Mit dem Fortschreiten der Technik wurde vor über 200 Jahren auch mit der Gestaltung begrenzter Abschnitte großer Flüsse begonnen, um die Hochwassergefahr zu reduzieren und die Wasserwege für Menschen und Waren sicherer zu machen. Die ersten größeren Korrekturen an Rhein und Donau erfolgten bereits im 18. Jahrhundert, beispielsweise an der bayerischen Donau oberhalb von Ingolstadt.[1] Zahlreiche lokale Dammbauten zeigen den Versuch, mit mehr oder weniger Erfolg unternommen, sich vor Überschwemmungen zu schützen.[2]
Immer wieder wiesen Schriften auf die Gefahr von Hochwässern an der Donau hin, wie in der Topographischen Tabelle im Jahr 1817: Die Donau treibt hier drey Schiffmühlen, und ist dem Dorfe so nahe, daß auf große Kosten des Landes, zu Schützung des Ortes, ein Wasserbau geführet wird, weil zu besorgen ist, daß der immer weiter eindringende Strohm die Gräben, welche rückwärts der Altenwerder Kirche sich herum ziehen, erreichen könnte, wodurch die Dörfer Altenwerd, Gicking und Winkel ganz weggerissen, andere naheliegende Felder verwüstet, und zum Theile hinweggetragen würden. Denn dieser Graben läuft von Winkel den Utzenlaaer, Biernbaumer und Frauendorfer Feldern zu, und fällt erst bey Mollersdorf in den dermaligen Donaurinnsal. Es ist leicht zu begreifen, daß dieser Ort Überschwemmungen ausgesetzet ist, so oft der Strohm überläuft.[3]
Chronik der Donauregulierungen
Als bedeutende Auslage scheint in diesem Jahre auf: Wasserbauten 500 fl. Diesem nüchternen Eintrag in der Pfarrchronik über das Jahr 1802 ging eine längere Geschichte voraus: 1789 verursachte der allhier gehemmte Eisgang nicht nur die Ergiessung der Donau, sondern es erfolgte auch dadurch, daß sich das von hier ¼ Stunde entfernte Donauufer auch mit seinem größten Flußbette dem hiesigen Orte näherte und in den darauf folgenden Jahren einen großen Theil der hiesigen Haußgärten, Hutweiden samt einem Ackerfeld von 17 Jochen wegriß. Übrigens lag Altenwörth damals nicht am Hauptstrom, denn laut Gedenkbuch und laut Berichterstattung der Ortstradition hat sich beim Eisstoß im Jahre 1789 die Donau das jetzige Bett gegraben und die fruchtbarsten und schönsten Felder der Bevölkerung entrissen.[4]
Am 24. August 1794 kam es neuerlich zu einer Überschwemmung, im Zuge derer wieder größere Landteile ein Opfer der Fluten wurden.[5] Bereits am 5. September setzte sich daher die Landesregierung mit dem Kreisamt Korneuburg zur Vereinbarung eines Augenschein-Termins in Verbindung, da dasige Gegend in Gefahr stehe, vom Donaustrome weggerissen zu werden.[6]
Die einzige Karte, auf der man annähernd den Verlauf der Donau vor diesem Einbruch erkennen kann, ist die Josephinische Landesaufnahme, die etwas früher entstanden ist. Siehe hier.
