
Pferdefuhrwerke
Dass das Lenken von Pferdefuhrwerken auch gefährlich werden konnte, zeigen folgende Zeitungsartikel:
Unglücksfall
Vorigen Samstag den 24.d. wollte der Knecht des hiesigen Bäckermeisters Ehn mittelst Schlitten, an dem zwei junge Pferde gespannt waren, in die Au um Holz fahren. Unweit von Kirchberg wurden die Pferde scheu. Der Knecht, welcher sich im Schlitten befand, war nicht im Stande, dieselben aufzuhalten. In der Nähe von Klimmers Gasthaus verließen sie die Straße und fuhren an einem Baum derart an, daß ein Pferd infolge Gehirnerschütterung und Sprengung des Brustblattes sofort todt zusammenstürzte. Das andere Pferd ist weniger verletzt. Es ist dies seit Jahresfrist das dritte Unglück, welches sich in unserer Nähe bei Fuhrwerken ereignet hat.
(Kremser Zeitung vom 1.2.1891)
Unfall.
Der Wirtschaftsbesitzerssohn Georg Paßecker, ein Neffe der Weinstehhallenbesitzers Paßecker in Wien, fuhr am 24. d.M. abends mit leeren Weinfässern von der Bahnstation Kirchberg am Wagram nach Ottenthal. Im Orte Oberstockstall scheuten die Pferde. Paßecker stürzte vom Wagen und blieb mit doppeltem Beinbruche und einer schweren Verletzung am Kopfe am Platze liegen. Doktor Jarosch leistete ihm erste ärztliche Hilfe.
(Österreichische Land-Zeitung vom 27.1.1906)
Am 4. d. nachm. hatte Doktor Hans Jarosch aus Kirchberg am Wagram beruflich in unserem Orte zu tun. Er hatte ein junges Roß vom Pferdehändler Alexander Blau in Kirchberg zur Probe einspännig angespannt. Kaum berührte das Pferd das den ganzen Ort durchziehende Betonpflaster, wurde es scheu, fing das Gebiß und war nicht mehr zu halten. Im wahnsinnigsten Tempo raste es durch den Ort Dr. Jarosch wurde mitten im Orte herausgeschleudert und fiel mit dem Hinterhaupte auf das harte Pflaster, wo er bewußtlos liegen blieb. Beim Brückengeländer in der Nähe des Schlosses sprang das Pferd über den Balken und viel in den Graben. Der Kutscher sauste im Bogen auf die Grasböschung und kam unverletzt mit dem Schrecken davon. Der Wagen ging in Trümmer. Herr Pfarrer Lissek hatte mittlerweile den rasch zum Bewußtsein gekommenen Dr. Jarosch aufgehoben und im nächsten Hause gereinigt und verbunden. Er hatte eine Kopfwunde erlitten. Man kann Gott danken, daß der Unfall nicht viel schrecklichere Folgen hatte.
(Österreichische Land-Zeitung vom 13.1.1917)
Vorige Woche führte Herr Schneider Josef eine Fuhre Holz aus der Au. Das Pferd machte einen Satz und er kam unter den Wagen zu liegen. Die hinteren Räder gingen ihm über den Fuß, doch so, daß nur das Fleisch von den Knochen abgetrennt wurde.
Dem Herrn Bürgermeister Karl Leistinger, der ohnehin fußleidend ist und der seine erste Ausfahrt nach Kirchberg machte, gingen unter der Brücke in Kirchberg infolge Scheuwerdens die Pferde durch, schleuderten ihn vom Wagen gegen die Gstetten und rasten umkehrend weiter. Sein Sohn, der ihn begleitet hatte, wurde beim Heißischen Wirtshaus gleichfalls aus dem Wagen geschleudert und die Pferde konnten erst in Unterstockstall zum Stehen gebracht werden. Glücklicherweise ging es für beide mit kleineren Verletzungen ab.
(Kremser Volksblatt vom 7.3.1903)
Ziegen
Gänse und Enten
Die Gärten hinter den Häusern waren früher nicht eingezäunt, auch die Hoftore standen meist offen. So konnten die Gänse ungestört zu ihren Lieblingsplätzen an einer Lacke oder einem Teich gelangen. Abends marschierten sie dann im nach ihnen benannten Gänsemarsch wieder heim.
