Nach Erledigung der ernsten Angelegenheiten gab es stets ein Gelage, zu dem sich auch Spielleute einfanden. Das Quantum der verzehrten Speisen solcher Gastmähler übertraf gewaltig das heutige Maß. Der Wein bildete das Hauptgetränk. Man trank bei jeder Mahlzeit aus Bechern und Humpen (=ungefähr 2 Liter Inhalt). Auch die Frauen verachteten nicht den Wein. Männer und Frauen nahmen noch vor dem Schlafengehen den „Schlaftrunk“ zu sich, der immer aus einem oder mehreren Bechern Wein bestand. Der Wein stand ja reichlich zur Verfügung. Hatte doch der Weinbau im 12. und 13. Jahrhundert ein bedeutend größeres Anbaugebiet als heute.
Die Weinkultur war damals die Hauptquelle des Reichtums von NÖ. Überliefert ist, dass der ergiebigste Ertrag der öst. Besitzungen des Klosters Niederaltaich im Wein bestand. Wein war fast der einzige Exportartikel. Es darf daher nicht Wunder nehmen, dass wir vielfach von Rechtsgeschäften hören, bei denen es um Weingärten ging.
Auch die Klöster, nicht bloß die im Lande, sondern auch Klöster Oberösterreichs und Bayerns, so um einige zu nennen: Schlägl, Lambach, St. Florian, Engelhartszell, Formbach, Niederaltaich) trachteten nach Erwerb von Weingärten. Hiebei spielte wohl nicht nur das Bestreben mit, den Opferwein sicherzustellen; man wusste auch ein „gutes Tröpferl“ zu schätzen. Und da die Priester und Angehörigen der Klöster in jenen Zeiten viel zahlreicher waren, war auch der Bedarf ziemlich groß.
Wenn man sich zu den Fastenzeiten, die früher viel ausgedehnter waren als heute, mit Fischen begnügen musste, die in bei fast allen Klöstern angelegten Teichen gezüchtet wurden, - auch das Schloss Winkelberg, das von 1620 bis 1773 im Besitz der Jesuiten war, - hatte einen an dem nach Unterstockstall führenden Fahrweg gelegenen Fischteich– oder wenn der ministeriale Vogtherr auf der Hetzjagd einen Hirsch erbeutete, einen Eber gespießt hatte und manches gute Stück seinem Kloster überließ oder wenn die Untertanen mit dem Zehent auch Schweine, Gänse, Hühner und Käse ablieferten, dann war der Wein – auch wenn er wieder einmal besonders sauer geraten war, - Zuckerbeimengungen gab es damals noch nicht, - Honig wurde zur Metbereitung verwendet -, die richtige Medizin.
Die Untertanen suchten den Ausfall an Fleisch dadurch zu ergänzen, dass sie sich durch Fallenstellen, Schlingenlegen mit Niederwild versorgten oder Vögel mit Netzen fingen.
Wie reichlich die Zuwendungen von Weingärten an die Kirche waren, verrät uns, dass das Stift Klosterneuburg vom Volksmund das „Stift zum rinnenden Zapfen“ genannt wurde. Für Melk erfand er die Bezeichnung: „Stift zum vollen Metzen“ und für Göttweig: „Stift zum klingenden Pfennig“.
Wie man den Wein schätzte und für den Besitz sorgte, können wir daraus schließen, dass z.B. das Domkapitel des Bistums Passau in Ybbs, Stein, Klosterneuburg, eigene Kellerämter besaß, die Klöster Kellermeister, auch Lesemeister, hielten. Auch wurde nicht versäumt, die guten und schlechten Weinjahre in den Klosterchroniken genau zu verzeichnen. Wie reichlich der Wein donauaufwärts verfrachtet wurde, dafür spricht, dass die Stifte und Klöster Wert darauf legten, Mautfreiheit für die Weinfracht zu erlangen. So lesen wir, dass das Kloster Niederaltaich bei den öst. Landesfürsten Leopold VI, Friedrich dem Streitbaren, König Ottokar und Rudolf von Habsburg das Privileg der Mautfreiheit erhielt (Chmel Bd. XI. S. 231). Das Kloster Formbach erwirkte 1210 von Herzog Leopold VI. Zollfreiheit. Das Kloster Reichersperg erhielt von Herzog Friedrich Mautfreiheit (Meiler, Regesten S. 164, No 70).
Juni 2013
Maria Knapp