Kirche in Winkl
Was ich darüber erfahren habe, stammt aus der mündlichen Überlieferung des Ignaz Boesl, der gebürtig von Engelmannsbrunn jahrelang Bürgermeister in Winkl gewesen u der ein aufrichtiger christlicher Mann ist.
Winkl selbst soll zu früheren Zeiten über dem Wasser gelegen u. eine Stadt von 400 Nummern gewesen sein. Durch Veränderung des Donaubeltes, kam es diesseits zu liegen. Später entstanden die sogenannte Parz, ein Ort in der Richtung gelegen, wo die Winkler Kirchenwiese ist u Altendorf wo jetzt die Neustifter Ziegelöfen sind. Die Parz ist ganz verschwunden und von Winkel getrennt bauten die Altendorfer das vor Überschwemmungen sichere Neustift, daher der Name. Die vor dem Winkler Kirchenthurm befindlichen Mauerreste sollen von einem alten Pfarrhofe oder Schloss abstammen. Später soll Winkel den Jesuiten gehört haben u als vor ungefähr 200 Jahren der letzte Priester nicht mehr bei der Kirche habe wohnen können, hat er sich auf das Haus Nr. 42, das früher einstöckig war zurückgezogen. Dieses Haus scheint also Kirchengut gewesen zu sein. Der Pfarrer Franz Neubauer trug den Winklern auf, den Friedhof einzuzäunen u die Kirche zu repariren, sonst würde keine Trauung u Begräbnis mehr in Winkl abgehalten werden, die Gemeinde that es. Nun wollte die Gemeinde etwas sicheres über ihre Kirche und über ihre Rechte haben und begaben sich daher die 2 Männer, Ignaz Bösel u Franz Söllner nach Wien zum Regierungsrathe Reichel. Von dem konnten sie nur erfahren, daß die Winkler Kirche eine Gülde, ein Gut sei – der schickte sie zur Statthalterei, von der schickte man sie auf das Landhaus, von dem auf die alte Landtafel, aber erst im Katastralamte wußte man etwas von den „Weiden“. Nämlich die Herrschaft Grafenegg hat im Jahre 1787, als Johann Exinger Bürgermeister von Winkl war, mit der Gemeinde eine Theilung der Donauauen vorgenommen, die der Kirche gehörten, Grafenegg bekam 80 Joch, die Winkler 78 Joch. Als besagter Johann Exinger gestorben war, verlangten (u ihr Verlangen war Befehl) die Grafenegger alle Bücher und Dokumente der Gemeinde, die auch auf Nimmerwiedersehen ausgeliefert wurden. Das 2. das sie erfuhren war, daß sie zu spät gekommen sind, um wenigstens die 2. Theilung die Grafenegg im Jahre 1822 mit der Gemeinde vornahm und wobei von den 78 Joch Auen nur 23 Joch der Gemeinde von der Herrschaft Grafenegg belassen wurden, rückgängig zu machen. Gleich nach der Rückkehr von Wien 1836 ließ daher Ignaz Bösel, damals Bürgermeister die Weiden urbar machen u zu jedem Hause 2 Theile zuweisen, sodaß Grafenegg nicht mehr theilen konnte.
Bis zum Jahre 1848 war Grafenegg Patron der Winkler Kirche. Damals war nur das Presbyterium gemauert, der rückwärtige Theil war von Holz. Unter H. Pfarrer Neubauer beklagten sich die Winkler beim visitirenden Bischofe, weil es lebensgefährlich in der Kirche sei, aber Grafenegg nichts thue. Dafür wurde die Gemeindevertretung nach Grafenegg zitirt u ihr gesagt, daß man an sie und nicht an den Bischof zu wenden habe u zum Beweise alles Wolwollens schickte man einen Tischler herab, der die von der Decke herabhängenden Bretter u Leisten annagelte u die Bilder firnißte.