Den entsprechenden Termin nahmen u.a. der Kreishauptmann Freiherr von Sala sowie der Brücken- und Wasserbauamtsinspektor Franz Exner wahr. Am 14. April 1795 protokollierten beide Herren mitsamt dem Ständischen Deputierten Freiherr von Penkler (auszugsweise): Diese gemeinschäftliche Kommission besichtigte vor allem das Ufer, von welchen die Donau von Zeit zu Zeit beträchtliche Stücke wegreisset, dann den etwas davon entlegenen Wassergraben, welcher die Donau, nachdem sie das bis zu selben entzwischen gelegenen Ufer weggerissen haben würde, in einen beträchtlichen Donau Arm zu verwandeln drohe, und befand die Richtigkeit diesen zuerst dem nächstgelegenen Orte Altenwörth sammt ihrer neu erbauten Kirche und Pfarrhof, und nachhin den daran liegenden Gemeinden bevorstehenden äussersten Gefahr, daher man derselben nachdrücksammst vorstellte, daß sie zu dem Bau, wodurch diese Gefahr von ihnen abgewendet würde, einen ihren Kräften angemessenen Beytrag zwar nicht in Geld, sondern welches ihnen leichter ankäme, mit Zug- und Handrobboten zu leisten hätten, weil sie in jedem Falle, wenn auch wirklich die angetragenen Schutzwehre auf Kosten der Herren Stände unternommen würde, alles jenes dabey leisten müßten, was ihre Kräfte dabey zu leisten vermöglichten, und weil man aus dem Mangel ihrer Willfährigkeit zur dießfälligen Thätigen Mitwirkung ungezweifelt den Schluß ziehen müßte, daß sie von der nahen Gefahr selbst nicht überzeugt würden, gegen welche nun so wirksame Gegenwehre verlangt wird, daß sie dadurch auch von der jährlichen so lästigen Wasser Beschützungsarbeit mit einemmalen befreyet würden.[7]
Die Altenwörther wollten mit den neun Paar vorhandenen Pferden Steine von Engelmannsbrunn holen, die übrigen elf Hausbesitzer erklärten sich zur Handrobot bereit. Gigging wollte einen kleinen Geldbeitrag leisten. Winkl konnte nicht helfen, da der Ort durch eine Überschwemmung selbst stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Von den anderen umliegenden Ortschaften war nur Frauendorf bereit, Zug- und Handrobot zu leisten. Die Herrschaft Grafenegg sollte 500 Gulden beitragen, ebenso die Kirche, diese aber in An-betracht ihrer geringen finanziellen Mittel in Raten bis 1804. Da der Sicherungsbau insgesamt auf fast 19.000 Gulden kommen sollte, überlegte man Einsparungen und verkürzte den Bau um abzuwarten, ob dies ausreichen würde. Auf einer Länge von 170 Klaftern (ca. 306 m) sollten 12 Sporne errichtet werden. Auf Betreiben der Herrschaft Grafenegg kam es am 6. Dezember 1796 zu einem neuerlichen Augenschein, um den Bau doch weiter stromabwärts fortzuführen, da, wenn dieser Theil unbeschützt bleiben sollte, der Orth Altenwörth der vorigen Einstürzungs Gefahr unfehlbahr ausgesetztet seyn werde.[8]
Im Jahr 1801 betrug die Entfernung vom Ganggraben bei Utzenlaa zur Donau 110 Klafter, 1819 waren es nur mehr 35. Da man weitere Ufereinbrüche befürchtete, wollte das Kreisamt die Herrschaften und umliegenden Gemeinden zu den Arbeiten am Damm heranziehen. Da die meisten Gemeinden aber eine Beteiligung ablehnten, übernahmen die betroffenen Herrschaften Grafenegg und Stetteldorf die Arbeiten zum Schutz ihrer Auen. Die Arbeiten am Bierbaumer Damm, dessen Notwendigkeit niemand in Zweifel stellte, wurden vom Kreisamt 1820 angeordnet.[9]
Den Donauverlauf zwischen Altenwörth und Utzenlaa um diese Zeit siehe hier.
