Maria Knapp, Winkl m.knapp@hf-kirchberg.at

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5. Augustiner Chorherrnstift St. Dorothea zu Wien

Otto Fandl:
"1459 (11.06.) erwarb es das ehemalige Augustiner Chorherrnstift St. Dorothea in Wien (hier befindet sich seit 1787 die Pfandleihanstalt Dorotheum) vom Deutschen (Ordensritter-) Haus unter dem Komtur Johann von Pommershaimb mit Zustimmung des Kaisers Friedrich III., um 1600 Gulden in Gold (für 1 Goldgulden bekam man 240 Pfennige; es war die Inflationszeit der schlechten kaiserlichen "Schinderlinge"; 1 Laib Brot kostete 4? Schillinge, 1 Henne 4 Schillinge, 1 Hase 10 Schillinge) sowie 57? Gulden "Gült" (Steuern aus nicht untertänigen Höfen) in Kirchberg am Wagram, Ottenthal, Mallon, Sittendorf, Hohenwart, Gobelsburg, Kollersdorf, Engelmannsbrunn und Winkl.[58]

1478 untersagte Kaiser Friedrich III. dem Winkelberger Vogt Albrecht von Puchheim, die Holden des St. Dorothe-Stifts in Oberstockstall zu bedrängen.

Wir denken hier nicht an ein Kloster mit geweihten Schwestern, nach der Ordensregel wäre doch die Familie des männlichen Pflegers im Damenstiftsgebäude unzulässig. Unter der Befehlsgewalt dieses Pflegers (=Verwalter) arbeiteten hier 4 bis 10 Laienschwestern auf einem großen Wirtschaftshof, um die Lebensmittel für das Wiener Damenstift bereitzustellen. Diese Laienschwestern gingen durch den Freilagraben (Freidl-, Freuln = Fräulein) vom heutigen "Bärenhof" zur "Barbara"; dieser Hohlweg ist nach der Josefinischen Fassion 187 "entsetzlich" tief. Auf der Hochebene rechts vom heutigen Judenfriedhof verrichteten die Schwestern ihre tägliche Feldarbeit.-

Die bisher erforschte Reihe der Pfleger des Dorotheastiftes in Oberstockstall:

1540 – 1550? Georg Dobisacher  [59]

1614 (6.10.) 1 Mathias Schiffer

1639  Johann Ulrich Wenzel

1640 – 1644 Caspar Beer (ꝏ Margharethe) als Pfleger

1644 – 1670  Caspar und Margarethe Beer als Besitzer

Caspar Beer war nachweislich mindestens von 1633 bis 1640 jesuitischer Pfleger auf dem Winkelberg. Er wird es sich mit dem Wechsel verbessert haben, sonst hätt ers nicht getan. Ab

1650   nennt ihn die Kirchberger Pfarrmatrik stets Pfleger auf dem Edlhof und der Herrschaft Kirchberg (damit ist der Pfarrgutshof, heute Salomon gemeint). Am 15.12.1640 erscheint er erstmals als dorotheischer Pfleger in Oberstockstall. Am 20.Oktober 1670 ist er nach dem hiesigen Totenbuch verstorben im Alter von 69 Jahren. Im Grundbuch über Hohenwarth und Oberstockstall findet sich die Besitzeintragung:

1644 – 1680 Caspar und Margarethe Beer (nach Caspars Tod nicht auf seinen Lorenz eingetragen, doch de facto geübt).[60]

1670 – 1680 Lorenz und Elisabeth Beer als Besitzer

Wegen der Bedeutung des Geschlechts der Familie Beer folge hier ein Stammbaum:"

Der von Otto Fandl hier gebrachte Stammbaum ist durch neue Forschungen zu ergänzen und bedarf weiterer Bearbeitung. Da er hier zu umfangreich würde, wird er zu einem späteren Zeitpunkt in einem eigenen Artikel abgehandelt.

Fandl schreibt weiter:

"Wie auf der Vorderseite ausgeführt, hat Caspar Beer den Edlhof, dessen Pfleger er war, 1664 [richtig 1659] erworben. Die Grundbucheintragung lautet: "...bei dem Edlhof zu Oberstockstall (hinter dem Stadl)... .[61]

Diese Jahreszahl steht auch über der Gartentüre. Im selben Jahr ließ er wohl auch das Tor und den lebensgroßen Bären errichten.