Dieses Federvieh wurde aber nicht nur für den Sonntagsbraten gehalten. Die Federn wurden nach dem Rupfen sorgfältig aufbewahrt und im Winter wurden in der warmen Küche die Kiele der Federn vom Flaum getrennt. Dieses Federnschleißen beschreibt Frau Schabl Anna aus Königsbrunn: Auch Gänse gab es in den Häusern welche außer Fleisch auch Federn abgaben. Die Gänse wurden gerupft und die Daunen wurden gleich extra gegeben, die Flügel als Flederbusch „Flederwisch“ verwendet und alle übrigen Federn geschlißen, das ist: Die Federn von den Kielen befreien. 2 ½ kg geschließener Federn ergab 1 Tuchent. Während 90 dkg Daunen ebenfalls eine Tuchtent ergab. Federn schleißen geschah ebenfalls im Winter, wo sich mehrere Frauen an Nachmittagen einfanden und mit einer Kaffeejause abschlossen.
Hühner
Hühner wurden für die Eier- und Fleischproduktion gehalten. Man hatte einen Hahn, um selbst Küken großziehen zu können. Die Bruthenne brütete ihre Eier, und noch weitere, welche die ihr die Bäuerin unterschob, aus.
Kaninchen
Tauben
Fast in jedem Haus gab ein einen Taubenschlag, diese wurden wie anderes Federvieh gegessen.
Bienen
In den meisten Ortschaften gab es Imker, so wie hier Leopold Leuthner aus Kollersdorf. Als Zubrot zur Landwirtschaft verkaufte er den Honig an einen Zuckerbäcker in der Kremser Landstraße. Mit zwei vollen Kannen bewältigte er den Weg dorthin mit der Bahn. Für seine drei Kinder brachte er aus der Stadt oft Bockshörndl zum Naschen mit - das sind die Früchte des Johannisbrotbaumes, die man früher auch bei uns zu kaufen bekam.
Hunde
Hunde wurden als Wachhunde oftmals an Ketten mit nur geringem Auslauf gehalten.
Katzen
Tierfutter
Einen nicht geringen Anteil an der bäuerlichen Arbeit machte die Beschaffung von Tierfutter aus. Fast alles wurde selbst produziert:
Heu und Klee
Das Gras wurde für Heu getrocknet - Grummet nennt man die zweite Heuernte im Jahr. Je nach Bodenart unterschied man zwischen süßem, saurem und gemischtem Heu. Für frisches Gras schickte man die Tiere in der warmen Jahreszeit auf die Weide. In jedem Dorf gab es eine Gemeindeweide, die allen Bauern gemeinsam gehörte. Dorthin konnte das Vieh unter der Aufsicht des Vieh- oder Feldhirten weiden.
Wie man an den folgenden Fotos unschwer erkennen kann, war jeder Bauer stolz auf seine Fuhre Heu, die hoch aufgetürmt wurde und nicht zerfiel.
Viele Landwirte der „draußeren“ Gegend bis Neudegg hinaus hatten Wiesen im Augebiet, wie etwa in Winkl, da hier das Gras durch die Feuchtigkeit besser wuchs. Da war es natürlich wichtig, viel auf einmal aufzuladen, damit man nicht so oft fahren musste. Oft halfen befreundete Dorfleute bei dieser schweren Arbeit.
Rübenernte
Mit Futterrüben, die auch Burgunder oder Ronasn genannt wurden, fütterte man Rinder und Hasen.
Mit der Rübenhäckselmaschine wurden die Futterrüben geschnitzelt, um sie dann alleine oder gemischt mit dem G’hack dem Vieh zu verfüttern. Diese Maschine war gefährlich – man konnte leicht mit den Fingern in die Messer kommen.
Die G'hackmaschine: Bei diesem händisch betriebenen Gerät wurde in die Führung links Stroh oder dürrer Futterweizen eingelegt, welche durch Drehen der Kurbel in kurze Stücke geschnitten wurden. Diese beiden Zutaten wurden auf Vorrat geschnitten und zum Füttern des Rindviehs noch mit geschnitzelten Futterrüben vermischt. Diese Mischung nannte man Luada.
Kartoffelernte
Getreidebau
Mistführen
Der Mist der Tiere wurde als hochwertige Dünger auf die Äcker ausgebracht. Zuerst wurde von Hand auf den Truhenwagen aufgeladen und der Mist am Acker verteilt. Später kamen Mistlader auf, die aber bald von den Frontladern abgelöst wurden. Eigene Miststreuer verteilten den Dung gleichmäßig am Feld.
Mistlader - ein Mistkreil, mit dem der Mist händisch aus der Mistgrube gezogen wurde.
Maria Knapp