Bereits 1821 kam wieder eine Kommission zusammen, die über die Hochwassergefahr für Altenwörth beriet, wobei man zu folgendem Schluss kam: Die Ursachen, welche diese Gebrechen veranlaßten, liegen vorzüglich in dem Umstande, daß bey Hochwäßern das im ganzen sehr zweckmäßige Steinufer überstiegen wird, wodurch das Waßer sich über den ganzen Hufschlag ergießt, und auf dem letzern weil er durch die Pferde immer aufgelockert wird, eine strömende Spielung bekömmt, wodurch der Hufschlag ausgewaschen, und der Steinwurf von rückwärts unterwaschen wird. Die Strömung wird bey Hochwäßern vorzüglich dadurch veranlaßt, das der Fluß seinen Hauptzug unterhalb Altenwörth links nimmt, und sich auf dieser Seite ausbreitet. Die Gemeinde hatte bereits wertvolle Vorarbeiten geleistet und einen Seitenarm der Donau unterhalb des Ortes durch einen Damm verschlossen. Sowohl das Steiner Bindwerk (Zunft der Schiffsleute), als auch die Kommission waren der Meinung, dass in erster Linie der Hufschlag repariert werden müsse und die Sicherung des Ufers durch einen Steinwurf anstatt mit Faschinen geschehen solle. [10]
Im selben Jahr bedurfte auch der Damm südlich von Bierbaum wieder einer Reparatur. An den Kosten sollten sich die Herrschaften Stockerau, Neuaigen, Stetteldorf, Thürnthal und Grafenegg, die hier Gründe oder Lehen hatten, sowie die umliegenden Ortschaften beteiligen. Unter- und Oberabsdorf und Mollersdorf lehnten eine Kostenübernahme zwar vorerst ab, mussten sich auf einen Regierungsbeschluss hin aber fügen. Die Arbeiten im Zuge der Donauregulierungen wurden im Lizitationsverfahren vergeben. An den Treppelwegen, und an der Befestigung des Ufers fanden laufend Arbeiten statt. So war etwa für den 13. September 1827 in der Amtskanzlei der Herrschaft Mautern u.a. eine Lizitation für die Arbeiten an den Hufschlagschranken nächst Altenwörth angekündigt.[11]
In den Franziszeischen Operaten, die die Grundlage für die Steuerberechnung der landwirtschaftlichen Gründe lieferte, wird 1827 auf die verheerende Lage von Winkl im Falle von Hochwässern eingegangen: Im südlichen Teil der Freiheit durchzieht mit mehreren Ästen der Donaustrom, welcher, wenn er diese Ufer übertritt, den größten Teil dieses Burgfriedens unter Wasser setzt, ja auch schon den Fall herbeiführte, dass das Wasser so gewaltig über ihre Häuser zugenommen hat, dass die hiesigen Bewohner ihre Häuser zu verlassen nicht mehr im Stande waren und sich stets an wachsendem Wasser nötiget sahen, ihre Wohnungen auf dem Boden aufzuschlagen. Zu dieser Lage wird die Herrschaft Grafenegg bemüßiget, diesen Notleidenden Nahrungsmittel zuzuführen. Auf diese Art wirkt hier der Donaustrom verderbend ein, nicht nur, dass er diese Feldfrüchte zu Grunde richtet und die Grundstücke beinahe verödet, sondern er verdirbt auch, wenn er in die Häuser eindringt, alles, was nicht weggeräumt worden, und wird der Gesundheit durch die zurück gelassenen fauligen Wasser, welches sich dann versitzen muss, höchst nachteilig.[12]
Im Jahr 1843 erwähnt die Wiener Zeitung wohlwollend die bereits durchgeführten Regulierungsarbeiten und nennt unter den nunmehr geschützten Ortschaften auch Altenwörth und Zwentendorf: Es wurden in Meilen langen Strecken die aufgeschütteten Ufer durch Steinwürfe und gepflasterte Talude dem ferneren Abbruche entzogen, und so dem Strome bereits in vielen Strecken ein Halt gegeben, die Fahrstraße vertieft, die Seitenarme dem Verlandungs-Prozesse zugeführt, dem Erliegenbleiben vom Baumstöcken, durch die Vorsorge gegen ihr Einbrechen so wirksame Schranken gesetzt, daß die Stockräumungs-Anstalt beynahe überflüssig wird, Sicherheit gewährende Landungsplätze an vielen und geeigneten Puncten hergerichtet. Es wurde ein eigenes, nur für die Pflege der Bauten und Handhabung strompolizeylicher Maßregeln bestimmtes Personal entlang des Stromes aufgestellt, und noch so manch anderes hier zur Vermeidung der Ermüdung des Lesers nicht umständlicher Besprochene bewerkstelligt. Alles dieses wurde geleistet - und sonderbar, davon spricht Niemand; aber die Klagen über eine schlechte Strombeschaffenheit sind laut vernehmbar. In der That, wer das hier Geleistete vorurtheilsfrey betrachtet, und es in Vergleich mit dem bringet, was an irgend einem anderen Strome der Welt geschehen ist, kann ohne Scheu behaupten, daß nirgendwo ein Mehreres, wahrscheinlich aber nicht so Vieles und Entsprechendes vollbracht wurde.[14]