Abb. 12: Stammbaum Beer von Otto Fandl
Broschüre "Bärenhof" Seite 6, Foto A. Nowotny

Hof BärnhofAbb. 13: Rechts im Hintergrund die Gartentüre mit Jahreszahl 1664
Foto: H. Pistracher 

Johann Christoph Beer (*25.12.1654, + 4.9.1709) war der 1. Sohn des Georg Ambrosius Beer. Er ehelichte  am 3.9.1674 die Witwe nach Johann Peter Platzer, Maria Magdalena (*1648, + 31.7.1705). Peter Platzer (*1650, + 14.7.1674) war Handelsmann auf dem Delapinahaus (Nr.1). Johann Christophs Vater Georg Ambrosius betrieb ein Handelsgeschäft auf Nr. 10 (Kainz). Trotzdem baute er das Haus Nr. 17 (Fritz Blau) im freien Formierungsraum hinter dem Schmiedtor "von grünen Anger aus" 1674, versah den Torbogen mit dem Bärenwappen nach dem Muster von Oberstockstall (1664!), gelobte eine Mariensäule bei Ankunft eines Stammhalters und setzte diese 1679 an die bedeutsame Kreuzung des Vogtgrabens mit dem Wienerweg. Diese steht heute hinter dem Hochaltar und war der Ursprung der Wallfahrten nach "Maria Trost auf der Steinernen Saulen".

Das neugebaute Haus des Johann Christoph steht heute unter Denkmalschutz wegen der 2 schönen Stuckdecken im 1. Stock: Ein mit Früchten behangener Baum, in dessen Ästen zwei nach Früchten langende Bären sitzen, am Stamm schmaust ein kleiner Bär an einer Frucht und im Nachbarraum die Hauskrone der römisch-deutschen Kaiser, die erst 1804 die österreichische Kaiserkrone wurde mit dem Doppeladler; im Mittelschild Maria mit dem Jesuskinde.

Johann Christoph betrieb auf dem Haus Nr. 17 (Blau) eine Seifensiederei[62] und  war zweimal Marktrichter 1696–1705 und 1716–1718.

Franz Adam Beer (*3.10.1657, +9.4.1722) war Johann Christophs Bruder und heiratete am 18.11.1685 die Sybill Clara (*1665, + 21.12.1710), Tochter des Verwalters auf dem Jaydhof, Georg Christoph Castella aus dem Stamm der Läßtett[63] und der Elisabeth.

Er besaß ein Haus "im Doppel unter dem Markt" (das jetztige Hinterhaus des Gasthauses Anker-Komarek-Mantler) und war ab 1687 Verwalter auf dem Pfarrgutshof in Oberstockstall. Er vermachte der Kirche 1/8 Joch ungefähr gegen Neustift liegend, vormals Röselgärten genannt (siehe die letzten Blätter des 6. Matrikenbandes, handgeschrieben von Pfarrer Ignaz Scheiger). In der Pfarrkirche befindet sich im linken Seitenschiff rechts ober dem Marienaltar ein Grabstein, den Franz Adam 1711 seiner am 21.12.1710 verstorbenen Gattin Sybill Clara setzte: 

Halt ein mein lieber Wandersmann und schau.
Hier ruht die die wohl Edl gestrenge Frau
Sibyll Clara Beerin war ihr Nahm
Geboren aus dem Läsztettlischen Stamm
An ein und zwanzigsten Dezembers Nacht
Viertzig und vier Jahr ihrn Termin vollbracht
In Tausend Siebenhundert Zehenden Jahr
Hat man syö gelögt auf die Totten Bahr
Fünff und zwanzig Jahr wars Verwalterin
Bey Löben hats vier Döchter und Siben Sönn.
Hie lehren wie Mors ein Mars und Jäger sey
Ließ weder Lästett noch Beer in Schuß frey
Nun sötzt zu Ehren ihr gwest treuer Eheherr
Diesen Stein FranCIsCUs ADa MUs Beer
Auf daß ihrer armen Seel hier auf Erd
In unsern Gebött nit vergessen werd (1711).

