Aufgrund des hohen Handelswertes des Honig war die Lebzelterei ein einträgliches Gewerbe, wie man am Vermögen der Katharina Heimin weiter unten sieht.
Als das Met durch Bier, Wachs durch Paraffin und Honig durch den Rübenzucker ersetzt wurde und die Bauern ihren Honig selbst auf Märkten verkauften, kam den Lebzeltern die wirtschaftliche Grundlage abhanden.
Die gewerbliche und zünftische Tradition der Lebzelter und Wachszieher – meist wurden die beiden Bienenprodukte Honig und Wachs von Meistern mit doppelter Ausbildung verarbeitet – ist sehr alt. Das durch die Erzeugung von Kerzen und Wachsvotiven in die Nähe der Kirche gerückte Gewerbe wurde von dieser in der Bildung von starken Zünften mit vorbildlichen Ordnungen unterstützt. So sind allein in Niederösterreich zwischen 1650 und 1850 in 69 Städten und Märkten 600 Meister nachweisbar.
Dem Lebzelterbetrieb Holzapfel in Kirchberg, der die Votivkerze herstellte, war es sicher nicht unangenehm, zur Weihnachtszeit in einem verlesenen Mirakelbericht, der sogar die Schwere der Kerze kundtat, vorzukommen. Unterstützte man doch auch seinerseits die Kirche, wie aus zwei Testamenten 1747 und 1772 hervorgeht. Zudem war ein Familienmitglied Pfarrvikar im nahen Etsdorf und bezeugt in einem Mirakel die Erzählung seines verstorbenen Bruders, der eine weiße Person in der beleuchteten Kapelle Maria Trost gesehen hatte. (49/20)
(Ursprung und Entstehung des Gnadenbildes Maria Trost nebst einem Anhang von Gebeten, Verlag Karl Burgstaller, Kirchberg)
Lebzelter in Kirchberg
1663: Wolf Scheer
1682: Eva Sibenhartin macht am 29.4. ihr Testament und stirbt am 2.5.
Vor 1684: Balthasar Sibenhart, bürgerl. Lebzelter
1684: Der Lebzeltergeselle Elias Holzapfl aus Oberröhberg heiratet Elisabeth, die Witwe des Balthasar Sibenhart, gewester bürgerl. Lebzelter in Kirchberg.
1728: Elias Holzapfel und Elisabeth im Haus Nr. 11, ab 1733 nur Elisabeth.
1710 verkauft er per Schiff über Krems 6 Zentner Wachs.
1747: Elisabeth Holzapfl macht im Juli ihr Testament und stirbt am 16.8.1748.
1734 übernimmt Johann Michael Holzapfel mit Gattin Rosalia Regina Haus und Betrieb. Ab 1755 führt sie nach dem Tod ihres Mannes den Betrieb alleine.
Am 27 Dezember 1751 bezeugt der Kirchberger Bürger und Lebzelter Johann Michael Holzapfel im Mirakelbuch der Kapelle Maria-Trost, dass sein Lebzelter-Geselle durch Anrufung der Mutter Gottes von seinem Bruch befreit worden sei. Dieses Zeugnis hatte wahrscheinlich einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund, denn der Lebzelter und Kerzengießer machte mit der Wallfahrt sicherlich ein gutes Geschäft.
1757 ist Joseph Heim mit Gattin Katharina im Grundbuch verzeichnet. 1780 war er Testamentszeuge bei Theresia Loibl, Pfründnerin in der Damianischen Stiftung.
Katharina Heimin, die Gattin des Joseph, macht am 8.6.1772 ihr Testament und stirbt am 15.6. im Alter von 37 Jahren im Haus Nr. 11 (heute Apotheke).