1846 begann man mit Berechnungen für einen Damm zwischen Altenwörth und Utzenlaa, die im Frühjahr 1848 in die Endphase gingen. Die Kostenaufteilung solch teurer Bauvorhaben war schon immer ein Problem gewesen, aber nachdem im September Kaiser Ferdinand mit der Unterzeichnung eines Patentes die Untertänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältnis aufgehoben hatte, fühlten sich alle acht Herrschaften nicht mehr für die Zahlung zuständig.[15]
In den Unterlagen der Statistischen Central-Commission ist 1865 über die Schiffbarkeit der Donau bei Altenwörth vermerkt: Uferbauten (Steinpflasterungen) und Inselabschlüsse zur Concentrirung des Strombettes. Zahlreich Sandinseln und Auen engen das Fahrwasser stellenweise auf 39 und 48 Klafter ein. Der Stromstrich ändert sich häufig. Bei Altenwörth hat sich in Folge der Hochwässer eine bei niederem Wasserstand gefährliche Sandbank gebildet. Auch befinden sich daselbst 8 für die Schifffahrt ungünstig situirte Schiffmühlen. Ausser den vielfachen Windungen der durch Sandinseln oft auf weniger als 40 Klafter eingeengten Fahrbahn, keine Hindernisse.[16]
1869 beschloss man eine gründliche Donauregulierung für Wien und das nähere Umland. Später stellte sich allerdings heraus, dass auf den Strecken weiter oberhalb und unterhalb Wiens die Schifffahrt mancherorts noch immer stark behindert war. Hiezu war es unvermeidlich, die Regulierungsarbeiten mit entsprechend größeren Mitteln und nach einem einheitlichen Systeme in der gesammten niederösterreichischen Donaustrecke von der Ispermündung bis Theben durchzuführen, welchen Wunsch auch der hohe niederösterreichische Landtag in seiner Sitzung vom 13. Juli 1880 und das hohe Abgeordnetenhaus in der Sitzung vom 25. Mai 1881 zum Ausdrucke brachte. Die detailliert angegebenen Arbeiten sollten bis Ende 1901 fertiggestellt sein. Die Donau sollte innerhalb fixer Ufer concentriert, sollen die bestehenden, für die Schiffahrt nach-theiligen Untiefen und nach Möglichkeit auch die Überschwemmungsgefahren für die im Inundationsgebiete gelegenen Ortschaften beseitigt werden. [17]
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die meisten europäischen Flüsse zum Schutz vor Abbruch der Ufer und vor Hochwasser auf Mittel- oder Hochwasser ausgelegt gebaut worden. Bei niedrigen Wasserständen schlängelte der Stromstrich in den überbreiten Gerinnen von einem Ufer zum anderen, und veränderte sich bei größeren Hochwässern. Es entstanden Kolke, Stromschnellen oder seichte Untiefen, sodass Schiffe dann entweder gar nicht oder nur mit halber Ladung fahren konnten, was die Wirtschaftlichkeit der Schifffahrt gegenüber dem aufkommenden Bahnverkehr stark beeinträchtigte. In Deutschland und Frankreich entwickelten Wissenschaftler daher die Flussregulierung auf Niedrigwasser, welche darin besteht, die zur Zeit der niedrigsten Wasserstände vorhandene Wassermenge in ein derart beschaffenes Gerinne innerhalb der Mittelwassergrenzen zu leiten, dass dieses eine für die Schifffahrt erforderliche Tiefe erhält. Um Kosten zu sparen, sah man westlich von Wien von der Anlage von Hochwasserschutzdämmen ab und führte nur die allernotwendigsten Dammbauten durch. Auch die Festlegung einer durchgehenden Uferlinie wurde nicht konsequent durchgeführt, sondern nur die wichtigsten Stromspaltungen, Uferbrüche und Verwilderungen behoben. Unter Leitung der Donauregulierungs-Commission begannen 1882 die Arbeiten, aber bereits in den Jahren zwischen 1888 und 1897 kam es neuerlich zu schweren Schäden durch enorme Überschwemmungen, was einen hohen finanziellen Mehraufwand verursachte. Auslagen für Grundentschädigungen, Subventionen für die Herstellung von Brücken, Straßen und Wegen waren ebenfalls nicht in der Berechnung enthalten. Bei einem Nachtrag wurde unter anderem der Bau eines Schutzdammes von St. Johann bis Trübensee genehmigt.[18]
In der Zeit vom 27. bis 30. Oktober 1890 fand eine von den Ministerien des Innern und des Handels angeordnete kommissionelle Donaustromschau von Passau bis Devin statt. Die Kommission beanstandete unter anderem eine Untiefe bei Traismauer, einen alten, in der Mitte des Flussbettes liegenden Strombau bei der Kampmündung, mehrere in der Naufahrt liegende Stöcke.