Johann Jakob Beer (*13.2.1679, + nach 1766), war der Sohn des Johann Christoph, für den er die Gnadensäule gesetzt hatte. Er heiratete am 21.9.1700 die Anna Regina Theresia, Tochter des Zwettler Stadtrichters Stephan Wexler und seiner Gattin Maria Barbara und war Seifensieder auf dem Haus Nr. 17 (Fritz Blau). Er wirtschaftete schlecht und wurde schon am 29.7.1726 vom Passauer Bischof Josef Dominik wegen seiner Zahlungsunfähigkeit gerügt. Trotzdem erwarb er 1728 das der Herrschaft Oberstockstall untertänige Haus Nr. 1 (Delapina) samt der radizierten Tuchhandelsgerechtigkeit, ging aber 1741 in Konkurs, worauf worauf Wolfgang Hildebrandt aus der Beerschen Konkursmasse dieses Haus erwarb, es jedoch bereits am 3.1.1744 an Anton Delapina veräußerte. Johann Jakob Beer wird 1766 von Kirchberger Wallfahrtsgedenkbüchlein noch lebend erwähnt.

Die Wappenbilder von Oberstockstall und Kirchberg zeigen die gleiche Idee und es ist sicher das Oberstockstaller 1664 zuerst gewesen und zwar das Vorbild für das Kirchberger 1674 oder 1691. Beide Wappenbilder zeigen auf dem Wappenschild zwei auf den Hinterbeinen stehende Bären, die aufgerichtet mit den Vorderpranken den Stamm eines Baumes erfassen und nach den Früchten spähen. Über dem Oberrand des Wappenschildes ist ein vorwärts gerichteter Spangenhelm (offener Helm [in der Heraldik Spangenhelm = Kolbenturnierhelm]) zu sehen. Dem Helm ist eine Helmkrone mit 3 Zinken aufgesetzt, eine Bätterkrone. Daraus ragt das Helmkleinod hervor: Ein Baum, an dessen Stamm sich ein Bär aufrichtet. Auf dem Oberstockstaller Wappen ist die Baumkrone noch voll erhalten. Beide Wappen sind mit einer barocken Helmdecke umrahmt. Beide Wappen ähneln sehr einem Adelswappen, da sie einen Spangenhelm [=Kolbenturnierhelm] aufweisen, während bürgerliche Wappen nur einen Stechhelm hatten.

Im Wappenbuch von Siebmacher sind diese Wappen nicht verzeichnet.
Auf dem Kirchberger Wappen ist zu lesen: J C B (=Johann Chrisoph Beer) und die Jahreszahl 1691 (wohl hat die Bauzeit des Hauses von 1674 bis 1691 gedauert).
Mündlich überliefert sich hierüber mancher Unsinn: Das Haus Nr. 17 (Fritz Blau) sei einst ein Kloster gewesen, bald sollen Mönche, bald Nonnen hier gehaust haben und sei mit dem Bärenhof in Oberstockstall durch einen unterirdischen Gang in Verbindung. Dagegen ist durch Lagebezeichnung und Grundbuchsfolge vom Baujahr 1674 bis heute lückenlos nachweisbar, daß es immer ein bürgerliches Wohn- und Gewerbehaus war:
Seifensiederei, Gasthaus, Vieh- und Weinhandel unter den Beer – Parzer – Baumann – Ehrtraut – Blau.
In der Version vom Kloster spukt das St. Dorothestift von Oberstockstall, im unterirdischen Gang die Erinnerung an alte Erdställe. ein 2 km langer Kollergang ist hier ganz undenkbar."
 