Aus dem Inventar, das nach dem Tod der Lebzelterin Katharina Heimin im Jahr 1772 erstellt wurde, geht hervor, dass das Warenlager u.a. aus 16 Zentnern an ungefertigtem gelben und weißen Wachs, fertigen Lebzelten und 3 Zentnern vorrätigem teil bearbeitetes, teils unbearbeitetes gelbes Wachs bestand.
1801: Franz Heim ist bürgerl. Lebzelter in Kirchberg 11 mit Gattin Elisabeth. Er stirbt 1801 mit 31 Jahren. 1801 wird im Grundbuch noch Barbara Haim genannt.
1801: Barbara Haimin, verwitwete bürgerliche Lebzeltermeisterin lässt nach dem Tod ihres Mannes Haus Nr. 11 und Lebzeltergewerbe mit allen dazugehören Werkzeug und Gewerbeeinrichtungen, sammt den in der Hofmarch liegenden Gebäuden und Schweinställen, dann den auf 2000 Eimer darunter befindlichen Weinkeller, wie auch ein daran liegender 1 Joch grosser Kuchelgarten, und ein ausser dem Markte liegender Stadel, zusammen am Montag den 11. Jänner 1802 früh um 9 Uhr mittels öffentlicher Versteigerung gegen baare Bezahlung an den Meistbietenden verkauft werden. Weiters werden an eben diesem Tage und den darauf folgenden Tagen unter obigen Bedingnissen verkaufet: 31 ¾ Joch einzelne Ueberländäcker, 2 ¼ Tagwerk Wiesen, ¾ Weingärten, ein Garten mit einem Haus unweit dem markte gelegen, 5 Joch Waldungen, ein Weinpresse, ein Brandwein-Kessel, Kuchelgeschirr, 2 Pferde, 4 Kühe, verschiedene Zucht- und andere Schweine, Kalesse, und ander Wägen, Pflüge, Arnen, Better, und Bettstätte, Tische, Sessel, Kästen, Bilder, Hacken und Schneidzeug, Sattel und Pferdegeschirr, Räder, Körndel, Dung, Stroh, Erdäpfel, Kraut, Ruben, 100 Eimer leere Fässer, Brunnröhren, Badstall, und Holzwerk…
(Wiener Zeitung vom 12.12.1801, veröffentlicht in ANNO)
1795: Der Lebzelterjung Joseph Forster stirbt mit 16 Jahren in Kirchberg 11.
1813: Anton Zwickl ist lt. Grundbuch bürgerlicher Lebzelter und Wachszieher in Kirchberg 11, Gattin Marianna geb. Vöglhuber.
1838: Anton Zwickl jun. übernimmt Haus und Betrieb, Gattin ist Anna geb. Nödl aus Gaindorf. Er stirbt 1861 mit 55 Jahren. Er war 1861 zur Kur in Baden.
Um 1874: Anton Neugebauer ist Lebzelter in Kirchberg 11. Er stammte aus Landskron in Böhmen. Er ist 1891 mit 57 Jahren verstorben.
Um 1900: Hubert Puschmann
Näheres siehe hier.
1910: Gesellenprüfung der Zuckerbäcker- und Lebzeltergenossenschaft Krems. Von Kirchberg war vertreten Karl Pschandl, beschäftigt bei Herrn Hubert Buschmann.
(Österreichische Land-Zeitung vom 8.10.1910)
Quellen:
Pfarrmatriken Kirchberg
Bay. HStA, HL Passau, Rep. 51, Verz. 1 Fasz. 5/101
Dissertation von Dr. Franz Eiselt: „Beiträge zur Geschichte des Marktes Kirchberg am Wagram
unter besonderer Berücksichtigung des Zeitraumes 1650 – 1806“, Wien 1973
Peter Rauscher–Andrea Serles (Bearb.), Bibliographie „Der Donauhandel“,
https://donauhandel.univie.ac.at/bibliographie/ (10.10.2022)
http://de.wikipedia.org/wiki/Lebzelter
Februar 2015, letzte Änderung April 2024
Maria Knapp