unterhalb Altenwörths sowie eine Sandbank bei der Bergau.[19]
Die Bevölkerung war mit der bisherigen Regulierungsarbeiten überhaupt nicht zufrieden, sonst hätte nicht der Bierbaumer Pfarrer Anfang 1897 einen geharnischten Leserbrief an die „Reichspost“ verfasst: Von der Tullner Brücke aufwärts liegen durch die überaus glückliche Donauregulirung beträchtliche Sandhaufen; unterhalb Altenwörth haben sich ganze Inseln gebildet. Durch die plötzliche Kälte und den niederen Wasserstand hat nun von Tulln aufwärts die Donau sich mit Eis verlegt und tritt bereits aus ihren nördlichen Ufern. Die Lehnen in den Auen stehen unter Wasser und ein Weniges braucht es noch und die Ueberschwemmung ist wieder da. Die Bewohner der am linken Ufer gelegenen Orte sind nun gar wohl zu folgenden Fragen berechtigt: Warum wird die Donau nicht geräumt? Warum wird der langversprochene Damm von Tulln bis zur Kampmündung nicht gebaut? Sind die Hirsche und Rehe der Herrschaften, welche Rothschild als Jagdgast sich zur Ehre rechnen, mehr werth als ganze Gemeinden, die horrende Steuern zu zahlen haben? Die Bauern glauben, daß, wenn herüben mehr Grafen statt Bauern wohnten, man schon den festesten Schutzdamm gezogen hätte. Im Herzen von Niederösterreich sollte man solche Zustände nicht für möglich halten. Also Hilfe vor dem Ruin! Ein Landpfarrer[20]
Im selben Jahr trat Pfarrer Karl Sedlmayer nach der sechsten großen Überschwemmung seit 1890 persönlich an den Niederösterreichischen Statthalter heran, als dieser in Zwentendorf weilte: Als der Statthalter Graf Kielmansegg das Überschwemmungsgebiet bereiste, über Verständigung hin, begaben ich und die Gemeindevertretung von Altenwörth uns zum Landungsplatz des Dampfschiffes zu Zwentendorf und brachten unsere Bitten vor wegen endlicher Erbauung des schon längst projectierten Schutzdammes. Diese Bitte wurde unterstützt und des Näheren motivirt durch unseren Land und Reichsrathsabgeordneten Herrn Leopold Steiner aus Wien. Der Statthalter erklärte, daß die Regierung bereit hiezu sei, wenn der Reichsrath die Mittel bewilligt.[21]
1897 kam es wieder zu einer verheerenden Überschwemmung an der Donau und ihren Nebenflüssen. Auch die Kremser Zeitung sah dringenden Handlungsbedarf: …Aber was nützt schließlich alle Privatwohlthätigkeit, wenn bei solch‘ grenzenloser Noth nicht vom Land oder Staat geholfen wird, wenn nicht vor allem durch Gesetze und eine vernünftige Verwaltung dafür gesorgt wird, daß bei kommenden Elementarereignissen die Leute nicht mehr zu zittern brauchen. – Für die Zukunft muß vorgebaut werden. – Es sollte gesorgt werden, daß solchen gefährdeten Gemeinden einige brauchbare Boote zur Verfügung stehen, daß die Häuser fest gebaut werden, um den Wogen Widerstand zu leisten. – Vor allem müssen Donau und Kamp auf unserer Seite regulirt und mit Dämmen versehen werden – ein Verlangen, das die Bevölkerung seit vielen Jahren stellt, bisher leider umsonst. – Es ist kaum zu glauben, daß in einem Staate, der sich civilisirt nennt, und dessen Einwohner mehr Steuern zahlen als irgendwo in der Welt, nichts geschieht, um die Menschen vor den empörten Elementen zu schützen. – Wann wird oben einmal die Ueberzeugung platzgreifen, daß das Geld des Volkes denn doch auch für das Volk, nicht aber bloß für Militär und gewagte finanzielle Operationen verwendet werden soll? Möge dieses furchtbare Wasserunglück, das jetzt über so viele Gemeinden hereingebrochen ist, den maßgebenden Kreisen auch ein Fingerzeig sein, daß nicht häßliche politische Kämpfe, sondern die Frage nach dem Wohlstand der Bevölkerung und gesetzliche Hilfe gegen die Verarmung auf die Tagesordnung zu setzen sind.[22]