Bärnhof um 1960Abb. 14: Bärenhof mit Wappenstein über dem Tor in den 1960er Jahren
Foto: Dr. Rudolf Delapina 

Wappen Egidius BeerIm Staatsarchiv Wien befindet sich der Akt über die Adelserhebung des Egidi Beer vom 15.06.1629 durch Kaiser Ferdinand II., in welchem die Blasonierung festgeschrieben ist:[64]

Originaltext:

"... ein gelb- oder goldtfarben Schildt inmitten desselben ein roth- oder rubinfarben mit dem Spitz über sich stehenden Pickhl oder Sporn in dessen Grundt  in einer weissen  Veldung ein rother sechseckiger Stern baydenseits des Pickhls ain in seiner Farb aufrecht stehender Beer mit einem schwarzen Halßbandt und daran hangenden Ketten jeder in seinen 2 vorderen Tatzen einen abgestimelten Baum sambt der Wurzen, daran oben 3 grüner Zweiy[g] erscheinen haltend, auf den Schildt ein freyer offener Turniershelmb mit aufgehendem Klaynodt, zu lincken mit roth und weissen, rechte Seiten aber gelb und schwarzen Helmbdeckhen und darob einer gelb- oder goldtfarben konigl. kron gezieret, darauß ein fürwerts aufrecht stehender halber Beer mit a[n]gethann Halsband und haltenden Baum wie unten im Schildt entspringet, hinter welchen zwey mit den Sachsen fürwerths hintereinander stehende und in Mitte überzwerchs abgetheilten AdlersFlüg deren hinder unten gelb und oben gelb ist, erscheinen, alßdann soliche Adelich Wappen und Clainoth in mitte dises unseres gegenwärtigen Brieffs gemahlt, und mit Farben aigentlicher ausgestrichen ist, thuen und geben hiermit soliche Gnad und Freyheit ...."[65] 

Der Wappenstein ist nunmehr im Besitz der Fam. Würger   Wappenstein Abb. 15 und 16: Das Wappen  des Egidi Beer
Fotos: Hermann Pistracher 

Diesem Akt liegt auch ein Empfehlungsschreiben des Rektors des Jesuitenkollegiums Krems, Pater Nicolai Jagniatovius vom 19.Mai1629, in lateinischer Schrift verfasst, bei:

Jesuitenkolleg in Krems für Beer -Übersetzung:

"Unüberwindlicher Kaiser, Allergnädigster Herr, Herr ....

Er hat uns seit mehreren Jahren treu und eifrig im Amt des Präfekten der Herrschaft Winklberg gedient, die uns von S.C. verkauft wurde : Ägidi Beer, ein ehrenhafter Mann, der von Kindheit an dem katholischen Glauben zugeneigt ist, ein Bürger der Stadt Kirchberg in Niederösterreich. Dort ist nun auch sein Sohn Caspar Beer in seine Nachfolge berufen worden, der uns nicht weniger treuen Dienst beweist und vorlebt und sich ehrenhaft (oneste statt honeste) von seinen Gütern erhält, die er durch seinen Fleiß erworben hat.

In Bezug auf diese hat er zur Zeit der Rebellion schwere Einbußen erlitten und sich nicht nur einmal (non semel) um der katholischen Religion willen in Lebensgefahr begeben.Da ich für seinen treuen Dienst keinen würdigen Ausgleich schaffen kann, wende ich mich demütig an S.C. und bitte untertänigst, dass auf diese meine untertänigste Fürsprache hin geruht werde, ihm, seiner Gemahlin und seinen Söhnen sowie auch ihren Nachkommen diese kaiserliche Gnade zu erweisen und sie mit der Qualität des Adels zu schmücken und ihnen gnädigst dieses Wappen hinzuzufügen und zu gewähren und, wie es üblich ist, die Urkunde darüber ausstellen zu lassen, die ihnen in tiefster Dankbarkeit im Namen S.C. übergeben wird.

Ich zweifle nicht, dass ein zusätzlicher starker Ansporn vorliegt, in ihm und seinen Nachkommen gegenüber S.C. die schuldige Dankbarkeit, gehorsamste Untertänigkeit und die treuesten Dienste zu wecken.

Daher werden wir, nachdem ihnen diese Gnade S.C. gewährt wurde, mit unserem untertänigsten Gehorsam und Diensteifer bemühen, sie durch Gebete bei Gott für das Wohlbefinden S.C. zu verdienen, dessen kaiserlicher Gnade und Gunst wir uns untertänigst empfehlen."[66]