Eine neue Epoche für die Kirche begann 1863 als Ignaz Hohmann, damals Cooperator in Kirchberg war. Im Verein mit dem Bürgermeister Ignaz Bösel ging er daran, die Kirche zu bauen, so wie sie jetzt steht. Die Zeichnung zum Thurm u Front stammen dem damaligen Arzte Köck H her,der auch im Verein mit hochw. H. Ignaz Hohmann die Anlage unter dem Mühlwege, die Kapelle an der Straße u den Park im Meigraben (Oberstockstall) anlegte. Baumeister war Österreicher von Königsbrunn. Das Geld wurde herbei geschafft durch Sammlungen u Ansuchen bei hohen Familien in Wien, welche Ignaz Hohmann besorgte, dann durch Verkauf von Gemeinde Obligationen u durch Ausleihen. Die Gemeinde hat das Fuhrwerk geleistet. Zu den Sammlungen hat auch der kaiserliche Hof beigetragen. Von der Herrschaft Grafenegg erlangt Herr Ign. Hohmann, daß das Material des alten Granz Hauses (war ein Wirtshaus südwestlich hinter der Kirche, an einem jetzt durch den Sporn bei Altenwörth ausgetrockneten Donauarme, den die Flößer benutzten) zum Kirchenbau gespendet wurde. Die Kirche wurde gewölbt, früher war nur eine ebene Bretterdecke, das Chor verändert und rückverlegt. Das Hauptschiff das früher so tief wie das alte Seitenschiff war, wurde gehoben, so daß man eben in die Kirche hineingehen kann. Einige Statuen u der Altar, so wie der Kelch sind alt, das Altarbild aber wurde von einem Herrn Lager aus Wien gespendet.
Unter Herrn I. Bösel schaffte die Gemeinde noch ein neues Messkleid, Altarpolster, eine Todtenbahre (die alte war mit Holzscheitern zusammengenagelt) das Bahrtuch, früher war keines, und die Borten dazu 8 fl u das Kreuz darauf 6 fl. Aus Eigenem schaffte Herr Bösel für die Kirche: die 2 Fahnen, 57 fl. die Altarlampe, das Bild der unbefleckten Empfängnis. Durch H. Bösel u mit Hilfe Gutthätern wurde angeschafft: Der Kreuzweg 123 fl u die Kirchenstühle, das Kreuz zum Vorantragen spendete Frau Schocher, Gastwirthsgattin in Winkl. Im Thurme sind 2 Glocken (der Thurm war früher aus Holz u stand schief zum Umfallen) die eine sprang 1881, wurde umgegossen durch Sammlung des jetzigen Herrn Pfarrer Hohmann. Links vor dem Kircheneingange steht ein alter Stein, der entweder ein Taufstein oder ein Weihwasserbecken war. Da das Presbyterium der Kirche sehr als ist, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß das Behältnis auf der Evangelienseite der Mauer sogenanntes Sakramentshäuschen ist.
Als der hochw. H. Ignaz Hohmann als Pfarrer nach Kirchberg kam, verlangte man hier die Obligation ab, welche Interessen dem Messner von Winkel gehören u verlangte sie für die Schule in Kirchberg. Der Herr Pfarrer lieferte sie aber nicht aus u bewies, daß diese Interessen nur insoferne dem Lehrer in Kirchberg zukommen, insofern er Messner in Winkl ist. Nun aber der Lehrer in Kirchberg nicht mehr Messner (Organist) in Winkl ist, so gehört die Obligation der Kirche, welche die Interessen dem jeweiligen Organisten oder Messner in Winkl ausbezahlt.
Von Herrn Bösel aber ist noch zu bemerken, daß er es gewesen ist, der Winkl bewohnbar gemacht hat. Früher war der ganze Ort eine stinkende Sumpflacke, die Leute zum großen Theile blöd u mißgestaltet, wie man heute noch einige Exemplare sehen kann.
14/5/1887 Wilh Sponer Coop.
Februar 2012
Maria Knapp