Nach einem neuerlichen Hochwasser im Jahr 1899 fanden im Herbst Versammlungen der Vertreter der betroffenen Gemeinden statt. Es wurde insbesondere der Zusammenhang der von der Donauregulierungs-Kommission ausgeführten Arbeiten mit den Hochwasserschäden erörtert und die Wünsche der betroffenen Gemeinden bezüglich der Herstellung von Dämmen, Ausbaggerungen, Straßenherstellungen und -erhöhungen usw. zum Ausdruck gebracht. Die Anwesenden beschwerten sich dabei über die Unzulänglichkeit der bisher ausgeführten Schutzbauten von Persenbeug abwärts. Neben dem Umstand, dass die einzelnen Dämme und Leitwerke sich als viel zu niedrig erwiesen hatten, hat auch die schlechte Beschaffenheit der ausgeführten Werke eine Verschlimmerung der Situation herbeigeführt. Es wurde darüber Beschwerde geführt, dass durch den Damm beim Weingartelwasser wohl die Auen des Fürsten von Ratibor geschützt, dagegen aber die Ortschaften am linken Ufer ausgetränkt würden. Eine Abhilfe in dieser Richtung sei dringend notwendig. Einige Fachleute gaben ihre Meinung dahingehend kund, dass sie die Methode der Eindämmung und Einengung des Flusses, um diesen auch bei niedrigem Wasserstand schiffbar zu machen, als eine total verfehlte hielten. Leider gehe die Kommission von diesem System nicht ab und so komme es, dass mit der fortschreitenden Regulierung die Überschwemmungen immer häufiger und verheerender würden. In allen Besprechungen trat deutlich zutage, dass die Donauregulierung, die bisher in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat, und es wurde die nicht unberechtigte Befürchtung laut, dass das Ganze der Regulierung bisher zu Grunde gelegte Prinzip sich nicht bewähren dürfte. Die Stimmung in den betroffenen Gemeinden war eine verzweifelte. Die großen Schäden, die die letzten fünf Hochwasserkatastrophen hervorgerufen hatten, drücken sich in der außerordentlichen Zunahme der Verschuldung der Grundbesitzer aus. Der Landesausschuss bemühte sich sowohl 1897 als auch 1899, aus den Mitteln des Landes wenigstens teilweise Abhilfe zu schaffen. Wie traurig die Lage wirklich war, geht wohl am deutlichsten aus dem Umstand hervor, dass von einer Reihe von Gemeindevertretungen die Bitte um Ablösung der am meisten bedrohten Häuser vorgebracht wurde: So anhänglich der Landwirt an die von den Vätern ererbte Scholle ist, so ist doch bei den Leuten schon das Gefühl überwiegend, daß sie bei dem Fortbestande der gegenwärtigen Stromverhältnisse sich in ihrem dermaligen Besitz überhaupt nicht behaupten können. Welche immer die Gründe für die furchtbaren Verheerungen sein mögen, von denen das Donauthal namentlich in den letzten Jahren und hauptsächlich im Vormonate betroffen wurde, so steht doch das Eine fest, daß eine ausgiebige Unterstützung aus Reichsmitteln gewährt werden muß, sollen die Bewohner dieser Gegenden nicht geradezu der Verzweiflung in die Arme getrieben werden. [23]
Die Bürgermeister von Tulln, Stockerau und Korneuburg überreichten im Namen der betroffenen Gemeinden dem Kaiser persönlich ein Bittgesuch, in welchem sie um die beschleunigte Durchführung der Donauregulierung baten, da ohne baldige Errichtung sicherer Schutzdämme die Ortsbewohner ganzer Gemeinden gezwungen würden, ihre bisherigen Wohnsitze aufzugeben und höher gelegene Häuser zu erbauen.[24]
Dezember 1900: Eine Deputation von Bürgermeistern und Vertretern der Ortschaften: Absdorf, Altenwörth, Bierbaum, Dörfl, Eggendorf a. Wgr. Gaisruck, Goldgeben, Frauendorf, Fischerzeile, Gigging, Hausleiten, Neustift, Starrenwörth, Stetteldorf a. Wgr., Unter- und Ober-Zögersdorf, Kollersdorf, Sachsendorf, Zaina, Schmiedau, Perzendorf, Neuaigen, Trübensee, Utzenlaa und Winkl des linken Unterlandes im Donau-Ueberschwemmungsgebiete unter Führung der Landes-Ausschüsse Dr. Geßmann und Leopold Steiner, wie des Freiherrn von Ludwigstorf wurden vor Kurzem vom Herrn Statthalter von Niederösterreich empfange, um Beschwerde gegen die Schutzbauten beim Rohrbachdamme, sowie beim Senningbachdamme im Stockerauergebiete zu führen, da durch die Erhöhung und Verstärkung dieser Dämme wohl die Gefilde zwischen Lang Enzersdorf und Stockerau geschützt werden, jedoch durch die Einengung des Donaubettes bei gleichzeitiger Abbauung des rechten Donauufers zwischen Klosterneuburg und Greifenstein das Rückstaubassin in das linke Unterland gedrängt wird, so daß bei einer allfällig eintretenden Hochwasserkatastrophe diese Gemeinden ärger betroffen würden, als dies schon in den Jahren 1897 – 1899 geschehen ist.
Der Statthalter sagte eine Prüfung der Beschwerde zu, betonte jedoch, daß vor allen anderen die Reichshauptstadt Wien vor Wassergefahr geschützt werden müsse und daß auch die oberen Ueberschwemmungs-Gebiete geschützt werden, jedoch ließen sich alle Arbeiten nicht gleichzeitig ausführen. Von der Statthalterei aus begab sich die Deputation in das Amt des Donau-Regulirungs-Commissions-Mitgliedes und Landtagsabgeordneten Franz v. Pirko, um betreffs Abbauung des rechten Donauufers vollstellig zu werden. Pirko versprach, daß an diesem Ufer außer den projectirten und zum Theil schon im Bau begriffenen Schutzarbeiten am rechten Ufer keiner weiteren Abdämmungen mehr vorgenommen werden.
(Kremser Volksblatt vom 29.12.1900)
Nachdem seit dem Beginn des Projektes neue Anforderungen an die Commission gestellt wurden, verlängerte diese die bis 1901 geplanten Regulierungsarbeiten von 1902 bis 1911.
Im Jahr 1901 lud man den renommierten französischen Wasserbauingenieur Henri Girardon zur Ausarbeitung eines Regulierungsplanes auf Niedrigwasser ein. Eine Kommission tagte sechs Wochen lang und bereiste wiederholt den Strom. Betroffen waren u.a. die Uferstrecke oberhalb der Kampmündung, das linke Ufer bei Altenwörth sowie das rechte Ufer gegenüber und unterhalb von Altenwörth. Es war vorgesehen, der Schifffahrt auch bei Niedrigwasser eine benutzbare Fahrrinne zu sichern. Hiervon waren u.a. die Bergau und die Strecke von oberhalb Zwentendorf bis Kleinschönbichl betroffen.[26]
1903 schrieb man über die Hufschlagsbauten, dass sie mit dem Aufhören der durchgehenden Gegenzüge der Ruderschifffahrt ihre Bedeutung verloren hätten und aus den weiteren Strombauten ausgeschieden werden könnten.[27]
Im Juli 1905 beschwerte man sich im „Neuen Wiener Tagblatt“ über zwei vor kurzem bei Altenwörth erbaute Buhnen, die sich der gesamten Schifffahrt als äußerst lästig, ja sogar als gefährlich erwiesen haben und den Ruderern die Weiterfahrt bei niederem Wasserstand unmöglich machten.[28]
Beschränkung der Donauschiffahrt zwischen Altenwörth und Zwentendorf.Anläßlich der nächst Altenwörth auszuführenden Baggerung wird verfügt: In der Strecke zwischen Altenwörth und Zwentendorf ist vom 15. bis 28. d. M. die Schiffahrt nur an Sonntagen, und zwar von 10 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags für die talfahrenden Schiffe und von 2 Uhr nachmittags an für die bergfahrenden Schiffe frei. Im übrigen bleibt die Schiffahrt daselbst vollkommen gesperrt. Im März ist die Schiffahrt in der genannten Strecke jeden Sonntag und jeden Donnerstag von 10 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags für die talfahrenden und von 2 Uhr nachmittags für die bergfahrenden Schiffe frei. Zu allen anderen Zeiten wird die Schiffahrt vollkommen gesperrt. Während der ganzen Zeit wird in Altenwörth bei Kilometer 51, linkes Ufer und in Zwentendorf bei Kilometer 46, rechtes Ufer, eine blaue Fahne ausgesteckt sein.
(Österreichische Land-Zeitung vom 24.2.1906)
Am 29. September 1910 fand eine Stromschaufahrt der Donau-Regulierungs-Kommission von Ybbs bis Wien auf dem Dampfschiff „Hebe“ statt. Der herrschende niedrige Wasserstand war sehr günstig, da er einen guten Einblick in die Stromverhältnisse gestattete und die Wirkung der in den letzten Jahren ausgeführten Niederwasserbauten deutlich erkennen ließ. Zu Altenwörth wurde angemerkt, dass sich die unmittelbar nach Ausführung der Niederwasserbauten für die Schifffahrt vorübergehend sehr ungünstig gewesene Strecke in der Bergau durch die mittlerweile ausgeführten Ergänzungsbauten verbessert hat und gegenüber dem früheren Zustand nahezu die doppelte Breite und eine günstigere Fahrtrichtung aufweise. Die Teilnehmer der Fahrt verließen das Schiff am Prater-Kai mit dem Eindruck, dass in der durchfahrenen Strecke im letzten Jahrzehnt durch das zielbewusste Vorgehen der Kommission zahlreiche für die Schifffahrt wertvolle Verbesserungen des Strombettes erzielt worden waren.[29]
Ein Widerspruch zwischen Schönheit und Nutzung der Donau wurde lange kaum wahrgenommen. Dies sollte erst nach dem Ersten Weltkrieg, als erste Donaukraftwerkspläne öffentlich diskutiert wurden, zum Thema der Natur- und Heimatschutzbewegungen werden.[30]
Der Heimatkalender des Tullner Bezirkes von 1949 bemerkt, dass sich die Gefahr von Überflutungen durch die Uferschutzbauten der Donauregulierung sehr gemildert haben. Starke Steingelage schützten die Ufer vor Unterwaschun-gen und die Wassermengen würden an gefährdeten Punkten durch Steindämme und Sporne richtig geleitet. Über Altenwörth heißt es allerdings: Das Dorf liegt am linken Ufer der Donau, östlich von der Mündung des Kamp, in der Ebene. Der an der Donau errichtete Damm reicht nicht hin, den Ort vor Hochwasser zu schützen; ein Graben hinter dem Ort füllt sich bei Hochwasser und wird zum reißendem Strome. Wenn auch die Donauregulierung im Aulande stabile Verhältnisse geschaffen hat und die Hochfluten viel von ihren Schrecknissen verloren haben, so ist in den letzten Jahrzehnten durch die Ausrichtung des Stromverlaufes das Wasser in den Nebenarmen – wie auch das Grundwasser – merklich gesunken. Dafür können untrügliche Anzeichen angeführt werden. Der Kirchenbach, der Cograben und der Schindergraben bei Altenwörth und Winkl z. Bsp., die zur Zeit Kaiser Josef II. noch Wasser geführt haben, sind längst ausgetrocknet.[31]
Während der vergangenen 150 Jahre wurden Schiffe und Frachten immer größer, daran muss die Donau bis heute angepasst werden. Die Schifffahrtsrinne muss durch Ausbaggerungen instand gehalten und mit zunehmender Größe der Schiffe vertieft zu werden. Die Kraftwerke verbesserten die Verhältnisse für die Schifffahrt, da sie hohe Fließgeschwindigkeiten durch den Aufstau verringerten. Dass sich auch die Fischbestände verminderten, nahm man wegen der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung der Schifffahrt in Kauf.[32]
Heute hat ein Umdenken begonnen, vor allem kleinere Flüsse werden rückgebaut. Wo früher die Ufer begradigt wurden, werden diese jetzt um viel Geld renaturiert. An der Donau bei Altenwörth wird nach Vorgaben von EU-Richtlinien seit dem Herbst 2019 an einem weiteren Fischaufstieg gearbeitet, um das Kraftwerk zu umgehen.
[1] https://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/scheuerer/donau/hochwa02.htm, Abruf vom 27.45.2024